Viva Espana
nicht übel, denn sie liebte ihn. Sie ließ die Hände über ihren Bauch gleiten und gestand sich ein, wie gut ihr der Gedanke gefiel, vielleicht noch ein Kind von Ruy zu bekommen. Dann betrachtete sie ihren schlafenden Ehemann und wünschte sich, sie könnte ihm irgendwie helfen.
10. KAPITEL
Am nächsten Morgen stand Davina nach einer ziemlich schlaflosen Nacht sehr früh auf.
Ganz allein schlenderte sie durch den Innenhof, und die junge Frau, die den Frühstückstisch deckte, lächelte sie freundlich an. Die Tasse Kaffee, die sie ihr anbot, trank Davina langsam, während der Plan, den sie sich zurecht gelegt hatte, feste Formen annahm. Es war gefährlich, was sie vorhatte, vielleicht sogar lebensgefährlich, aber sie musste es wagen.
Unter dem Vorwand, die Tasse zurückbringen zu wollen, ging sie in die Küche.
Dolores unterhielt sich gerade mit ihrem Mann. Sie begrüßte Davina freundlich. „Enrique wartet auf den Patron. Um diese Zeit geht er normalerweise zu den Stieren."
Genau das hatte Davina sich bestätigen lassen wollen. Da Dolores es von sich aus erwähnt hatte, erübrigte sich jede Frage. Während sie noch mit Dolores redete, rief Ruy Enrique übers Haustelefon an.
Schließlich ging Davina betont gleichgültig hinaus in den Sonnenschein. Die Stiere auf den Koppeln waren sehr unruhig. Davina hörte das Gebrüll schon von weitem, ehe sie die Tiere überhaupt sehen konnte. Ihr verkrampfte sich der Magen, als sie den ersten Stier erblickte. Sein Fell war so schwarz wie Ruys Haar, und die geröteten Augen funkelten böse, als er den Kopf mit den spitzen Hörnern hin-und herwarf. Sie zuckte zusammen und versuchte, ihn zu ignorieren. Dann sah sie Enrique und Ruy, die auf die Koppel zugingen, und stellte sich unter einen Olivenbaum. Wenn die beiden sie entdeckten, würde sie behaupten, sie wolle nur einen Spaziergang machen.
Aber niemand bemerkte sie. Enrique erzählte Ruy etwas, und er hörte aufmerksam und mit gerunzelter Stirn zu.
Davina wusste, dass die Stiere an diesem Morgen zum Abtransport von der Weide über den Hof in die Boxen getrieben werden sollten. Es war nicht ungefährlich, denn der Hof war nicht eingezäunt. Deshalb mussten die Männer auf ihren Pferden sehr aufmerksam sein und durften sich keinen Fehler erlauben. Wenn es einem der Tiere gelingen würde auszubrechen, wäre ein erneuter Unfall sicher unvermeidlich.
So war auch Ruys Unfall passiert. Ein junger Mitarbeiter hatte einige Sekunden nicht gut genug aufgepasst. Mit feuchten Händen wischte Davina sich die Schweißperlchen von der Stirn. Sie war sich sicher, denselben Geruch nach Blut, Hitze und Sand wahrzunehmen wie am Tag zuvor in der Arena.
Enrique begleitete Ruy zu den Boxen, ehe er den Männern, die am Tor zu der Weide warteten, etwas zurief.
Es muss gelingen, es darf nicht schief gehen, sagte Davina sich, als die Männer die Stiere antrieben. Aber was auch passieren würde, Ruy war in Sicherheit. Und sie selbst?
Sie erbebte bei dem Gedanken an die spitzen Hörner und blutunterlaufenen Augen der Stiere. Carlos hatte ihr erzählt, so wie der Matador sich den Stier aussuche, den er töten wolle, suche sich auch der Stier den Menschen aus, den er auf die Hörner nehmen wolle.
Sie versuchte, die Panik, die in ihr aufstieg, zu unterdrücken, und wartete, bis sie sich vergewissert hatte, dass die Stiere in den Hof getrieben wurden; Sehen konnte sie jedoch zunächst nur das kräftige schwarze Tier, das ihr zuvor schon aufgefallen war.
Wild entschlossen eilte Davina auf den Hof zu. Hinter ihr ertönten die Stimmen der Männer, die die Stiere kontrollierten, und sie hörte das Klappern der Pferdehufe auf dem Kopfsteinpflaster. Plötzlich bemerkte man Davina. Besorgt und aufge regt forderte man sie auf, nicht weiterzulaufen.
Davina konzentrierte sich jedoch auf Ruy und ignorierte die Zurufe. Sie hätte noch Zeit gehabt, sich in Sicherheit zu bringen vor den schweren, kräftigen Stieren mit den spitzen Hörnern, die schon bald über sie hinwegtrampeln würden. Aber sie rannte unbeirrt weiter.
Jetzt waren die Tiere zwischen ihr und den Männern, die sie antrieben. Aus den Augenwinkeln erblickte sie den schwarzen Stier. Als die Männer vor Entsetzen schwiegen, wusste sie, dass ihr Plan funktionierte und das Tier sie entdeckt hatte. Und erst in dem Moment lief sie so schnell, wie sie konnte, quer über den Hof und änderte die Richtung, als das Gestampfe der Hufe nä her kam.
Schließlich verfolgte sie nur noch der schwarze
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