Vom Kämpfen und vom Schreiben
Ratgeber-Manuskript, das schon so oft ungelesen abgelehnt wurde. Kamilla will es lesen. Und dann ruft sie mich an: Sie will »Auch ohne Moos was los« veröffentlichen.
Wahnsinn, ich glaube es kaum! Ich unterschreibe meinen ersten, richtigen, seriösen Verlagsvertrag.
Zweitausend Stück wird Kamilla Jansen drucken, das ist für eine Erstauflage im Kleinverlagsbereich sehr viel, wie ich erfahre. Die meisten Kleinverlage drucken zweihundert oder weniger, können dann aber auch schnell mit dem Prädikat »xte Auflage« werben. Kamilla sagt, wenn sie zweitausend drucken lässt, dann ist die Herstellung billiger, und dann würde sie nach Abzug aller Kosten wie Steuern, Druck, Satz, Vertrieb und meinem Honorar wenigstens auch ein paar Kröten verdienen. Ich bin erstaunt, denn ich dachte immer, dass Verleger gut verdienen, wenn sie gut verkaufen.
Kamilla sichert mir vertraglich zehn Prozent vom Nettoladenpreis zu. Das Buch wird knapp dreizehn Mark kosten, ich rechne also mit einer Mark und dreißig Pfennig Honorar pro Buch. Wenn die zweitausend verkauft sind, ist das ja schon mal was, denke ich.
In drei Monaten wird mein Buch erscheinen. Unter einem anderen Titel, denn mein Arbeitstitel ist schon belegt. Gemeinsam mit Kamilla überarbeite ich das Manuskript. Immer wieder. Wir entscheiden im Team, welche Farbe, welches Papier und welche Schrift das Cover haben soll. Wir besprechen das Format, den Preis und das Erscheinungsdatum. Dann kommt ein Fax von Kamilla: »Dein Buch ist druckfrisch auf dem Weg zu dir.«
Fünf Tage braucht die Post, um das Päckchen zuzustellen, fünf Tage, die mir wie fünf Monate vorkommen. Dann ist es da.
Ich packe es mit feuchten Händen aus und beginne vor Freude zu tanzen. Mein Buch. Mein eigenes Buch. Mein Erstling. Mein Werk. Ich habe ein Buch geschrieben. Es wurde gedruckt. Von einem richtigen Verlag. Und ich habe keinen Pfennig dazubezahlt. Nur Kinder kriegen ist schöner.
Klinken putzen, kalte Akquise und warme Worte
Jetzt geht die Arbeit richtig los. In den drei örtlichen Buchhandlungen frage ich, ob sie mein Buch anbieten wollen, ob Interesse an Signierstunden besteht, ich stelle der Stadtbücherei und den beiden Lokalzeitungen die Neuerscheinung vor. Und dann stehe ich eines Tages vor dem Schaufenster der Buchhandlung an der Ecke. Darin liegt: mein Buch. Neun Mal. Quietschgelb mit roter Schrift. Es liegt neben Dale Carnegie, Rosamunde Pilcher und Marcel Reich-Ranicki. Passanten starren mich an, als ich lachend an die Fensterscheibe klopfe.
Weil der Kajaki-Verlag nur aus einer Person besteht, müssen wir das Marketing selbst in die Hand nehmen. Kamilla Jansen, Hardy und ich beginnen mit der Werbung am Tag nach dem Erscheinen. Dass das zu spät ist, gehört zu den Dingen, die ich noch nicht weiß.
Ich kaufe für knapp hundert Mark eine dieser neuen Telefonbuch-CDs, auf der alle deutschen Telefonnummern gespeichert sind. Hardy sucht in tagelanger Fleißarbeit die Telefonnummern aller großen Buchhandlungen in den großen deutschen Städten heraus und notiert sie in langen Listen. Jeden Tag telefoniert er drei bis vier Stunden lang mit Buchhändlern im ganzen Land und bietet mein Büchlein an. Der Kajaki-Verlag arbeitet nämlich nicht mit Buchhandlungen zusammen, die automatisch eine gewisse Stückzahl erschienener Bücher erhalten. Darüber hatte ich noch nie nachgedacht.
Die Buchhändler bestellen bei Hardy, der sich nun als Mitarbeiter des Kajaki-Verlags vorstellt, manchmal Partien mit Remisionsrecht: Partien, das sind in der Regel zehn Bücher und eines umsonst obendrauf. Wenn sie nicht verkäuflich sind, muss der Verlag sie zurücknehmen und sogar noch die Portokosten selbst bezahlen. Oft sind die Bücher dann abgegriffen und nicht mehr verkäuflich. Kleine Buchhandlungen ordern manchmal zwei oder drei Kommissionsexemplare.
Kamilla erstattet uns die Telefonkosten, denn Ferngespräche sind teuer, und sie zahlt Hardy fünfzig Mark im Monat für seine Arbeit.
Ich schreibe Pressetexte über mich selbst und mein Buch, das habe ich ja inzwischen gelernt. Wir verschicken sie an alle Wochen- und Tageszeitungen, an alle deutschen Fernsehsender und einige Illustrierte. Kopierkosten, Umschläge und Porto bezahlen wir aus eigener Tasche.
Und dann geht auch noch mein Computer kaputt. Er startet einfach nicht mehr. Glücklicherweise sichere ich jeden Montag alle Daten auf einer Diskette, sie sind komplett vorhanden. Aber: Ich muss im Moment Mann und Kinder allein mit meiner
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