Virus
Tänzer die Waffe in hohem Bogen in die Menge. Die Leute liefen auseinander, als Marissas Verfolger seinerseits zum Angriff auf den Schwarzen überging. Sein Schlag beförderte den Tänzer zu Boden.
Drei seiner Freunde, die bisher an der Seite gesessen und zugeschaut hatten, sprangen auf und stürzten sich von hinten auf den Blonden.
Marissa wartete nicht ab. Sie mischte sich unter die Menge, die sich von der plötzlich ausgebrochenen Rauferei abwandte. Die meisten überquerten die Fünfte Avenue, und sie ging mit ihnen. Sobald sie nördlich der Neunundfünfzigsten Straße war, hielt sie ein Taxi an und bat denFahrer, sie zur Rosenberg-Klinik zu bringen. Als das Taxi wieder auf die Neunundfünfzigste eingebogen war und an dem kleinen Park vorbeifuhr, konnte Marissa eine Menschenmenge rund um den Brunnen erkennen. Jetzt saß der Polizist wieder auf seinem Pferd, und sie hoffte sehr, daß er den blonden Mann für ein paar Wochen einbuchten würde.
Einen weiteren Blick warf Marissa zum Eingang des Plaza hinüber, doch konnte sie dort nichts Ungewöhnliches entdecken. Sie lehnte sich zurück und schloß die Augen. An die Stelle ihrer Furcht war nun plötzlich Wut getreten. Sie war wütend auf jeden, vor allem aber auf Tad. Es konnte nun kaum noch ein Zweifel daran bestehen, daß er ihre Verfolger über ihre Aufenthaltsorte auf dem laufenden hielt. Sogar das Serum, dessen Abholung sie in derartige Schwierigkeiten gebracht hatte, konnte sie nun vergessen. Angesichts ihrer jetzigen Befürchtungen konnte gar keine Rede davon sein, es zu verwenden. Statt dessen mußte sie sich einfach darauf verlassen, daß die Injektionspistole ausreichend gegen eine Infektion des Benutzers geschützt war.
Für einen Augenblick erwog sie, ihren Besuch in der Rosenberg-Klinik vielleicht aufzugeben, aber die Wichtigkeit eines Beweises dafür, daß der Ebola-Virus vorsätzlich verbreitet wurde, zumindest eines Beweises für sie selbst, gewann schließlich die Oberhand. Sie wollte sicher sein. Außerdem würde sie nach dem letzten ausgeklügelten Überfall auf sie wohl kaum jemand dort erwarten.
Marissa ließ das Taxi etwas früher anhalten und legte die restliche, etwa einen Häuserblock lange Strecke zu Fuß zurück. Die Klinik war nicht schwer zu finden. Es war ein schick renoviertes Gebäude, das fast einen ganzen Block einnahm. Vor der Vorderfront standen ein Streifenwagen und ein Übertragungswagen des Fernsehens. Einige Polizisten standen auf der Treppe herum, und sie mußte ihren CDC-Ausweis vorzeigen, ehe man sie durchließ.
In der Eingangshalle herrschte das gleiche aufgeregte Gewühl, das Marissa schon von den anderen Krankenhäusern, in denen der Ebola-Virus gewütet hatte, kannte. Während sie sich ihren Weg durch die Menge bahnte, begann ihre Fassung sie allmählich zu verlassen. Die Wut, die sie im Taxi hauptsächlich verspürt hatte, schwand, und an ihre Stelle trat wieder die alte Angst vor der Ansteckung. Gleichermaßen ließ auch ihre Erleichterung darüber, daß sie ihrem Verfolger entkommen war, nach, und statt dessen empfand sie wieder bedrückend, daß sie in einem gefährlichen Netz aus Verschwörung und Intrige gefangen war. Sie hielt einen Moment an und warf einen Blick zum Ausgang. Für einen Augenblick spielte sie mit dem Gedanken, wieder zu gehen, fand aber dann doch, daß ihre einzige Hoffnung die absolute Gewißheit sei. Sie mußte auch den letzten eigenen Zweifel ausräumen, ehe sie andere zu überzeugen versuchte.
Sie beschloß, zunächst mit der am leichtesten beschaffbaren Information anzufangen. Sie ging in die Anmeldung und fand dort einen Schalter mit der Aufschrift »Neue Mitglieder«. Obwohl er unbesetzt war, sah sie, daß Prospekte dort lagen. Ein kurzer Blick genügte, um festzustellen, daß das Rosenberg-Krankenhaus eine Privatklinik in Verbindung mit privater Krankenversicherung war, ganz wie sie es erwartet hatte.
Die nächsten Fragen waren zweifellos schwieriger zu beantworten, zumal der den Ausbruch auslösende Patient bereits verstorben war. Marissa kehrte in die Haupthalle zurück und beobachtete aufmerksam die durchkommenden Personen, bis sie erraten konnte, wo der Umkleideraum für die Ärzte war. Sie richtete es so ein, daß sie zugleich mit einem Arzt an der Tür dort ankam, der anhielt und dem Mann am Informationsschalter ein Zeichen gab. Die Tür öffnete sich, und Marissa schlüpfte mit dem Mann hinein.
Drinnen gelang es ihr, einen langen Ärztekittel zu erwischen, dessen Ärmel
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