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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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kurzgeschorene Mann-Frauen in violetten Shirts. Wildes Gekreische und ohrenbetäubende Fangesänge. Oh, wie ist das schön, so was hat man lange nicht gesehen, so schön, sooo schööön, während überall Transparente hochploppten. Wir zieh’n voran, sei unser zwölfter Mann, Jule, wir wollen ein Kind von dir! Oder es adoptieren, verpartnern, irgendwo eintragen, weiß der Geier, Gott, wie entsetzlich. Doch nichts dergleichen geschah. Niemand rückte Jule auf die Pelle, abgesehen von einem muffenden Muttchen, das Tütentragend durch die Reihen wankte und um ein bisschen Kleingeld bat. Lesbisch wirkte die nicht.
    Eine Kanne Jasmintee und zwei Kopfschmerztabletten in der Blutbahn später sah Jule zu Hause die Lage auch wieder entspannter. Hype. Halt mal. Bestimmt gab es den wie Klamotten in allen Größen, von XL bis XS. Bestimmt hatte Alex übertrieben und vor lauter Begeisterung Gekräusel in einer Pfütze mit einer Riesenwelle verwechselt. Gut möglich. Wer eine lieblos hingezimmerte Soap-Story als Meilenstein feierte, ey, der musste schon gewaltig Notstand haben. Somit Stunde der Wahrheit. Jule schmiss ihr Notebook an und tippte todesmutig ›Violett‹ ins Google-Suchfeld. Na bitte, Wikipedia sprach lediglich von einem Farbreiz, offiziell codiert mit #A146FF. Toll, wieder was gelernt.
    Weiter zu YouTube und … Schock! Videoclips wurden angezeigt, in rauen Mengen, Best of Viola und Babett . Jule schluckte, Jule klickte, Jule guckte, Jule schmolz. Mit aufwühlenden Schmachtliedern untermalt hatten die Szenen einen Touch von … von … keine Ahnung, einen komplett anderen Touch eben. Imposanter. Inspirierter. Intensiver. Irgendwie süß. Eine entbrannte Ewa konnte aber auch gucken, dass Eisberge schmolzen. Hossa! Ein vollkommen neues Gefühl meldete sich in Jule. Stolz. Stolz auf ihre Leistung bei Liebes Leben . Wer hätte das je für denkbar gehalten? Was Ewa und sie vor der Kamera ablieferten funktionierte. Nichts wirkte gekünstelt, weder Mimik noch Gestik. Alles schien echt. Ach herrje! Instinktiv rutschte Jule näher, so nah, dass ihre Nasenspitze schier am Notebook-Bildschirm klebte. Sie startete den nächsten Clip und scannte die Details akribisch wie bei einem Fehlersuchbild. Funkeln unsere Augen womöglich irgendwie … privat, Bogacz?
    Zwecklos. Jule scheiterte bei dieser Analyse kolossal. Denn natürlich strahlten sie sich an, Ewa verknallt bis zum Rand, jedoch als Viola, und die liebte Babett, nicht Jule. Normale Vierecksbeziehung. Zwei Schauspielerinnen mimten rein beruflich zwei frauenliebende Frauen. That’s it! Und somit ergab es keinerlei Sinn, dass irgendwelche Fans Jule ins pinke Team stopften. Diese ominösen Fanfictions hörten sich dreist an und übergriffig. Jule wollte sich nicht in Geschichten wiederfinden, in denen ihr irgendwas angedichtet wurde. Charakterzüge, die sie nicht hatte. Zitate, die sie niemals sagen würde. Und als Gipfel der Unverschämtheit Gefühle, die sie schlicht und ergreifend nicht empfand. Punkt. Wenn sie an ihre Kollegin dachte, kribbelte nichts. Dabei hatten sie bereits geknutscht. Höchst professionell vor der Kamera. Da war kein erotisches Feuerwerk gewesen, total trockene Hose. Na gut, na gut, Geständnis, Jule war scharf auf Ewas Brüste. Und? Jede Frau mit gepushtem A würde für C töten, mal ehrlich. Das macht mich doch nicht gleich homosexuell verdächtig!
    Himmel, warum verschwendete sie so viele Gedanken an diesen Irrsinn? Mal kurz die Fakten sammeln. Seit drei Monaten drehte Jule für Liebes Leben . Heute hatte sie erfahren, dass Fans ihre Story schätzten und feierten. Schön. Das sicherte ihren Arbeitsplatz. Und ob sich die Meute Viola und Babett heiß fantasierten oder Ewa und sie, war das nicht schnuppe? Schließlich ging es nur um die Spinnereien von laienhaften Schreiberlingen. Alles frei erfunden und unrealistisch. Oder? Tja, gute Frage, verdammt gute Frage. Also googelte Jule erneut. Fanfiction Ewa Jule. Treffer ohne Ende. Ey, habt ihr noch alle Latten am Zaun?
    Im offiziellen Online-Forum von Liebes Leben türmten sich die Beiträge. Im Fokus und mit unzähligen Herzchen markiert – Geschichten über Ewa und sie. Mit verschwitzten Händen entkorkte Jule eine Flasche Rotwein, besänftigte ihre flatternden Nerven mit einem Viertel auf Ex und begann tollkühn die Lektüre querbeet. Hier Kapitel Eins, dort Kapitel Eins. Ihr Urteil war überraschend schnell gefällt. Ganz abgesehen von der unterirdischen Recht-Schrei-bung waren diese Storys

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