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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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dort ist das Hinterhaltgelände, dachte ich. Aber würde sich der Feind ausgerechnet zwischen uns und den Polizei-Checkpoint begeben? Immerhin waren die Polizisten, obwohl wenig motiviert und ausgebildet, mit Maschinengewehren und Panzerabwehrraketen schwer bewaffnet. Die größere Gefahr ging wahrscheinlich vom Dorf selbst aus. Ich dachte an den dunklen Eingang in der Gasse und sah mich kurz nach hinten um.
    Weiter marsch, knackte Mulis Stimme aus dem Funkgerät.
    Ich stand auf und kniff Wizo als Zeichen zum Weitergehen in die linke Schulter.
    Noch wenige Meter bis zum Dorfrand. Die Straße wurde ein wenig breiter und die Mauern, die sie hier immer noch begrenzten, liefen etwas nach rechts und links weg, so dass ein Trichter entstand, wenn man das Ganze von oben betrachten würde. Sie waren immer noch zu hoch, um darüber hinwegsehen zu können. Ein letztes Mal ging das Licht an, dann schalteten wir fast zeitgleich die Lampen aus.
    Wizo, du schaltest das Licht nur ein, wenn ich es sage, flüsterte ich.
    Verstanden, Digger, ist eh alles sinnlos hier, kam es von ihm zurück.
    Rechts von uns begann ein abgeerntetes Kornfeld, die Stoppeln waren in der Dunkelheit zu erkennen. Ein flacher Graben setzte sich am Straßenrand fort, und trotz der Dunkelheit konnte ich sehen, dass sich auf den ersten Metern nichts darin befand. Ein wenig Wind wäre jetzt schön, dachte ich und atmete die schwere warme Luft ein.
    Hier Joe, rechts klar, nichts zu sehen, funkte ich Muli an.
    Keine Antwort.
    Ich hörte auch keine Schritte hinter mir. Ich drehte kurz den Kopf und versuchte, etwas zu erkennen. Nichts. Nur Schwarz. Ich schaute wieder in meine Richtung.
    Siehst du irgendwas?, flüsterte ich Wizo zu.
    Negativ, Digger, meinte er knapp.
    Plötzlich ein Geräusch. Irgendetwas Schnelles, Hektisches. Stiefel im Sand, Schritte.
    Hier Muli, sofort alle fünf Meter zurück!
    Ich stand eilig auf, kniff Wizo in die Schulter. Wir drehten uns fast gleichzeitig, eilig folgte er mir. Als wir kurz hinter dem letzten Mauerstück angekommen waren, blieben wir stehen und schauten in die Richtung, in der wir Muli vermuteten, aber nicht sehen konnten. Ich griff zu meinem Funkgerät, als ich schon ein Knacken aus dem Lautsprecher und seine Stimme hörte.
    Hier Golf eins, es sind Säcke hier im Graben, die waren das letzte Mal definitiv noch nicht da. Es sieht so aus, als wollten sie irgendwas damit tarnen. Wir halten erst mal Abstand. Kampfmittelbeseitiger auf meine Höhe vorziehen, um sich das anzuse…
    WAAAAAMMM.
    Ein Knall zerriss die Dunkelheit. Ich wurde zur Seite geschleudert und lag der Länge nach auf dem Boden, die Beine in Richtung Straßenmitte. In meinem Ohr hörte ich nur noch ein lautes Piepen. Explosions-Tinnitus. Staub flog durch die Luft. Mein Kopf hing halb in dem flachen Graben neben der Straße. Mein Gewehr lag auf mir, und nur ganz leise hörte ich das dumpfe Rattern von automatischen Waffen. Das Pfeifen im Ohr war so stark, dass es sich sehr weit weg anhörte.
    Kalaschnikow, dachte ich und öffnete blitzschnell die Augen, die ich im Moment der Explosion instinktiv geschlossen hatte. Schnaufen. Dass Wizo neben mir lag, konnte ich sofort sehen. Für mehr hatte ich keine Zeit. Als hätte man mir einen Pfropfen aus den Ohren gezogen, stürmte der Lärm mit einem Mal wieder lautstark auf mich ein.
    Merde, merde, hörte ich das Fluchen der Belgier. Dann ihre Schritte. Sie rannten zurück, weg von uns.
    Ich zögerte keine Sekunde und fasste beim Aufstehen an meine linke Brust, wo ich an der Weste die Rauchgranate eingehakt hatte. Zum Glück war sie bei meinem Sturz nicht abgefallen. Ich nahm sie in die rechte Hand, zog mit der linken den Splint und warf die Granate in Richtung Ortsrand, mitten auf die Straße. Dann bückte ich mich nach meiner Waffe und kniff Wizo.
    Komm schon, los los los!, rief ich ihm zu.
    Wir rannten ein paar Meter nach hinten. In unserem Rücken knallte es wieder, diesmal noch näher. Dieses Mal hatte die Mauer hinter uns die Druckwelle aufgefangen.
    Die schießen mit RPG!, brüllte ich.
    Es waren russische Panzerabwehrraketen. Wieder das Rattern von Handfeuerwaffen.
    Ganz sicher Kalaschnikow, dachte ich. Dann drehten wir uns um, und ich versuchte, mir einen Überblick zu verschaffen. Wizo fing an zu schießen. Wegen der Nebelwand konnte ich nichts erkennen. Ich nahm meine Waffe hoch und schoss durch den Nebel. Dann riss ich den Kopf nach links und sah das Mündungsfeuer von zwei Gewehren, ein paar Meter von uns

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