Vietnam
am Kaiserhof aufgeführt. Später wurden die Stoffe Repertoire der Wandertruppen, die durchs Land zogen und eine groÃe Besucherschar erfreuten. Die Stoffe sind historische Ereignisse und Epen. Im Vordergrund stehen die auf konfuzianischen Prinzipien beruhenden Beziehungen von Herrscher/Untertan und Eltern/Kind.
Hat tuong
folgt strengen Regeln. Das Bühnenbild ist minimalistisch. Gestik, Mimik und Musik bringen die Stimmung zum Ausdruck. Kleidung und Schminke sind je nach Charakter immer gleich und lassen schnell die Rollenzuteilung erkennen. Wie die Musik sind auch die Figuren dem Publikum bekannt. Beliebt sind Auszüge aus den Stücken âWie sich Ho Nguyet Co in einen Fuchs verwandeltâ oder âDer alte Mann trägt seine Frau auf dem Rücken zur Galaâ. Es gibt nur noch wenige Aufführungen dieser Kunstform; zu erleben beispielweise in Ha Noi im Hong Ha-Theater (S. 237 ).
Hat Cai Luong
Das reformierte Theater entstand etwa 1920 in Südvietnam und kann daher erst auf eine kurze Tradition zurückblicken. Es entwickelte sich als Symbiose aus den traditionellen Theaterformen und Einflüssen der Kolonialherren. Die Stücke beinhalten einige Sprechphasen, was auf den Einfluss des französischen Theaters zurückzuführen ist. Die Musik ist leicht und melodiös (wie alle anderen Musikformen für europäische Ohren aber noch immer sehr gewöhnungsbedürftig). Modern sind die Verwendung von elektronischen Verstärkern und die musikalische Begleitung auf neueren Instrumenten. Aufgegriffen werden klassische Stoffe, aber auch gesellschaftliche Probleme wie Drogenkonsum oder Prostitution.
Derzeit touren etwa 30 professionelle Ensembles durch Vietnam. Aufführungen kann man u. a. im Cai Luong-Theater in Ha Noi und im Tran Hun Trang Cai Luong-Theater in HCMS besuchen.
Das Wasserpuppentheater
Die Kunstform des Wasserpuppenspiels,
mua roi nuoc
genannt, soll über 1000 Jahre alt sein: Seit dem 11. Jh. ist sie als Darbietung auf einem Pagodenfest belegt. In einer Steinstele aus dem Jahr 1121 in der Doi Son-Pagode wird das Wasserpuppentheater benannt. Eine Legendeberichtet, dass diese Theaterform aus der Not heraus geboren wurde: Es regnete viel und alles war überschwemmt. Die Künstlertruppe, die ihr Puppenspiel zeigen wollte, machte aus der Not eine Tugend und spielte ihr Stück im Dorfteich stehend. Andere Ãberlieferungen besagen, dass diese Theaterform schon Jahrhunderte vorher von den Reisbauern im Delta des Roten Flusses vornehmlich zu Beginn des Frühlings aufgeführt wurde. Vielleicht dienten diese Vorführungen damals dazu, die Regengötter gnädig zu stimmen und für eine gute Ernte zu sorgen. Sicher ist, dass diese Kunstform im 11. Jh. am Hofe sehr beliebt war und sich die Ly und die Tran von Wasserpuppenspielern unterhalten lieÃen.
In den Reisfeldern des Deltas, wo noch immer Nassreis angebaut wird, sind die Aufführungen auch heute noch besonders sehenswert â vor allem wegen der auÃergewöhnlichen Umgebung. Einen Besuch wert sind jedoch auch die Aufführungen in den Theatern der Künstlertruppen. Das bekannteste befindet sich in Ha Noi, aber auch in HCMS und in Hai Phong gibt es regelmäÃig Aufführungen. Vielfach wird daneben noch auf Pagodenfesten Wasserpuppentheater dargeboten.
Die Geschichten sind den traditionellen Stücken aus dem Cheo- und dem Tuong-Theater entlehnt. Zudem werden Alltagsgeschichten vom Reisfeld, Fischfang, Büffelkampf und Entenhüten gezeigt. Beliebt sind daneben Heldensagen, etwa die Legende vom zurückgegebenen Schwert im Hoan Kiem-See (s. S. 210 ), und Mythen von Drachen und Einhörnern.
Die Figuren werden in Handarbeit aus Holz geschnitzt und anschlieÃend mit Farbe wasserfest und haltbar gemacht. Die wichtigste Figur ist
chua teu
, der breitgesichtige, dicke und lachende Onkel Teu. Er ist gröÃer als alle anderen Puppen und dient als Vermittler zwischen den Spielern und dem Publikum. Mit Onkel Teu beginnen alle Wasserpuppen-Ensembles ihr Spiel. Er begrüÃt das Publikum, fungiert als Erzähler und Kommentator und kritisiert die Politiker.
Das Wissen und Können der Spieler wurde immer vom Vater auf den Sohn vererbt. Mädchen und Schwiegersöhne wurden nicht einbezogen â zu sehr fürchtete man, die Kunst könne an Fremde weitergegeben werden. Heute hat sich dies etwas geändert, und auch Mädchen dürfen einige Rollen spielen (z. B.
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