Vittorio
stattliche Francesco, Herzog von Mailand werden - er hatte sowieso schon alle mit seinem Charme eingewickelt: vom Papst bis hin zu Cosimo.
Das entspricht der Wahrheit. Finden Sie es etwa nicht interessant? Sie können es nachlesen. Ach, ich habe zu erwähnen vergessen, dass von dem Herzog Filippo Maria gesagt wurde, er habe sich ein schalldichtes Gemach in seinem Palast bauen lassen, da er sich so schrecklich vor Gewittern fürchtete!
Da gibt es noch mehr zu sagen. Sforza musste Mailand mehr oder minder auch vor anderen Angreifern schützen, die es vereinnahmen wollten, und Cosimo war gezwungen, ihn zu unterstützen, sonst hätten sich die Franzosen auf uns gestürzt, oder es wäre noch schlimmer gekommen.
Das alles war recht amüsant, und wie ich schon sagte, war ich schon in jungen Jahren gut darauf vorbereitet worden, entweder in den Krieg zu ziehen oder ein höfisches Leben zu führen. Aber dieser Krieg und diese beiden Persönlichkeiten kannte ich nur aus Tischgesprä-
chen, und jedes Mal, wenn sich jemand über den verrückten Herzog Filippo Maria und seine kranken Spiel-chen mit der Schlange im Ärmel ausließ, blinzelte mein Vater mir zu und flüsterte mir ins Ohr: »Es geht doch nichts über reines blaues Blut, mein Sohn.« Und dann lachte er.
Was nun den romantisch verklärten, tapferen Francesco Sforza betraf, sagte mein Vater klugerweise nichts, solange der Mann für unseren Gegner, den Herzog, kämpfte, doch als wir uns erst einmal alle gemeinsam gegen das Herzogtum Mailand gewandt hatten, gab mein Vater natürlich Kommentare zu dem kühnen Francesco ab, der aus eigener Kraft zum Erfolg gelangt war, und auch zu seinem beherzten Vater.
In früheren Zeiten hatte sich noch ein weiterer herrlich verrückter Kerl in Italien getummelt, ein Freibeuter und Haudegen namens Sir John Hawkwood, der seine Söldner gegen alle und jeden führte, selbst gegen Florenz.
Aber letztendlich hatte er Florenz doch Treue geschwo-ren, war sogar ein Bürger der Stadt geworden, und als er diese Welt verlassen musste, haben die Florentiner ihm sogar ein großartiges Denkmal in der Kathedrale errichtet! Das war ein Zeitalter!
Damals war man als Söldner wirklich gut dran; wissen Sie, man konnte wählerisch sein, man konnte sich aussuchen, wo man kämpfte, und man konnte sich mehr oder auch weniger engagieren.
Aber genauso erfreulich war das Zeitalter für die, die sich mehr für Dichtung und Malerei interessierten und gern in Bequemlichkeit und Sicherheit gebettet in den Gemäuern ihrer Ahnen lebten oder durch die geschäftigen Straßen der blühenden Städte wanderten. Wenn man nur ein wenig Bildung und Erziehung genossen hatte, konnte man sich aussuchen, wie man leben wollte.
Doch man musste auch sehr vorsichtig sein. Adelige wie mein Vater kamen in diesen Kriegen um. Gebirgige Landstriche, die frei und sich selbst überlassen gewesen waren, konnten leicht eingenommen und zerstört werden.
Hin und wieder geschah es, dass jemand, der sich eigentlich so ziemlich aus allem herausgehalten hatte, eine ungünstige Äußerung über Florenz machte, und schon kamen mit Geklirr und Schwertgeklapper die Söldner und machten alles dem Erdboden gleich.
Übrigens gewann Sforza den Kampf gegen Mailand, unter anderem auch deshalb, weil Cosimo ihm die benötigten Gelder lieh. Was danach folgte, war das reinste Durcheinander.
Nun, ich könnte endlos fortfahren, dieses wundersame Land der Toskana zu beschreiben.
Kälte und Trauer überkommen mich, wenn ich versuche, mir vorzustellen, was aus meiner Familie geworden wäre, wenn dieses Übel nicht über uns gekommen wäre. Ich kann mir meinen Vater nicht als alten Mann vorstellen oder mich selbst, wie ich mich im Alter abmühe, oder wie meine Schwester an einen Aristokraten aus der Stadt, nicht an einen Landadeligen verheiratet wird, was ich mir für sie gewünscht hatte.
Es bedeutet für mich gleichzeitig Schrecknis und Wonne, zu sehen, dass es in ebendiesen Bergen immer noch Dörfer und Bauernflecken gibt, die aus jener Zeit stammen - die nie, niemals untergegangen sind, die die schlimmsten Kriege der Moderne überstanden haben und immer noch blühen und gedeihen mit ihren kleinen gepflasterten Marktplätzen und den Töpfen mit roten Gera-nien in den Fenstern. Und überall haben auch Burgen dem Lauf der Zeit getrotzt, vom Leben vieler Generatio-nen erfüllt.
Hier, an diesem Ort, gibt es nur Finsternis. Hier ist nur Vittorio, der beim Licht der Sterne schreibt. Brombeerranken und
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