Vier Werte, die Kinder ein Leben lang tragen
heute nicht entscheidend geändert hat. Allmählich hat sich dies zu einem anstrengenden Konflikt zwischen uns Eltern und unserem Ältesten entwickelt, und wir sind offenbar nicht in der Lage, aus diesem Teufelskreis auszubrechen.
Der Familienalltag verläuft eigentlich reibungslos, doch wenn wir irgendwelche gemeinsamen Aktivitäten planen, zum Beispiel ins Schwimmbad zu gehen oder in Urlaub zu fahren, dann kommt es schnell zu Auseinandersetzungen, Streitereien und Beschimpfungen. Am Ende fragen wir Eltern uns völlig frustriert, ob wir überhaupt noch schöne Dinge miteinander planen sollten.
Die beiden jüngeren Geschwister haben eine sehr enge Bindung zueinander, und der große Altersunterschied führt vermutlich zusätzlich dazu, dass der Große sich ausgeschlossen fühlt. Gleichzeitig versuchen mein Mann und ich auch Dinge mit ihm allein zu unternehmen.
Doch wenn wir alle zusammen sind, geht es jedes Mal schief. Wenn er an einem Spiel mit den Jüngeren teilnimmt, kommt es rasch zu Streit und Tränen, das Spiel wird zu heftig, läuft schließlich aus dem Ruder, und irgendwann werden wir Eltern dann so zornig, dass wir die ganze Sache abbrechen. In der Schule hat er keinerlei Schwierigkeiten, er spielt gern Fußball und hat viele Freunde. Doch irgendwas an der Situation zu Hause führt anscheinend dazu, dass er seine Frustrationen und Enttäuschungen nicht in den Griff bekommt. Ein paar Beispiele:
Kuchen backen: Eines Abends wollte er einen Schokoladenkuchen backen, und sein Vater gab ihm einen Rat, was die Füllung anging.
Leider hatte er nicht verstanden, dass mit drei Esslöffel Kaffee nicht Kaffeepulver gemeint ist, sondern dass es »gekochter Kaffee« bedeutet.
Mein Sohn bemerkte den Fehler genauso wenig und nahm das Pulver, was dazu führte, dass der Kuchen stark nach Kaffee schmeckte. Der Junge tobte vor Wut, beschuldigte erst mich, weil ich ihm das Rezept gegeben hatte, und anschließend seinen Vater, weil der ihm einen falschen Rat gegeben hatte. Er knallte die Tür zu, warf etwas aus dem ersten Stock direkt auf unser Auto und griff seinen Vater tätlich an, als der ihn beruhigen wollte. Er schimpfte und fluchte und wurde nicht nur gegenüber seinen Eltern, sondern auch gegenüber seinen kleinen Geschwistern gewalttätig.
Im Laden: Wir erlauben unserem Sohn eigentlich nicht, Energiedrinks zu trinken, die Traubenzucker und Koffein enthalten, doch eines Tages sagte sein Vater in einem Geschäft »Ja«, ohne genau hinzusehen, was für eine Dose unser Sohn in der Hand hielt. Als wir an die Kasse kamen, habe ich dann »Nein« gesagt, worauf unser Sohn einen gewaltigen Wutanfall bekam. Er rannte auf den Parkplatz, schleuderte die Stiefel von seinen Füßen, sodass sie gegen fremde Autos prallten, und schlug mit seinem vollen Portemonnaie so hart auf das Dach unseres eigenen Wagens, dass die Münzen eine Delle verursachten. Als wir angelaufen kamen, rannte er einfach weg.
Fähranleger in Kristiansand: Nach einer mehrstündigen Autofahrt saß ich mit ihm und seinem kleinen Bruder im Wagen. Wir waren alle müde und erschöpft, und mein Sohn begann damit, seinen Bruder zu ärgern. Ich sagte ihm mehrmals, er solle damit aufhören, doch er machte immer weiter. Schließlich stieg ich aus, öffnete die Hintertür, packte ihn hart an den Armen und fauchte ihn an, er solle endlich Ruhe geben. Daraus wurde ein lauter Streit, in dem wir beide dumme Dinge sagten, während ich ihn weiterhin festhielt.
Manchmal bekomme ich Lust, den Jungen heftig durchzuschütteln, ihn von gemeinsamen Aktivitäten auszuschließen oder ihn vollständig zu ignorieren. Doch im nächsten Moment, wenn es ihm wieder besser geht, ist er der netteste, liebenswerteste Junge, den man sich nur vorstellen kann. Wie können wir Eltern ihm beibringen, mit seiner Wut und seinen Frustrationen besser umzugehen?
Das waren nur ein paar beliebige Episoden, doch fallen uns daran immer wieder dieselben Dinge auf:
1. Er wird mit Enttäuschungen nicht fertig.
2. Er sieht seine eigenen Fehler nicht, sondern beschuldigt meist die anderen.
3. Er hat Schwierigkeiten, sich nachher zu entschuldigen.
Eine völlig erschöpfte Mutter
Antwort von Jesper Juul:
Zunächst möchte ich Ihnen für Ihren offenherzigen Brief danken, der eine Dynamik beschreibt, die viele Eltern im Verhältnis zu mindestens einem ihrer Kinder erleben. Jedes Mal, wenn ich einer solchen Familie begegne, denke ich, dass es womöglich ihre »unmöglichen« Kinder sein werden, die uns
Weitere Kostenlose Bücher