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Villapark - Koestlbachers zweiter Fall

Villapark - Koestlbachers zweiter Fall

Titel: Villapark - Koestlbachers zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Fenzl
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und ein paar alte Leute im
Rollstuhl, bestimmt solche vom Altenheim in der Luitpoldstraße, die von
Pflegern oder Verwandten ein wenig an die frische Luft geschoben wurden, schob
er sein Rad über die Straße zum letzten Stück Allee, das sich am Hofzaun vom
AAG entlang bis vor zum Ostentor erstreckt. Und weil er da sonst nie durchgeht,
der Köstlbacher, weil er normalerweise auf der Gabelsberger Straße fährt, egal
ob mit dem Auto oder mit dem Rad, darum ist ihm das Gesockse vor dem Eingang
zum Schulgelände vom AAG bisher auch nie wirklich in dem Ausmaße bewusst
aufgefallen. Irgendwie haben ihm die Gestalten etwas an Gothic Leute erinnert,
aber die Glatzköpfe, manche auch nicht ganz glatzig, und die Tätowierungen am
Hinterkopf und im Nacken, das sah ihm eher nach der rechtsextremen Ecke aus.
    Ein Lehrer, kann auch der Hausmeister gewesen sein, weil, sei doch einmal
ehrlich, rein äußerlich kannst du ja heutzutage einen Lehrer von einem
Hausmeister nicht mehr unterscheiden, rein bekleidungstechnisch und so,
also jedenfalls eine männliche Person auf dem Schulhof äugte sichtlich misstrauisch
zu den dunklen Gestalten auf dem Alleeweg. Dass die ankommenden Schülerinnen
und Schüler zu denen Kontakt aufgenommen hätten, das konnte der
Köstlbacher so auf die Schnelle nicht feststellen. So zu einem Ratsch stehen
geblieben ist jedenfalls niemand. Fast niemand! Ein kleineres, etwas
pummeliges Mädchen, klein nur der Größe nach, weil altersmäßig wird sie schon
so um die 18 gewesen sein, die drehte sich kurz zu einem besonders großen
Schwarzmantel hin und gab ihm die Hand. Vielleicht gab sie ihm auch nicht
richtig die Hand. Vielleicht hat bei dem Händeschütteln auch irgendwas den
Besitzer gewechselt. Aber am Ende dachte der Köstlbacher nur, dass man sich
auch allerhand einbilden kann, wenn man etwas sehen möchte und nicht wirklich
was sieht. Nur die eintätowierte Nummer 4567 im Nacken des Schwarzbemantelten,
die registrierte er ganz deutlich, vergaß sie aber gleich wieder.
    Und die Kleidung der Kleinen, die hat der Köstlbacher auch bewusst gesehen,
weil die war einfach zu auffällig. Pink! Alles in Pink!
    »Verrückt!«, dachte der Köstlbacher und erinnerte sich im Geiste an eine
ehemalige Klassenkameradin in München, die auch immer nur total in Pink
gekleidet aufgetreten war. Aber das war Ende der 80er Jahre, wo so etwas aus
einer Nostalgie zur Flower Power Bewegung heraus durchaus keine absolute
Seltenheit darstellte, zumindest nicht in München.
    Und dann dachte der Köstlbacher noch, dass er vielleicht schon alt zu
werden begann und mit dem, was die Jungen so trieben, nichts mehr am Hut hatte,
nichts davon wusste und wenn doch, es zumindest nicht verstand.
    Eines kannst du mir glauben, wenn du als Kriminaler immer nur mit
ausgewachsenen Verbrechern zu tun hast, dann siehst du überall gleich das Böse,
wenn du dich einmal ganz privat unter den Leuten umschaust. Weil so ein Beruf,
der färbt gewaltig ab. Du kannst einfach nicht einen Schalter umlegen und
den Beruf außen vor lassen, wenn du mal nicht im Dienst bist. Bestimmt geht das
beispielsweise einem Arzt nicht viel anders. Wenn der mit seiner Familie Besuch
empfängt oder zu Besuch bei Freunden eingeladen ist, dann sieht der
bestimmt nicht nur Leute oder Gesichter. Bestimmt sieht der so ganz nebenbei
und unterschwellig Hunderte von Symptome und diagnostiziert schon allein
am Mundgeruch so allerlei Inneres! Und ein Sprachwissenschaftler, der ist wahrscheinlich
ständig am Einsortieren und Zugehörigkeitsbestimmen aller
Wörter, die er so hört. Ja sogar ein Müllfahrer macht sich so seine
Gedanken, wenn er in eine Menschenansammlung eintaucht, die alle auf
die eine oder andere Art und Weise Müll machen, den er zuletzt wieder wegräumen
muss.
    Solche Gedanken sind dem Köstlbacher durch den Kopf gegangen, als er im
Schneckentempo sein Rad die Allee entlang geschoben hat. Und weil er es
irgendwie abwegig fand, die jungen Leute gleich in irgendwelche Schubladen zu
schieben, nur weil sie optisch auffällig und so, quasi totale Vorurteilspflege,
da ist er auf sein Rad gestiegen und weiter ins Präsidium gefahren, ohne
das Beobachtete nochmal zu überdenken.
    Wenn der Köstlbacher geahnt hätte, dass er schon wenig später am 1. Mai
wegen eines Mordfalles in den Villapark gerufen werden würde, kaum mehr
als 50 m entfernt vom Schulhof des Albrecht-Altdorfer-Gymnasiums! Aber in
die Zukunft sehen kann keiner, auch kein Kriminalkommissar

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