Vier Naechte im Paradies
ziemlich weit von der Anlegestelle entfernt hatte. Sie nahm ihre Tasche fester in die Hand und lief los. Bald war sie wieder bei den Felsen angelangt, die ihr aber den Blick auf das Boot und die anderen Passagiere versperrten. In ihrer Hast rutschte sie auf dem schlüpfrigen Gestein aus und verletzte sich den Fuß an den scharfen Muschelschalen, die in den Felsen hineingewachsen waren. Sie humpelte weiter, und als sie schließlich den Anlegeplatz erreicht hatte, sah sie, dass das Boot schon weit draußen war.
“Hallo!” Robin rief laut, winkte und versuchte sich auf jede Art und Weise bemerkbar zu machen, aber das Boot entfernte sich immer weiter.
“Halt!”, schrie sie verzweifelt. “Hilfe!” Aber niemand antwortete.
Man hatte sie doch gewarnt. Das Schiff musste sich an seinen Fahrplan halten. Es war von den Gezeiten abhängig, und man hatte den Passagieren oft gesagt, dass man sie zurücklassen würde, sollten sie sich nicht zur verabredeten Zeit wieder einfinden. Außerdem stand sie nicht auf der Liste zu dieser Expedition. Also war auch keiner auf den Gedanken gekommen, dass noch jemand fehlte.
Was sollte sie bloß tun? Sie sah sich in der idyllischen Umgebung um, konnte dem weißen feinen Sandstrand, dem saftigen Grün der Vegetation und dem knallblauen Himmel momentan aber nichts abgewinnen.
Robin versuchte die Panik zu unterdrücken, die in ihr hochstieg. Sie ließ sich schwer atmend auf dem Sand nieder und brach aus Wut und Frustration in Tränen aus. Wie hatte sie nur so dumm und so unaufmerksam sein können?
Aber wenigstens wohnte hier jemand auf der Insel. Sie würde einfach zu dem Haus laufen und hoffen, dass man ihr Dilemma erkannte und ihr unerlaubtes Eindringen verzieh. Doch selbst wenn ihr das gelang, wie sollte sie wieder zu ihrem Schiff zurückkommen? Vielleicht hatte der Besitzer ja ein Telefon oder ein Funkgerät. Vielleicht würde sie auf diese Weise mit dem Schiff Kontakt aufnehmen können und erfahren, wie und wo sie sich der Kreuzfahrt wieder anschließen könnte.
Robin stand auf und ging zügig los. Es gab keinen Grund zur Panik. Sie würde schon einen Ausweg finden.
3. KAPITEL
Steven war jetzt sieben Tage auf der Insel, und er musste sich eingestehen, dass er momentan am liebsten nie wieder in die Zivilisation zurückkehren würde. Erst seit er nach San Saba gekommen war und sein Leben ganz nach dem natürlichen Rhythmus von Tag und Nacht ausrichtete, merkte, wie viel ihm sein Job abverlangte.
Hier stand er bei Sonnenaufgang auf und verbrachte den ganzen Tag draußen an der frischen Luft, schwamm oder las, oder er legte sich unter eine Palme und schlief. Und nicht lange nach Sonnenuntergang ging er ins Bett. Er dachte oft daran, dass der Mensch für ein solches Leben geschaffen war, dass es ihm guttat, sich völlig nach den natürlichen Gegebenheiten zu richten. Er aß, wenn er hungrig war, schlief, wann er wollte, und hatte auf keine Uhr gesehen, seit er den Fuß auf diese Insel gesetzt hatte.
Seine Tage verliefen immer im gleichen Rhythmus. Er sah dem Sonnenaufgang zu und schwamm dann in der Lagune, bis ihn der Hunger auf ein Frühstück ins Haus trieb. Danach erforschte er die Insel, an jedem Tag einen neuen Teil. Er hatte schon wunderbare Wasserfälle und kleine Teiche umgeben von Farnen gesehen, war Tierspuren nachgegangen, die von einer Seite der Insel auf die andere führten, und hatte sich an wilden Früchten gefreut.
Heute hatte er eine der höchsten Erhebungen der Insel auf der Nordseite erreicht und hob nun sein Fernglas, um nach Delfinen Ausschau zu halten. Er war Ed, dem Freund seines Vaters, täglich von Neuem dankbar, dass er ihm diesen Urlaub ermöglichte.
Steve lächelte, als er das erste Anzeichen von Zivilisation in sieben Tagen erblickte. Ein großes Passagierschiff ankerte in der Ferne. Ihm fiel ein, was Ed über eine Abmachung gesagt hatte, die er mit den Veranstaltern von Kreuzfahrten getroffen hatte. Alle paar Wochen hatten die Passagiere die Erlaubnis, die Insel für ein paar Stunden zu besuchen, waren aber angehalten, sich dem Haus nicht zu nähern. Ob heute wohl der Tag für den Inselbesuch war? Er suchte mit dem Fernglas den Strand ab. Nichts.
Gerade wollte er das Glas wieder absetzen, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung bemerkte. Er richtete das Fernglas auf die Stelle und stellte es schärfer. Eine große, schlanke Frau in Shorts und Bikinioberteil mit einem großen Strohhut auf dem Kopf stand am Strand und sah auf das Wasser hinaus. An
Weitere Kostenlose Bücher