Vom Geist der Dorsai
gelebt, und wir sind auch dazu bereit, für sie zu sterben, jeder einzelne von uns – für die Partei, die über jene Kraft und Entschlossenheit verfügt, um unsere Welt zu retten. Ganz gleich, was wir jetzt noch unternehmen – wir sind ohnehin schon so gut wie tot. Dachten Sie, wir wüßten das nicht? Glauben Sie, wir wissen nicht, was mit uns geschieht, wenn wir dumm genug sind, Ihren Rat anzunehmen und uns zu stellen? Ihre Leute würden uns in der Luft zerreißen. Und wenn danach noch etwas von uns übrig wäre, müßten wir damit rechnen, vor Gericht gestellt, verurteilt und dann hingerichtet zu werden. Wir haben Sie nur hereinkommen lassen, damit wir Sie wie Ihren Zwillingsbruder umlegen können, bevor wir selbst erschossen werden. He, begreifen Sie das nicht, Mann? Sie haben sich uns selbst ausgeliefert – wie eine Mücke, die der Spinne ins Netz fliegt, ohne sich über die Konsequenzen im klaren zu sein.“
„Ich wußte es“, sagte Ian.
Der Ringer runzelte die Stirn, und die Mündung des Hitzewerfers, den er in der einen dicken Hand hielt, kam in die Höhe.
„Was meinen Sie damit?“ fragte er scharf. „Was immer Sie auch in petto zu haben glauben, es nützt Ihnen nichts mehr. Warum sollten Sie in vollem Bewußtsein dessen, was Sie hier erwartet, hereingekommen sein?“
„Die Dorsai sind Berufssoldaten“, entgegnete Ians ruhige und gelassene Stimme. „Wir leben und überleben aufgrund unserer Reputation. Ohne diesen Ruf könnte sich niemand von uns seinen Lebensunterhalt verdienen. Und diese Reputation der Dorsai im allgemeinen ist die Summe der Reputation der einzelnen Männer und Frauen unseres Volkes. Deshalb handelt es sich bei dem beruflichen Leumund von Truppenkommandeur Kensie Graeme um ein kostbares Gut, das auch nach seinem Tod gehütet werden muß. Ich bin aus diesem Grund zu Ihnen gekommen.“
Der massige Mann kniff die Augen zusammen. Er allein führte das Gespräch mit Ian, und seine beiden Begleiter schienen damit durchaus zufrieden zu sein.
„Und eine solche Reputation ist es wert, dafür zu sterben?“ fragte er.
„Ich bin seit achtzehn Jahren bereit, für meinen Ruf in den Tod zu gehen“, gab Ian schlicht zurück. „Heute ist das nicht anders als gestern.“
„Und Sie sind zu uns gekommen, weil …“ Die Stimme des ehemaligen Ringers brach mit einem Schnauben ab. „Ich kann es nicht glauben. He, ihr beiden, behaltet ihn gut im Auge!“
„Halten Sie es, wie Sie wollen“, sagte Ian. „Es ist genauso, wie ich Ihnen sagte: Ich bin hereingekommen, um gewissen Geschehnissen vorzubeugen, die die Berufsreputation von Truppenkommandeur Kensie Graeme beflecken könnten. Wie Sie unschwer erkennen werden …“ – er drehte den Kopf ein wenig auf die Seite, als wollte er auf etwas hinter ihm Verborgenes deuten – „… habe ich Ihren Meldeschirm eingeschaltet, so daß die Leute draußen im Korridor sehen können, was hier drinnen vor sich geht.“
Die drei Männer hoben ruckartig die Köpfe, um auf den Innenschirm des Melders zu starren, der irgendwo über Ian angebracht war. Es kam zu einer undeutlichen, blitzartigen Bewegung, mit der Ians tief gebräunter Körper durch die Luft flog, dann krachte etwas, und der Bildschirm war wieder blind.
Und wir draußen auf dem Korridor waren erneut akustisch und optisch isoliert. Wir blickten stumm auf den nun wieder grauen Monitor, dann auf die Tür. Pel, der neben mich getreten war, wollte auf sie zugehen.
„Halt!“ zischte Charley.
Dieses eine scharfe Wort wirkte wie ein an ein Haustier gerichteter Befehl. Pel fuhr zusammen, als es ertönte, blieb aber ganz automatisch stehen – und genau in diesem Augenblick kam es im Innern des Apartments zu einer dröhnenden Explosion, die die Tür aus der Fassung schleuderte.
„Los, kommt!“ schrie ich und warf mich durch den nun offenen Zugang.
Es war, als tauchte man in eine Zentrifuge, die mit umherwirbelnden Leibern gefüllt war. Ich duckte mich, um der heranfliegenden Gestalt von einem der Männer auszuweichen, die ich auf dem Bildschirm gesehen hatte. Doch sein Bein knallte gegen meinen Kopf, und ich rollte halb benommen und desorientiert mitten hinein ins Gewühl. Die einzelnen Bewegungen um mich herum schienen ineinander zu verschwimmen. Ich war umgeben von einem donnernden Chaos aus Explosionen und aufflackernden Feuerblitzen – und im Brennpunkt von alldem gelang es dem aufragenden und dunklen Körper Ians irgendwie, sich mit der tödlichen Sicherheit eines Panthers zu
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