Vier Naechte im Paradies
rothaarigen Freund lächelnd an. Ray hatte viel Erfolg bei Frauen und war sich dessen sehr wohl bewusst. “Tu doch nicht so. Dir laufen die Frauen doch sowieso nach.”
“Kann schon sein.” Ray zuckte mit den Schultern. “Aber es ist dein italienisches Aussehen, und außerdem umgibt dich eine gewisse Unnahbarkeit, von deinen Grübchen und den dunklen Locken ganz zu schweigen. Das zieht Frauen an, selbst wenn du dir dessen nicht bewusst bist.”
Steve zog die Augenbrauen zusammen. “Wovon redest du?”
“Tu doch nicht so. Weißt du was, Steve? Eines Tages wirst auch du dein Herz verlieren, und wenn du dich noch so sehr dagegen wehrst. Und dann wirst du endlich wissen, wie sich der Rest von uns Männern in einer solchen Situation fühlt.” Ray grinste erneut. “Und ich hoffe sehr, dass ich dabei bin, um es mitzuerleben.”
“Ich hab’s dir doch schon oft gesagt, Ray, es ist schwierig für einen Detective der Mordkommission, eine feste Beziehung zu haben. Jeder meiner Kollegen ist entweder schon geschieden oder seine Frau beklagt sich ständig darüber, dass er so lange arbeitet und zu gefährliche Aufgaben übernimmt. Von der schlechten Bezahlung wollen wir erst gar nicht sprechen.”
“Dann mach doch was anderes.”
“Ich mag meinen Beruf. Wenigstens meistens. Aber in letzter Zeit habe ich doch häufiger mal daran gedacht, Urlaub zu machen.”
Sie gingen über den Parkplatz, und Steve schloss sein Auto auf. “Ich sage dir Bescheid, wenn mir der Urlaub bewilligt wird. Nach meiner Rückkehr bestehe ich aber auf einer Revanche. Mal sehen, ob ich dann gut genug für dich bin.”
“Du musst mir aber versprechen, dass du deinen Tennisschläger zu Hause lässt.”
Steve lachte. “Mit wem sollte ich denn auf der einsamen Insel Tennis spielen? Ich werde dir noch nicht mal eine Postkarte schicken können.”
“Ich hoffe wirklich, dass du Urlaub machen kannst.” Ray war plötzlich ernst geworden. “Das war das erste Mal seit langer Zeit, dass ich dich habe lachen hören. Es wäre schön, wenn du deinen Humor wiedergewinnen würdest.”
Miami, Florida, 5. Januar
“Robin, das ist ja furchtbar”, flüsterte Cindi, als sie an der Reling standen und zusahen, wie die anderen Teilnehmer der Kreuzfahrt an Bord kamen.
“Ja, das hatten wir nicht unbedingt erwartet”, antwortete Robin enttäuscht.
“Ich habe bisher niemanden entdecken können, der jünger als sechzig ist.” Cindi sah die Freundin verzweifelt an. “Meine Tante und mein Onkel hätten natürlich genau zu diesen Leuten gepasst. Aber was sollen wir bloß machen?”
Robin lachte. “Wir werden uns zwei schöne Wochen machen. Wir werden unsere neuen Sachen anziehen, werden das gute Essen genießen und uns ansonsten mit unseren Fantasien von tollen Männern amüsieren.”
Cindi blickte kurz über ihre Schulter. “Manche von der Besatzung sehen gar nicht so schlecht aus. Wer weiß? Vielleicht haben sie ja Mitleid mit uns.”
Robin musste erneut lachen und Cindi stimmte ein.
Ein junger Mann in weißer Uniform trat zu ihnen.
“Wie schön, dass Sie sich schon so gut amüsieren”, sagte er freundlich. “Wenn Sie gern etwas trinken möchten, kann ich Ihnen den Weg zur Bar zeigen.”
Robin warf Cindi einen kurzen Blick zu. “Das klingt gut.”
Sie folgten dem Mann, der zur Besatzung gehörte, und Robin musste an die Komik der Situation denken. Weder ihr Vater noch ihre Brüder hätten Grund, sich wegen ihrer Kreuzfahrt durch die Karibik Sorgen zu machen.
San Saba Island, im Januar, ein paar Tage früher
Steve stand am Strand und beobachtete, wie der Himmel über dem Meer langsam hell wurde. Seine Anspannung der vergangenen Monate löste sich bereits. Seit drei Tagen war er hier, und der Zauber der Insel zog ihn immer mehr in seinen Bann. Das einzige Geräusch war das beruhigende Rauschen der Wellen, die rhythmisch an den Strand rollten. Hin und wieder durchbrach ein Vogelschrei die Stille.
Es war nicht einfach gewesen, sich an diese Ruhe zu gewöhnen. Es gab keinen Verkehrslärm, keine heulenden Sirenen, keine lauten Hupen oder das Quietschen von Reifen.
Steve drehte sich um und bewunderte erneut die Lage des Hauses auf dem Hügel, von wo aus man einen unbegrenzten Blick hatte. Es waren keine Kosten gescheut worden, um aus dem Anwesen ein tropisches Paradies zu machen. Das Haus selbst war auf das Modernste ausgestattet. Jedes Zimmer hatte riesige Fenster, und gewebte Matten dämpften die Schritte auf den gekachelten Fußböden.
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