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Der stumme Ruf der Nacht

Titel: Der stumme Ruf der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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Kapitel 1
    Courtney Glass fuhr auf den Kiesparkplatz und verfluchte den Schwachkopf, der sich hier mit ihr verabredet hatte. Es war Mitte August. Draußen hatte es siebenunddreißig Grad. Da verbarrikadierte sich jeder halbwegs vernünftige Mensch in einem Gebäude mit Klimaanlage und trieb sich nicht auf einem gottverlassenen Wander- und Mountainbikepfad herum. Und das alles nur in der Hoffnung, nach dem Mittagessen schnell noch ein Schäferstündchen einzulegen?
    Hielt er das etwa für romantisch? Oder für originell? Obwohl John David Alvin an einer der besten Universitäten Amerikas studiert hatte, war er manchmal einfach nur ein Idiot.
    Courtney schnaubte wütend und klappte die Sonnenblende mit dem Schminkspiegel herunter. Idiot hin oder her – gut aussehen wollte sie auf jeden Fall. Gut aussehen war sowieso die beste Rache, vor allem wenn es um einen Ex ging.
    Doch die Götter der Schönheit waren ihr heute nicht hold. Die hohe Luftfeuchtigkeit ließ ihr Haar langweilig herunterhängen, und ihr Make-up zerlief fast. Sie kramte in ihrer Handtasche in der Hoffnung auf eine rettende Idee, doch vergeblich. Also tupfte sie sich bloß mit einem Taschentuch die Stirn ab und fuhr sich ein
paar Mal mit den Fingern durch ihr Haar. Dann begann sie, Lippenstift aufzutragen, hörte jedoch sofort wieder auf. Was für eine Rolle spielte es, welchen Eindruck sie auf David machte? Er war der Letzte, den sie momentan sehen wollte. Eigentlich hätte sie gar nicht kommen sollen. Doch seine ständigen Nachrichten gingen ihr auf die Nerven. Höchste Zeit, dass sie endlich einen Schlussstrich zogen.
    Eine Bewegung im Rückspiegel erregte ihre Aufmerksamkeit. Er kam. Sie beobachtete, wie ein schwarzer Porsche Cayenne neben ihr parkte. Den roten Carrera hatte er wohl verkauft. Nach dem, was passiert war, überraschte sie das nicht. Plötzlich wurde sie nervös. Sie musterte das Innere ihres alten Buick, dessen verblichener Charme ein leeres Bankkonto verriet. Courtney war zwar ein richtiges Genie, wenn es um die unerkannten Möglichkeiten billiger Drogeriemarkt-Kosmetika ging, und auch als Schnäppchenjägerin in Secondhand-Läden war sie gut, aber bei diesem Wagen war jegliche Liebesmüh vergebens. Solange sie ihre Kreditkartenschulden nicht abbezahlt hatte, gab es keine Alternative zu dieser Karre mit der altersschwachen Klimaanlage. Sie stellte die Kühlung noch stärker ein und richtete den Luftstrom auf sich.
    David saß in seinem Porsche und machte keinerlei Anstalten auszusteigen. Courtney spürte seinen Blick auf sich, als sie den Beifahrersitz freiräumte, erwiderte ihn aber nicht. Er hatte das Treffen gewollt. Also sollte er gefälligst zu ihr ins Auto steigen. Der Gedanke, in dieser Klapperkiste mit ihm zu reden, stimmte sie zwar nicht gerade glücklich. Aber sie dachte gar nicht daran,
ihren Heimvorteil aufzugeben und zu ihm in den Porsche zu steigen.
    Aus dem Augenwinkel gewahrte sie, wie er aus dem Wagen stieg und die Fäuste in die Seiten stemmte. Sie setzte eine entschlossene Miene auf. Mit ihm würde sie es zu jeder Tages- und Nachtzeit aufnehmen. Während sie auf ihn wartete, bildeten sich zwischen ihren Brüsten kleine Schweißperlen. Vor der Windschutzscheibe sah sie kleine Libellen im Sonnenschein tanzen.
    Endlich ging die knarrende Tür des Buick auf, und David setzte sich auf den Beifahrersitz. Er trug ein gut gebügeltes weißes Hemd mit Monogramm auf der Manschette, eine rote Krawatte und – wie immer – eine schwarze Hose. Kaum hatte er die Tür geschlossen, war der Wagen von seinem Parfüm erfüllt.
    Angewidert blickte ihn Courtney an und ließ das Fenster herunter.
    »Und?«
    »Was und?«, fauchte sie zurück. »Du hast mich angerufen.«
    »Das hab ich sicher nicht getan.«
    »Dann eben eine SMS geschrieben. Oder irgendwas.« Meine Güte, was für ein Arschloch. Allein von seinem Geruch wurde ihr übel.
    Er sah sie wütend an. »Ich habe keine Zeit für diesen Mist. Das grenzt ja an Nötigung.«
    »Nötigung?«
    Plötzlich wurde eine der Hintertüren des Buick aufgerissen. Courtney fuhr herum und starrte in ein maskiertes Gesicht.

    Der Mann zog eine Pistole aus der Hosentasche und hielt sie David an den Kopf. »Gib mir dein Handy.«
    Mit einem Schlag blieb Courtney alle Luft weg. Sie starrte in die grauen Augen, die unter der Maske hervorblickten.
    Er schlug David die Waffe ins Genick. »Mach schon, Arschloch.«
    Courtney starrte auf ihren Ex-Freund. Seine Arroganz hatte sich in nackte Angst verwandelt,

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