Vilja und das Raeuberfest
war vom Schmutz der Landstraße ganz grau geworden.
» Jetzt ist Connys Frisur voller Sand«, kicherte Gold-Piet. » Friss Staub, du P-Westen-Vollidiot!« Die Räuberbergs hatten sich schon immer über das Symbol der Pärnänens – eine Weste mit einem weißen » P« drauf – lustig gemacht.
» Die erste Verfolgungsjagd in diesem Sommer!«, verkündete der Wilde Karlo stolz. » Jetzt, da Vilja wieder bei uns ist, können wir alles schaffen!«
» Wie um alles in der Welt wusstest du, was zu tun ist?«, fragte ich Hele.
» Du hast mir ja alle nötigen Informationen gegeben«, antwortete sie. » Durch die in deiner Mail vom Computer gespeicherte IP -Adresse erfährt man so ziemlich genau den Standort, von wo aus die Nachricht verschickt wurde. Mit dem Namen des Ferienlagers konnte ich mich in den schlecht geschützten Bereich hacken, in dem die Betreuer die Stunden und Veranstaltungen planten. Da war nix mit Sicherheitsvorkehrungen! Wer würde schon ein Geigen-Ferienlager überfallen?«
» Siii-cher, wer schon?!«, sagte ich, und vor lauter Lachen traten uns die Tränen in die Augen.
» Und dann brauchte ich nur noch einen guten Plan!«, fuhr Hele fort.
» Fingerübungen!«, mischte sich ihr Vater in unser Gespräch ein. » Es ist nur gut, wenn wir jetzt ein bisschen trainieren. Dann verfallen wir wenigstens nicht in sommerliche Trägheit, schließlich beginnen ja auch bald die Wettkampftage!«
» Wir waren uns alle einig: Man musste dich so rasch wie möglich da rausholen, bevor du noch mit irgendwelchen Klassikmusik-Monstern und Möhrenspeisekarten langsam zugrunde gehst!«, grinste Hele. » Das Ende ist Geschichte – nach Räuberart!«
» Guter Spruch!«, begeistert schlug Gold-Piet seine Hände zusammen. » Den merk’ ich mir! Die passende Gelegenheit kommt bestimmt!« Er überlegte kurz. » Ja, das sagt man dann, wenn einen etwas scheinbar nix angeht und man eine Sache mittendrin abbricht: › Das Ende ist Geschichte – nach Räuberart!‹ Hoho!« Seine Begeisterung wurde immer größer, dann machte er sogar noch eine Karatebewegung. » Das ist ein kräftiger Schlag gegen das Zwerchfell und so’n Zeug. Da wird dann übrigens die weiße Flagge gleich aus mehreren Gründen gehisst!«
» Hoho!« Der Wilde Karlo geriet nun ebenfalls ganz außer sich. » Pärnänen, Pärnänen, zeig dein Gesicht, unserer Rache entgehst du nicht!«
Hilda versuchte, nicht zu lachen und konzentrierte sich darauf, den schlingernden Bus auf dem Schotterweg zu halten. Auf beiden Seiten des Straßenrandes grasten Kühe.
» Wo ist eigentlich Kaija?«, dämmerte es mir plötzlich.
» Sie hat uns das hier mitgegeben«, sagte Kalle und bückte sich, um einen Brief aus seiner Tasche zu holen. Ich sah, dass auch er mittlerweile einen Schulranzen besaß. Auf der Seitentasche war das Bild einer Spinne, aber sonst sah er ziemlich genauso aus wie mein eigener. Mit pochendem Herzen nahm ich den Brief aus seiner Hand. Hoffentlich standen keine unangenehmen Nachrichten darin!
Automatisch ging ich davon aus, dass es welche geben müsste. Vielleicht schrieb Kaija, dass sie ihre Meinung geändert hatte? Vielleicht hatte sie gemerkt, dass die Räuberei doch nicht so ihr Ding war, und sie sich stattdessen lieber nur noch auf das Schreiben ihrer romantischen Romane konzentrieren wollte?
Am Ende des letzten Sommers hatte ich eine Idee gehabt, die das Leben der Räuberbergs in Ordnung bringen sollte. Kaija hatte Jahr für Jahr ihren Bruder, den sie selbst Karli nannte, in ihrer Waldhütte aufgenommen und sich wehmütig die spannenden Geschichten vom Räuberleben ihrer Verwandtschaft angehört. Einer meiner Vorschläge hatte aus ihr die Wochenend-Fahrerin der Wochenend-Befehlshaberin Hele gemacht. Diese neue Aufgabe ließ sie an dem aufregenden Leben der Familie teilhaben, und ihr Traum ging damit endlich in Erfüllung!
Auch wenn ich damals mit meinem großen Plan das Leben der Räuberbergs ganz schön durcheinandergewirbelt hatte, wusste ich nicht, was danach passiert war. Ich hatte nie erfahren, welche Folgen meine Idee gehabt hatte.
Liebe Vilja,
du hättest eine große Umarmung verdient, weil du es endlich wieder an Bord des Räuberbusses geschafft hast! Ich kann mir vorstellen, oder eigentlich weiß ich durch Hele, wie schrecklich die Herbst- und Wintermonate für dich gewesen sein müssen. So ein hundsgemeines junges Fräulein wie Vanamo Vainisto habe ich mir nicht mal in meinen eigenen Büchern ausmalen können, weil niemand solche
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