Virus
hier.«
Tad brauchte einen Augenblick, um sich zu erinnern, wo er denn nun stehengeblieben war, und fuhr dann mit seinen Erläuterungen fort. Doch Marissas Gedanken schweiften wieder ab – sie machte sich im Geist eine Notiz, an die Firma Labortechnik zu schreiben.
»Na, was hältst du davon?« fragte Tad am Ende seiner Ausführungen.
»Ich bin wirklich beeindruckt«, antwortete Marissa, »aber auch furchtbar durstig. Komm, jetzt gehen wir was trinken!«
Auf dem Rückweg führte Tad sie noch in sein kleines Büro und zeigte ihr anhand seiner Unterlagen, wie genau sich seine Untersuchungsergebnisse ineinanderfügten zum Nachweis dafür, daß es sich bei dem dreimaligen Auftreten der Krankheit tatsächlich nur um einen einzigen Ausbruch gehandelt habe.
»Hast du den amerikanischen Stamm auch schon mit den afrikanischen verglichen?« fragte sie ihn.
»Noch nicht«, gab Tad zu.
»Verwendest du dafür jeweils die gleichen Formulare oder Dokumentationsblätter?«
»Aber sicher«, bestätigte Tad. Er zog die unterste Lade seines Schreibtisches auf, die mit Hängemäppchen derart vollgestopft war, daß er Mühe hatte, einige davon herauszuziehen. »Hier sind die Unterlagen für den Sudan, und das da sind die für Zaire.«
Er legte sie vor Marissa hin und nahm wieder Platz.
Marissa öffnete das oberste Ablagemäppchen. Auf den ersten Blick schienen sich die Eintragungen zu decken, aber Tad wies auf wesentliche Abweichungen bei fast allen Ebola-Proteinen hin. Dann öffnete Marissa die zweite Mappe. Tad beugte sich vor, nahm eines der Werteblätter heraus und legte es zum Vergleich neben jene, die er zuletzt erstellt hatte.
»Das kann ich nicht glauben!« Er griff nach ein paar weiteren Bogen und ordnete sie in Reihenfolge auf seinem Schreibtisch.
»Was denn?« fragte Marissa.
»Ich muß das alles morgen mit einem Spektralphotometer überprüfen, um wirklich sicher zu sein.«
»Sicher worüber?«
»Hier liegt eine nahezu vollständige strukturelle Homologie vor!« sagte Tad.
»Bitte drück dich verständlich aus«, bat Marissa. »Was meinst du damit?«
»Der Zaire-Stamm von 1976 ist genau derselbe wie der von deinen letzten drei Ausbrüchen!«
Für einige Augenblicke starrten Marissa und Tad einander schweigend an. Schließlich fragte Marissa: »Das heißt also, daß es von Zaire im Jahre 1976 bis Phoenix 1987 nur einen einzigen Ausbruch der Krankheit gegeben hat?«
»Das ist völlig unmöglich!« rief Tad aus und wandte sich erneut den Unterlagen zu.
»Aber genau das sagst du doch«, beharrte Marissa.
»Ich weiß«, antwortete Tad. »Aber ich glaube eher, daß es sich da um einen statistischen Irrtum handelt.« Er schüttelte den Kopf, dann wandten sich seine hellblauen Augen wieder Marissa zu. »Es ist jedenfalls sehr erstaunlich – mehr kann ich im Augenblick nicht sagen.«
Nachdem sie über den Verbindungssteg wieder in das Hauptgebäude zurückgekehrt waren, bat Marissa Tad für einen Augenblick in ihr Büro, wo sie noch rasch einen kurzen Brief schrieb.
»Wer ist denn so bedeutend, daß du ihm jetzt noch mitten in der Nacht schreiben mußt?« fragte Tad.
»Ach, ich wollte das nur schnell erledigen, solange ich es noch im Kopf habe«, gab Marissa zurück. Sie zog den Brief aus der Maschine und steckte ihn in einen Umschlag. »So, ich hoffe, daß es nicht zu lange gedauert hat.« Dann suchte sie in ihrer Tasche nach einer Briefmarke. Der Empfänger des Briefes war die Firma Labortechnik in South Bend, Indiana.
»Was in aller Welt hast du denn denen zu schreiben?« fragte Tad.
»Ich möchte von ihnen Informationen über das Filtersystem vom Typ HEPA 3.«
Tad stutzte. »Wieso das?« hakte er mit einem Unterton von Besorgnis nach. Er wußte, daß Marissa impulsiv war, und fragte sich, ob es nicht vielleicht ein Fehler gewesen sei, Marissa ein weiteres Mal in das Hochsicherheitslabor mitgenommen zu haben.
Marissa lachte. »Wenn Dubchek sich weiterhin weigert, mir die Zugangserlaubnis für das Hochsicherheitslabor auszustellen, muß ich mir am Ende ein eigenes bauen!«
Tad wollte etwas erwidern, aber Marissa packte ihn am Arm und zog ihn in Richtung Aufzug mit sich.
KAPITEL 9
17. Mai
Marissa stand mit einem Gefühl der Entschlossenheit früh auf. Es war ein herrlicher Frühlingsmorgen, und sie nutzte ihn voll aus, indem sie mit Taffy ausgiebig joggte. Selbst der Hund schien das schöne Wetter zu genießen und rannte unermüdlich um Marissa herum, während sie kreuz und quer durch die
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