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Vierbeinige Freunde

Vierbeinige Freunde

Titel: Vierbeinige Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wera Tschaplina
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Fressen. Ihr Bruder mit dem Namen „Zerkratzte Nase“, das übermütigste und bösartigste von den Bärenkindern, hatte sich inzwischen schon mit den andern tüchtig gebalgt, und ihre Schwester hatte in der gleichen Zeit nicht nur die eigene, sondern auch alle fremden Schüsseln ausgeleckt … Trödelliese aber kaute noch immer. Trödelliese war ruhig und gutmütig. Man konnte ihr bedenkenlos einen Finger ins Maul stecken und sogar das Futter wegnehmen.
    Den jungen Bären „Zerkratzte Nase“ ließ man besser in Ruhe; erst tat er furchtbar freundlich, und plötzlich klammerte er sich so fest an die hingestreckte Hand, daß es unmöglich war, sie loszureißen. Er war zwar schwächer, aber äußerst rauflustig. Nicht umsonst hatte er beständig eine zerkratzte Nase.
    Trödelliese war überall der Liebling. Sie spielte auch anders als die übrigen jungen Bären: langsam und würdevoll. Es kam vor, daß sie über einen Baumstamm kullerte und sich dann hinsetzte, als wollte sie fragen: Nanu? Weshalb liegt jetzt der Baumstamm auf der anderen Seite?
    Am engsten war sie mit Manja, der jüngsten unter den Jungen Naturforscherinnen, befreundet. Manjas Kleider hatten viele Knöpfe, und Trödelliese belutschte Knöpfe mit wachsender Begeisterung. Die Bärenjungen lutschen überhaupt gern. Und Trödelliese lutschte an allem, was ihr in den Weg kam, ganz gleich, ob es die eigene Tatze, ein Knopf oder das Ohr ihres Nachbarn war. Sie kniff dabei vor Vergnügen die Augen zusammen und knurrte.
    Im allgemeinen war Trödelliese sehr sanft. Solche jungen Bären trifft man selten. Gewöhnlich sind sie jähzornig und beißen bei jeder Gelegenheit. Trödelliese tat das nie.
    Als man mich bat, mit einem Tier im Kindergarten aufzutreten, fiel meine Wahl auf sie.
     
    Der Lastkraftwagen, der uns abholen sollte, kam sehr früh. Ich bat den Fahrer, ein bißchen zu warten, und ging zu Trödelliese. Die kleine Bärin ließ sich ohne weiteres an die Kette legen, zog mich freudig aus dem Käfig und tapste ungeschickt vor mir her bis zum Wagen.
    Da stand er: schwarz, unbekannt, drohend … So etwas hatte Trödelliese noch nie gesehen. Sie erschrak heftig und stellte sich auf die Hinterbeine. Ihre Äuglein wurden ganz rund, und ihre Lefzen spitzten sich zu einem Röhrchen. Plötzlich machte sie kehrt und wollte davonlaufen. Nur mit Mühe konnte ich sie festhalten.
    Ich ließ nicht locker. Trödelliese erschrak noch mehr. Wo hatte sie bloß die Kraft her? Sie stemmte sich mit allen vier Tatzen und schrie so laut, daß die Mitarbeiter aus dem ganzen Tiergarten zusammenliefen. Schließlich wurde Trödelliese in eine Kiste gesteckt und auf den Lastkraftwagen verladen.
    Trödelliese schrie, stöhnte und kratzte die ganze Zeit, während wir fuhren. Sie beruhigte sich erst im Kindergarten. Ich war sehr froh, weil ich die Kinder überraschen wollte und Trödelliese mit ihrem Geschrei alles verderben konnte.
    Trödelliese wurde in einem Zimmer untergebracht, und ich ging zu den Kindern in den Speiseraum. Offenbar ahnten die Kinder doch schon etwas. Sie rückten ungeduldig auf ihren Stühlen hin und her, blickten verstohlen zur Tür und flüsterten miteinander. Dennoch erscholl, als Trödelliese hereingeführt wurde, ein allgemeines „Ach“ und dann: „Petz, nimm!“ Und alles, was auf dem Tisch war, wurde Trödelliese angeboten.
    Diesmal bekam Trödelliese überhaupt keinen Schreck. Sie wußte Äpfel, Bonbons und Gebäck zu schätzen und wählte bald das eine, bald das andere aus. Ihr Bäuchlein wurde so dick, daß sie kaum noch gehen konnte. Mit glanzlosen Augen blickte sie um sich.
    Die Kinder waren außer Rand und Band. Sie folgten Trödelliese auf Schritt und Tritt, liebkosten sie um die Wette und boten ihr immer neue Leckerbissen an.
    Wir fuhren sehr spät fort.
    Die Kinder gaben Trödelliese Süßigkeiten auf den Weg und baten, wir sollten bald wieder zu Besuch kommen. Auf der Heimfahrt benahm sich Trödelliese ruhiger; sie schrie und kratzte nicht mehr. Um ihr das Anketten zu ersparen, fuhren wir direkt an den Käfig heran, luden die Kiste aus, öffneten sie … Nanu?
    Wir hatten doch eine kleine Bärin in die Kiste gesetzt, und heraus kletterte – ein Konditorladen. Trödellieses Kopf war mit Kuchencreme verschmiert, an ihrem Fell klebten unzählige Gebäckstückchen und Bonbons. Im Maul hielt sie einen großen Apfel.
    Kaum war sie aus der Kiste gekrochen, hatten sich sämtliche fünfundzwanzig Bärenjungen, wie auf Kommando, in die höchste

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