Vierbeinige Freunde
er war, wie ein Gummiball um den Löwen herum. Eines Tages schien Tasko seinen Sprung nicht berechnet zu haben und landete direkt auf Kinuli. Ich kenne aber Tasko viel zu genau, ein Fehlsprung war ganz ausgeschlossen. Wie oft, wenn ich einen Fußball durchs Zimmer rollte, sprang Tasko, in der Luft schon die Pfoten spreizend, vom Tisch aus genau auf den Ball, und nicht ein einziges Mal hatte er ihn verfehlt. Und jetzt sollte er den Sprung nicht berechnet haben? Ich bin überzeugt, daß es Absicht war …
Was waren sie doch erschrocken! Als hätten sie sich verbrannt, so sprangen sie auseinander. Ihre Augen waren im Nu rund vor Schrecken und böse. Ich erwartete schon eine Rauferei, doch die Tierchen verharrten nur eine Weile und setzten dann ihr Spiel fort. Ihr Benehmen war aber von nun an freier. Bald das eine, bald das andere berührten sie einander wie zufällig, verharrten dann beide gespannt, ohne sich zu regen, beäugten einander forschend – und spielten wieder weiter.
So war nun endlich die Bekanntschaft geschlossen. Bekanntschaft, aber nicht Freundschaft, denn ihre Charaktere paßten nicht zusammen.
Ich merke, mein Leser ist erstaunt. Wie kann das sein: Tiere, deren Charaktere nicht zusammenpassen! Gibt es denn so etwas? Ja, so etwas gibt es! Ich habe viele Tiere ganz verschiedener Art gekannt, die sich gut vertrugen.
Im Zoo waren vier Wölfe, die mit einer Ziege lebten. Sie fraßen, spielten und schliefen zusammen. Untereinander rauften sie öfters, niemals dagegen mit der Ziege. Kinuli und Tasko aber paßten charakterlich nicht zueinander.
Kinuli war ruhig, sogar etwas träge. Sie liebte es, sich zu balgen, aber sie brauchte dazu etwas Handfestes, etwas zum Zupacken, woran man seine Kraft erproben konnte. Es war schwer, sie böse zu machen, doch noch schwerer, sich mit ihr dann wieder zu versöhnen. Eine Kränkung vergißt Kinuli nicht so leicht: Sie geht weg und kommt nicht wieder. Tagelang konnte sie so böse sein. Ganz anders Tasko. Der Luchs fährt hoch, springt einen an und beißt, und – alles ist wieder gut … Er war völlig unberechenbar. Niemand konnte jemals sagen, was Tasko in der nächsten Minute, ja Sekunde tun würde.
Im Gegensatz zu Kinuli hatte Tasko auch keinerlei Neigung zum Schmeicheln. Gewiß, sie spielten gut zusammen, doch verstanden sie einander schlecht. Das war auch immer der Grund der ständigen Streitigkeiten.
Einmal gab ich Tasko einen Sperling. Tasko packte ihn und brachte ihn zu Kinuli. Vor dem Essen wollte er etwas spielen. Doch Kinuli verstand die Aufforderung falsch. Wenn einem Futter gebracht wird, dann muß man das Futter eben fressen. Sie nahm also den Spatz, legte sich bequem zurecht und fing an, ihn zu verspeisen. Als Tasko das Knacken der Knochen hörte, wurde er aufgeregt. Sein ganzes schlankes Figürchen drückte Erstaunen aus. Was war denn das? Wie kam das? Er hat ja doch den Spatz zum Spielen hergebracht! Tasko lief um Kinuli herum, schaute ihr ins Maul, horchte auf das Knacken der Knochen. Ja, er versuchte, sich den Spatz zurückzuholen, doch Kinuli legte die Ohren an und raunzte ihn so an, daß Tasko schleunigst zurücksprang. Da wurden seine Augen plötzlich unangenehm und so voller Wut, daß ich schleunigst zum Lappen griff – es war auch höchste Zeit. Tasko konnte die ihm zugefügte Kränkung nicht verwinden, er wurde ganz ruppig, und mit einem Laut, ähnlich dem Knurren eines Hundes, stürzte er sich auf Kinuli. Ich war gezwungen, mich einzumischen.
Ein andermal wieder lag Kinuli auf dem Sofa und ließ ihren Schweif herunterhängen. Tasko glaubte wohl nichts anderes, als daß der Schweif zu den Fransen des Sofas gehöre, und biß hinein. Wieder gab es Streit. Zusammenstöße dieser Art kamen mehrere Male am Tage vor.
Vereint zu eng – getrennt zu langweilig
Die Schuld hatte immer Tasko. Er ließ Kinuli nie in Ruhe. Bald zerrte er sie am Schweif, dann wieder hopste er um sie herum. Die arme Kinuli dreht und wendet sich, verkriecht sich unter einen Stuhl, doch schon angelt Taskos Pfote von oben her nach ihr. Manchmal nahm es Kinuli ernstlich übel und begab sich hinüber in ihr Zimmer. Tasko folgte ihr auf dem Fuß. Er betrat Kinulis Zimmer nicht ohne weiteres. Erst kam sein langer, schmaler Schatten, dann erschienen ein spitzes Ohr und ein rundes Auge. Hierauf verschwand das alles wieder, und nach Verlauf einiger Minuten sprang Tasko mit einem Satz mitten ins Zimmer und machte zutraulich, als wäre nichts geschehen:
„Hm.“
In ihrem
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