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Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Titel: Die Känguru-Offenbarung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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Müßiger Leser! Ohne Schwur magst du mir glauben, dass ich wünsche, dieses Buch, das Kind meiner Formulierungskunst, wäre das schönste, lustigste und verständigste, das man sich nur vorstellen kann. Ich habe aber unmöglich dem Gesetze der Natur zuwiderhandeln können, dass jedes Wesen sein Ähnliches hervorbringt. Was konnte also mein unfruchtbarer, ungebildeter Geist anderes niederschreiben als die Geschichte eines aufmüpfigen und vorlauten Kängurus, das wunderlich und voll seltsamer Geschäftsideen ist, die vorher noch niemand beigefallen sind.
    Ich wollte dir diese Geschichte nackt und bloß überreichen, ohne den Schmuck eines Prologs, ohne die unzählige Schar der herkömmlichen Sonette, Epigramme und Empfehlungsgedichte, die man vor den Anfang der Bücher zu setzen pflegt, doch mein Lektor zwingt mich dazu.
    Aber ich muss dir sagen, ob mir das Buch auszuarbeiten wohl einige Mühe kostete, ich doch die für die größte halte, diese Vorrede zu machen, die du jetzt liesest. Indem ich nun nachdenkend bin, das Papier vor mir, die Feder hinter dem Ohre, den Ellenbogen auf dem Tische und die Hand an der Wange, wohl sinnend, was ich sagen solle, tritt ein Känguru, das munter und verständig ist, herein, und wie es mich so schwermütig sieht, fragt es nach der Ursache; ich verhehlte sie ihm nicht, sondern sagte, wie ich auf den Prolog sönne, den ich zur Geschichte seiner Offenbarung machen wolle, und dass mich dies so anstrenge. Als das Känguru dies hörte, schlug es sich vor die Stirn, brach in das lauteste Gelächter aus und sagte:
    »Erst jetzt komme ich aus meinem Irrtum, in dem ich so lange gelebt habe, seit ich Euch kenne, indem ich Euch nämlich nach all Euren Handlungen immer für einen vernünftigen und verständigen Menschen gehalten habe. Aber jetzt sehe ich, dass Ihr ebenso weit davon entfernt seid, wie es der Himmel von der Erde ist. Wie ist es möglich, dass so geringfügige Dinge, die so leicht zu machen sind, stark genug sein sollen, einen so reifen Geist, wie der Eurige ist, zu binden und zu verwirren, dem es ein Leichtes ist, durch weit größere Schwierigkeiten zu brechen? Ihr setzt Euch in Eurem Buche nichts weiter vor, als Euch über das Ansehen lustig zu machen, in dem bei der Welt und dem Haufen die Fantasy-Trilogien, die historischen Kriminalromane, die religiösen Schriften und die BWL-Lehrbücher stehen. So nehmt für Euren Prolog doch einfach die Vorrede aus Leben und Taten des scharfsinnigen Edlen Don Quijote de la Mancha und tauscht ein paar Schlüsselwörter aus.«
    In andächtigem Stillschweigen hörte ich dem Rat des Kängurus zu, und seine Gedanken waren mir so einleuchtend, dass ich sie, ohne mit ihm zu disputieren, billigte, ja mir selbst vornahm, aus ihnen diesen Prolog zu bilden.
    Lebe wohl!



»Das mit den Selbstgesprächen«, sage ich, »das wird langsam wirklich bedenklich.«
    »Ja«, sage ich. »Absolut.«
    Ich schleppe meine Gitarre und meinen Rollkoffer die Treppen des U-Bahnhofes hoch. Es nieselt. Ein paar nasse Blätter wehen mir ins Gesicht. Eine Rolle meines Rollkoffers ist zu Beginn dieser Tour kaputtgegangen. Er humpelt.
    »Es ist deprimierend«, sage ich.
    »Ja«, sage ich.
    An einer Straßenlaterne auf meinem Nachhauseweg hängt Jörg Dwigs, der Spitzenkandidat der rechtspopulistischen Partei für Sicherheit und Verantwortung. Leider hängt er nicht selbst von der Laterne. Es ist nur ein Wahlplakat. Darauf erhebt Dwigs streng den Zeigefinger. Direkt unter dem Plakat wurde eine Werbung für ein Kindertheater befestigt. Darauf steht in großen Lettern: »Der Kasper kommt!«
    Ich gehe näher ran. Am unteren Rand der Kasper-Werbung steht: »Dies ist ein Anti-Terror-Anschlag des Asozialen Netzwerkes !« Ich nicke und blicke die Straße hinauf. Unter wirklich jedem Dwigs-Plakat steht: »Der Kasper kommt!«
    »Schön«, murmle ich.
    »Ja«, sage ich. »’ne runde Sache.«
    »Du redest schon wieder mit mir«, sage ich.
    »Ja. Ist mir auch aufgefallen«, sage ich.
    Im Schaufenster der Buchhandlung Carl Conrad Curcuma suche ich nach meinem neuen Buch. Vergeblich. Ich hole ein Känguru-Manifest aus meinem Rollkoffer, betrete den Laden und lege das Buch heimlich ins Schaufenster. Ich hole ein weiteres Exemplar aus dem Koffer und gehe damit zur Kasse.
    »Dieses Buch hier …«, spreche ich die Buchhändlerin an, »können Sie es empfehlen?«
    »Na ja«, sagt die Frau und rückt ihre Brille zurecht. »Viel Schönes dabei.«
    »Viel Schönes dabei?«, frage ich. »Was

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