Violett ist nicht das Ende
Pfefferspray.«
Kapitulation nach langem Ringen. Wohin sollte diese Debatte führen? Sie war das Opfer in dieser Geschichte, blickte doch jeder. Nur eben nicht diese gripsfreien Beamten, mochte man sie taufen, wie man wollte. Im Kampf gegen Blödheit könnte sie außer Tränen nichts gewinnen. Wortlos trollte sich Jule zum Polizeiwagen und puzzelte sich auf die Rückbank, direkt neben einen schnarchenden Krysztof. Durch die geöffnete Autotür sah Jule, wie Ewa auf Arnie einredete.
»Nehmen Sie mich mit.«
»Wir sind kein Taxi.«
»Aber ich gehöre zu Jule.«
»Fräulein«, meinte Arnie in väterlichem Ton. »Wir kümmern uns um Frau Schweitzer und das ist gut so, glauben Sie mir. Eine Frau mit solch hoher Gewaltbereitschaft, die …«
»Jule ist nicht kriminell!«
»Ich glaube Ihnen ja, dass Sie das glauben. Aber Menschen mit einer derart offensichtlichen Persönlichkeitsstörung …«
»Sie ist Schauspielerin!«
»Nennen Sie es wie Sie wollen, wenn es Ihnen hilft. Sie sind eine attraktive junge Frau. Warum gehen Sie nicht auf den Kiez und suchen sich einen netten Mann für Ihre Kinder?«
Oh Gott, Süße, tu das nicht.
»Arschloch!«, brüllte Ewa.
»Aha, verstehe.« Arnie lächelte erneut. »Sie wollen mich provozieren, weil Sie denken …«
»Ich will zu Jule.«
»Ewa, nicht!« Doch Jules Einwurf aus dem Polizeiwagen kam zu spät. Auftritt polnischer Kampfzwerg. Ohne Rücksicht auf Verluste schubste Ewa Arnie mit ungeahnten Kräften gegen das Auto und stemmt sich gegen ihn, mit vollem Körpereinsatz. Überrumpelt schnappte der nach Luft, erst recht, als sich Ewas Finger in seine Hosentasche gruben.
»Ewa, lass ihn los!«, flehte Jule.
»Ich regel das jetzt«, kam bebend Ewas Antwort.
Arnie keuchte. »Fräulein … Nehmen Sie Ihre Finger da-da weg.«
»Wo ist das Teil? Links? Rechts?«
»Das ist … sexuelle Be-Belästigung.«
»Halt still, du Sack! Oder ich werd hier drinnen richtig grob, das schwör ich dir. Wo ist der Schlüssel für die Handschellen? Spuck’s aus oder …«
Ein lautes Räuspern. Jule zuckte zusammen, löste den Blick von der Schlacht und entdeckte Piotr, der sich am Kopf kratzte.
»Haben wir irgendwas verpasst?«
KAPITEL 4
Halleluja, die Verstärkung war da und die war bewaffnet. Zumindest mit Kaffee und Kippen. In einem Pappträger balancierte Piotr diverse To-Go-Becher. Hinter ihm stand Jakub. Der zog an seiner Zigarette und musterte zuerst Froschauge, der unschlüssig seinen Schlagstock in den Händen drehte, und dann den feuerroten Arnie, der keuchend gegen das Polizeiauto lehnte, bedrängt von Ewa mit klaffender Bluse, die sich in Arnies Hose zu schaffen machte.
»Jungs, endlich.« Ewa atmete auf.
Jule holte auch erstmal tief Luft. Gott, ich danke dir für Polen.
»Hilf mir mal«, wandte sich Ewa an Piotr. »Der wehrt sich.«
Piotr kratzte sich am Kinn. »Vielleicht steht er nicht auf blond.«
»Mir scheißegal! Der Bulle hier will meine Jule einbuchten.«
»Und es tröstet dich, wenn du an ihm rumspielst?«
»Piotr.«
»Egal. Mach Ewa, du bist schließlich alt genug.« Piotr hob den Träger und blickte in die Runde. »Kaffee? Wer will?«
»Piotr!«
»Was? Weckst du bitte Krysztof, wenn du fertig bist? Der mit Strohhalm ist für ihn. Deiner ist mit Milchschaum. Zwei Stück Zucker. Stimmt doch, oder?«
»Piotr!« Ewa brüllte inzwischen so laut, dass Arnie ganz klein wurde. »Jule wurde festgenommen, und ich mach mir gerade die Finger schmutzig.«
Piotr gluckste. »Ganz ehrlich? Dein Männergeschmack war schon immer seltsam.«
»Wir stecken in der Scheiße! Und Jule trägt Handschellen.«
»Schon wieder? Heißt, wir brauchen einen Strohhalm mehr?«
»Das ist kein Spaß hier!«, fuhr Ewa ihn an.
»Dann lass doch endlich den armen Mann in Frieden. Wir regeln das schon. Kein Stress. Los, Kaffee wird kalt.«
Pole, du spinnst. »Äh … Piotr?« Mit säuselnder Stimme zog Jule die Aufmerksamkeit auf sich. »Wärst du so nett und würdest uns jetzt helfen? Ich meine, jetzt sofort? Oder sollen wir Alicja anrufen? Die interessiert sicher brennend, dass …«
»Oh.« Sofort drückte Piotr Jakub die Kaffeelieferung in die Hände und wandte sich an Arnie. »Ey Meister, haben Sie eine Sekunde? Unter vier Augen?«
Der nickte und wirkte dankbar, als Ewa ihre ungestümen Finger aus seiner Hosentasche zog und ihn freigab. Piotr nahm den Beamten ein paar Meter beiseite und legte ihm kumpelhaft den Arm um die uniformierten Schultern. Froschauge wurde von Jakub zu
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