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Vilja und das Raeuberfest

Vilja und das Raeuberfest

Titel: Vilja und das Raeuberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Kolu
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mitgekommen!« Ohne auch nur einen Gedanken an meine besorgten Eltern zu verschwenden, wäre ich sofort in den Räuberbus gestiegen!
    Die Räuberbergs plapperten alle munter zur gleichen Zeit und scharrten sich in einem engen Kreis um mich und meinen Würstchenspieß herum. Sie erzählten, wie Kaija für einen Teil des Herbstes zurück in ihre Hütte gezogen war, weil sie nicht in einem Hochhaus mit rauschenden Rohren schreiben konnte. Oder wie Gold-Piet eine Pfütze unter seine Hängematte geschwitzt hatte, bis Hilda ihm erklärte, dass man in einem Hochhaus im Winter keine drei Wollpullover tragen müsste, so wie in den dünnwandigen Hütten ihrer früheren Winterquartiere. Hele erzählte, wie es immer schwieriger geworden war, die hundert Kilometer um den Stützpunkt herum als raubfreie Zone beizubehalten, wenn in jedem Auto die Weihnachts-Schokoladen funkelten.
    » An Heiligabend schlug ich vor, dass wir dich als Weihnachtsgeschenk für unsere Familie klauen sollten!«, sagte der Wilde Karlo. » Und als Ostergeschenk! Und als Himmelfahrtsgeschenk!«
    » Erst im Frühjahr überlegten wir uns einen Trick, wie wir mit der Sehnsucht besser klarkommen konnten«, fuhr Hilda fort. » Wir redeten so, als ob du hinter irgendeiner Ecke verborgen säßest: › Also jetzt würdest du bestimmt wieder etwas in dein Notizbuch kritzeln.‹ Das machte alles einfacher.«
    »› An dieser Stelle würde dich Vilja ganz lange anschauen‹, würden die hier sagen«, sagte der Wilde Karlo.
    » Ach nee, warum denn WIR ?«, unterbrach ihn seine Tochter. » Du warst es doch, der die ganze Zeit wiederholt hat › Machen wir doch hieraus eine viljamäßige Analyse!‹«
    » Naja, genau so eine Analyse brauchen wir jetzt aber wirklich, weil hier nämlich alles Mögliche passiert ist!«, sagte Gold-Piet mit ernster Miene. » Der Große Pärnänen ist gestorben …« Seine Stimme bebte feierlich.
    Sowohl Hele als auch Hilda traten ihm im selben Augenblick auf den Fuß.
    » Lass das jetzt, Vilja isst noch!«, sagte Hilda. » Sie ist ja auch ganz abgemagert, weil sie von ihrer Mutter nur irgendwelchen SteuZa-Salat zu Essen bekommen hat.« Sie reichte das Tablett rüber, auf dem Wurst, Fleischklößchen, große Würstchenpasteten und natürlich Knäckebroträder aufgeschichtet waren. Richtige, vernünftige Räuberbrot-Portionen.
    » SteuZa?«, fragte ich und stopfte noch mehr Wurst in mich hinein. Ich war im siebten Himmel! Ich hatte zu Hause versucht, Würstchen in der Pfanne zu braten, aber auf einem echten Feuer gegrillt hatten sie einen ganz anderen Geschmack, eben ein bisschen angebrannt.
    » Steuerzahler«, Hele betonte das Wort überdeutlich, so als würde sie eine fremde Sprache aussprechen. » Das ist die menschliche Zielgruppe der Räuber. Als Untergruppe gibt es die GaRei, beziehungsweise die Ganz-Reichen, die HaRei oder Halb-Reichen, bei denen man die fetteste Beute macht, und dann die Ökos, beziehungsweise die Künstler oder einfach nur die Alternativen Typen.«
    » Die Autos von denen sind voll mit Aquarellfarben und Weizenkeimsaft und Transparenten, von denen hat man aus räuberischer Sicht überhaupt keinen Nutzen!«, meinte Kalle verächtlich.
    » Man kann nie wissen, wann man ein gutes Transparent braucht«, widersprach ihm Hele, grinste aber dabei.
    » Anarchistin!«, ärgerte sich Kalle.
    » Hausaufgaben-Hampelmann«, antwortete seine Schwester herausfordernd. Sie sahen aus, als würden sie gleich anfangen, miteinander zu raufen. Offensichtlich wollten sie mich aber als Dritte dabei haben.
    » Kleine Musikantin!«, zischte Hele mir zu und spannte ihre Knie zu einem Tigersprung.
    » Hele und Kalle!«, befahl Hilda. » Jetzt lasst Vilja in Ruhe essen, sie wurde ja eben erst geraubt!«

Kapitel 4
    in dem die Raubmethode
    » Fräulein in Not « eingeübt wird
    R äuberfreiheit! Das schmeckte noch süßer, als ich je zu träumen gewagt hatte. Meine Bauchmuskeln hatten das ständige Rumgekichere gebraucht. Mein Stoffwechsel hatte die Räuberbrote vermisst und den Geschmack der gerade erst geraubten Süßigkeiten. Meinem angeborenen Tagesrhythmus hatten die langen Abende gefehlt und die sich bis weit in den Tag hinziehenden Morgen, an denen Kalle mir irgendwelche Holzbein-Witze ins Ohr flüsterte und wir, noch in unsere Schlafsäcke gekuschelt, das hin- und herschaukelnde Gras vor dem Zelt beobachteten. Mein Herz hatte sich nach den Lagerfeuer-Abenden gesehnt, an denen wilde und wahre Geschichten über Raubzüge der vergangenen

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