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Vollmondstrand

Vollmondstrand

Titel: Vollmondstrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra M Klikovits
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ein und schaltete den Computer ab. Das würde wieder länger dauern. Anastasia war ein unverbesserlicher Fall. Rosa und sie kannten einander seit der Studienzeit, in der Anastasia die Rolle einer geachteten Rotweinachteltrinkerin im Cafe Europa innehatte. Das zumindest hatte sich geändert. Aber was kam stattdessen? Seelenstriptease und Aussagen wie: ›Das macht Sinn, das passt so für mich, und wie geht’s dir damit?‹
    »Mensch, Rosa, ich versteh das nicht.« Ihre Stimme klang dünn und beunruhigt. »Zuerst macht er sich an mich ran, bringt mir einen Bagel mit, und dann ignoriert er mich wieder!«
    »Was habt ihr gestern noch gemacht?« Rosa kannte die ganze Geschichte. Nicht, dass sie diese unbedingt hören wollte, Anastasia hatte ihr ungefragt sämtliche Details quasi ›umgehängt‹.
    »Nichts. Über seine Ausbildung zum Obertherapeuten und über seine unglückliche Ehe geredet, das war alles. Er wird jetzt befördert und, weißt du, das mit seiner Frau existiert nur auf dem Papier. Sie lieben sich nicht mehr.«
    »Aha, na ja.« Immer dieselbe Geschichte, dachte sie. Konnten sich Männer nicht einmal etwas Neues ausdenken? Laut blies sie die Luft aus den Wangen.
    »Es ist immer dasselbe. Ich verstehe es nicht. Wieso ist das so, Rosa? Er klettert genauso gern wie ich im Gesäuse. Das heißt doch was!« Anastasias Stimme überschlug sich beinahe.
    »Ja, meine Liebe, das heißt, dass er auch gern klettert. Sonst nichts.« Rosa spürte den Boden unter ihren Füßen wieder.
    »Mensch, was ist denn mit dir los? Du willst mich nicht verstehen. Hast du Stress?« Auch Anastasia schien gelandet zu sein.
    »Nein. Aber ich muss jetzt los.«
    Das ›Du bist ja ärger als meine Patienten‹ verkniff sich Rosa. Sonst wäre die Situation wirklich stressig geworden. Und sie mochte Anastasia ja auch. Sie hatten schon so viel zusammen erlebt. Da gab es immer wieder Durststrecken, wer kannte die nicht?
    Aber, warum, um aller Himmel willen, gaben manche Kollegen und -innen ihren Hausverstand am Eingang ihrer eigenen Haustür ab?
    Sie dachte daran, wie oft sie Anastasia ein simples ›Er steht einfach nicht auf dich‹ als Zusammenfassung all ihrer verirrten Möchtegern-Amouren an den Kopf schleudern wollte, als kleinstes gemeinsames Vielfaches sozusagen.
    Letztes Jahr war ein Kinofilm mit diesem Titel gelaufen, den sie zusammen hätten anschauen können. Leider hatte Anastasia nie Zeit gehabt oder Rosa nie den Mut, sie zu fragen. Wer weiß.
    Rosa legte das Telefon zur Seite und holte den Einkaufskorb. Nach jeder Reise ergab sich zwangsläufig dieser Neustart zu Hause: Leere im Kühlschrank. Auf der einen Seite konnte er mit kulinarischen Reisemitbringseln befüllt werden und auf der anderen mit bevorzugten Esswaren von daheim. Auf jeden Fall empfahl sich eine Flasche Wein, gleichsam als Übergang von der alten Ordnung zur neuen. Manchmal war die neue Ordnung zu Hause und manchmal lag sie Tausende Kilometer weit weg. Rosa hatte das Gefühl, als wäre sie diesmal neben dem Jamón Ibérico in der Ferne geblieben.
    Rosa ging gern einkaufen. Ein nur halbvoller Kühlschrank konnte ihre Lebenslust kaum ankurbeln. Voll musste er sein, schließlich war nicht abzuschätzen, wonach es sie zu späterer Stunde gelüsten würde.
    Am liebsten stöberte sie an Orten, wo sie niemand kannte, und ganz ohne Zeitdruck.
    Am Reisekoffer im Eingangsbereich lief sie achtlos vorbei. Koffer standen in ihrem Haus lang herum, besonders nach der Ankunft. Als müssten sie den weiten Weg zurück nach Hause nicht fliegen, sondern rollen, um endlich ankommen zu können.

3
    »Grüß Sie, Frau Doktor, gut, dass Sie wieder da sind!«, Rosa war gerade dabei, ihren Einkaufswagen von der Gemüseabteilung zum Käseregal zu navigieren, als eine grell geschminkte ältere Dame sie auf Höhe der Milchprodukte ansprach. »Ich hab schon zu meinem Mann gesagt, Gustav, ruf nicht an bei der Frau Doktor, die braucht auch ihre Ferien, aber jetzt, wo Sie wieder da sind … kann ich heute Nachmittag kommen?« Und nach einer kleinen Pause setzte sie nach: »Weil, mir geht’s ganz schlecht!«
    Der Gesichtsausdruck der Frau erhellte sich für einen Moment, als Rosa ihr die Zeit nannte, wann sie später anrufen konnte. »Ich habe keinen Kalender bei mir, leider!« Mit dieser Erklärung war die Dame vorerst zufrieden und Rosa befreit. Käse mochte sie nun keinen mehr. ›Leider‹ war nicht ganz richtig, dachte sie mit dem Anflug eines Grinsens, es war schon eher weise

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