Virus
Wohnung besucht. Sie stieg die Stufen vor dem Eingang hinauf und schaute nach der richtigen Klingel. Es war fast neun und schon dunkel.
Sofort, als Marissa Tad sah, wußte sie, daß er bekommen hatte, was sie wollte. Sein Lächeln beim Öffnen der Tür verriet ihr das.
Sie ließ sich in ein mit Kissen überfülltes Sofa fallen und wartete, während Tads dicke Katze sich schon wohlig an ihrem Bein rieb, gespannt auf das, was Tad ihr sagen würde.
Mit selbstzufriedenem Grinsen hielt ihr Tad den Computerausdruck der gewünschten Liste hin. »Ich habe einfach gesagt, daß wir eine interne Untersuchung über die Besuchshäufigkeit durchführen«, sagte er dazu. »Die kamen gar nicht auf die Idee, weitere Fragen zu stellen.«
Während Marissa schon die erste Seite umblätterte, stellte sie fest, daß für jeden Besuch im Hochsicherheitslabor der Name des Besuchers und seine Eingangs- und Ausgangszeit genau festgehalten waren. Sie ging die Liste durch und bemerkte, daß ihr nur wenige der Namen geläufig waren. Am häufigsten kam Tads Name vor.
»Jeder weiß, daß ich der einzige am Seuchenkontrollzentrum bin, der dort regelmäßig arbeitet«, sagte er lachend.
»Ich hätte nie gedacht, daß die Liste so umfangreich ist«, meinte Marissa und blätterte die Seiten durch. »Hat eigentlich jeder auf der Liste weiterhin Zugang?«
Tad lehnte sich an Marissas Schulter und überflog die Seiten. »Geh doch mal zum Anfang zurück.«
»Der Bursche da«, sagte er und deutete auf einen Namen, »Gaston Dubois, hat jetzt keine Zugangserlaubnis mehr. Er kam von der Weltgesundheitsorganisation und war nur zu einem kurzen Besuch hier. Und der da«, damit wies er auf einen einzelnen Eintrag für einen gewissen Harry Longford, »war ein Harvard-Student in einem höherenSemester und erhielt nur wegen eines besonderen Projekts einmal Zugang.«
Marissa fiel der Name von Oberst Woolbert auf, der mehrfach eingetragen war, und der eines gewissen Heberling, der ein regelmäßiger Besucher bis Ende September gewesen zu sein schien. Danach tauchte sein Name nicht mehr auf. Marissa erkundigte sich nach ihm.
»Heberling arbeitete regelmäßig hier«, erklärte Tad. »Vor sechs Monaten hat er eine andere Aufgabe übernommen. Es gab viel Wechsel auf dem Gebiet der virologischen Forschung, seit erhebliche Mittel für die Forschung im AIDS-Bereich frei geworden sind.«
»Wo ist er denn hingegangen?« fragte Marissa, während sie schon auf die nächste Seite umblätterte.
Tad zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Ich glaube, er wollte nach Fort Detrick gehen, doch er und Oberst Woolbert verstanden sich nicht sonderlich. Heberling ist ein tüchtiger Bursche, aber nicht so ganz einfach im persönlichen Umgang, und es gab Gerüchte, daß er auf Dubcheks Posten scharf sei. Ich bin froh, daß er ihn nicht bekam. Ich fürchte, daß er mir das Leben ziemlich schwergemacht hätte.«
Marissa blätterte die Liste bis Januar durch und stieß dabei mehrfach auf einen Namen, der im Abstand von zwei Wochen auftauchte: Gloria French. »Wer ist das?« fragte sie.
»Gloria ist von der Abteilung für parasitäre Erkrankungen. Sie benutzt das Labor gelegentlich für Arbeiten zu Problemen vektorbezogener Viren.«
Marissa rollte den Computerausdruck zusammen.
»Zufrieden?« fragte Tad.
»Es ist sogar ein bißchen mehr, als ich erwartet hatte«, bestätigte Marissa. »Ich bin dir wirklich dankbar für deine Bemühungen. Aber da ist noch etwas …«
»O nein!« sagte Tad.
»Nur die Ruhe«, gab Marissa zurück. »Du hast mir dochgesagt, daß die aufgetretenen Ebola-Viren in Los Angeles, St. Louis und Phoenix alle vom selben Stamm waren. Ich wüßte doch wirklich zu gerne, wie du das festgestellt hast!«
»Aber das gesamte Material darüber befindet sich im Hochsicherheitslabor«, sagte Tad schwach.
»So?« entgegnete Marissa nur.
»Du hast doch noch keine Zugangsbewilligung erhalten«, gab ihr Tad zu bedenken – er wußte sehr gut, was jetzt kommen würde.
»Was mir fehlt«, sagte Marissa, »ist die Erlaubnis, dort Untersuchungen durchzuführen. Das heißt also, daß ich nicht allein reingehen darf. Aber es ist doch was ganz anderes, wenn ich mit dir reingehe, besonders, wenn sonst niemand da ist. Es gab doch keinerlei Probleme, als wir neulich gemeinsam dort waren, oder?«
Das mußte Tad zugeben. Es hatte keinerlei Schwierigkeiten gegeben – warum sollte man es nicht ein zweites Mal riskieren? Man hatte ihm niemals ausdrücklich gesagt, daß er keine
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