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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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still.
    Hier Muli, was ist mit euch??
    Keine Antwort. Dann hörten wir eine Explosion und mehrere Schüsse von hinten.
    Warten, Stille.
    Was ist da los?, fragte TJ.
    Konzentrier dich auf die Straße, fuhr Muli ihn an.
    Plötzlich gab es einen lauten Knall in unmittelbarer Nähe. Ich sah aus dem Fenster.
    Beschuss von rechts, brüllte ich nach vorne.
    Sie hatten gewartet, bis wir wegfuhren und sich auf die Lauer gelegt. Sie hatten das gut geplant. Es machte »Pling«, und ich wusste, dass sie uns irgendwo getroffen hatten. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Am Straßenrand waren mehrere grelle Lichtblitze zu sehen. Mica drehte die Waffenanlage mit einer hastigen Kurbelbewegung und schoss. Das Maschinengewehr ratterte unaufhörlich.
    Hier Nossi, seid ihr schon weg?
    Wir liegen unter Beschuss und brechen durch, antwortete Muli, was ist bei euch los?
    Wir sind jetzt auch gerade dabei, das Fahrzeug zu wenden und … Verdammt, schieß Jonny, schieß!
    Wir hörten das hämmernde Geräusch eines Maschinengewehrs über das Funkgerät.
    Muli brüllte TJ an. Langsamer, wir müssen zurück!
    Da hörte ich wieder Nossis Stimme.
    So, hier Nossi, folgende Lage. Er versuchte, seine Stimme zu beruhigen, aber sie überschlug sich. Hardy hat die scheiß Karre abgewürgt. Verdammt. Wir fahren jetzt erst los. Scheiße. Die schießen immer noch auf uns. Eben ist Jonny durch die Oberluke raus, weil die Drecks-Waffenanlage ausgefallen ist. Er hat auf einen feindlichen Schützen geschossen, der nur ein paar Meter weit weg war. Dann kam eine Panzerabwehrrakete geflogen und hat uns nur knapp verfehlt. Scheiße, ich hab das Ding durchs Fenster gesehen. Aber jetzt rollen wir wieder.
    Beeilt euch, rief Muli ins Funkgerät. Die lauern uns auf der ganzen Strecke auf, wir werden auch beschossen.
    Ja, verstanden. Nossis Stimme hatte sich etwas beruhigt.
    TJ gab noch mehr Gas und raste hinter den anderen her, weil der Abstand durch unser Warten sehr groß geworden war. Jetzt waren zwei Fahrzeuge allein hier draußen.
    Für einen Moment dachte ich an Nossi und die Jungs hinter uns. Ich war froh, dass wir fuhren, aber wenn sie dort stehen geblieben wären, wenn das Fahrzeug nicht wieder angesprungen wäre, hätten wir sofort umkehren müssen. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was das bedeutet hätte.
    Nossi meldete sich noch einmal über Funk.
    Wir sind an euch dran, Ende.
    Wenig später rollten wir durch das Tor des Polizeihauptquartiers. Im Hof warteten bereits vier Schützenpanzer mit laufendem Motor. Weil sie noch nicht losgefahren waren, vermutete ich, dass mir das Gefecht länger vorkam, als es tatsächlich gewesen war.
    Als der Dingo endlich stand, rührte sich keiner von uns. In unsere Sitze gepresst, saßen wir einfach nur da und schauten auf den Boden. Unten lagen Patronenhülsen herum, die sich in unserer Ausrüstung verfangen hatten und während der Fahrt heruntergefallen waren. Dazu der braune Sand von unseren Stiefeln, Wasserflaschen, die beim hastigen Einsteigen aus den Staufächern gefallen waren. Darüber kreuz und quer unsere Waffen. Ich registrierte kaum etwas davon, starrte nur ins Leere.
    Niemand sprach ein Wort.
    Ich fühlte eine Kälte, wie ich sie noch niemals zuvor gespürt hatte. Sie kroch langsam meine Beine hoch und begann, meinen ganzen Körper zu ergreifen. Gänsehaut überall. Sie umklammerte meinen Oberkörper, schlang sich um meine Arme. Als sie meinen Hals erreichte, konnte ich kaum noch atmen. Feine Schweißtropfen liefen unter meiner Kleidung entlang zum Boden. Sie waren genauso kalt wie meine schmerzenden Ohren. Meine Hände zitterten nicht, so verkrampft waren sie. Für einen kurzen Moment war ich wie in Trance, hörte ein Rauschen, das so klang, als ob man nach einer Nacht in der Disco bei lauter Musik ins Freie trat. Meine Kehle war wie zugeschnürt.
    Irgendwie schaffte ich es, den Kopf zu heben.
    Wizo und Mica starrten vor sich hin. Ihre Augen bewegten sich nicht.
    Mica schaffte es schließlich als Erster, die Stille zu durchbrechen. Ich habe mit einer Granate in den kleinen Kiosk geschossen, von dort hat jemand auf uns gefeuert. Ich glaube, der steht jetzt nicht mehr.
    Er sah mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten konnte. Seine Augen waren weit aufgerissen. Sein Mund bewegte sich nicht beim Sprechen. Nach ein paar Sekunden veränderte sich der Ausdruck. Es sah so aus, als wollte er dagegen ankämpfen, dass sich sein Gesicht in eine Grimasse verwandelte. Ich konnte noch nicht erkennen, ob es eine

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