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Vom Kämpfen und vom Schreiben

Vom Kämpfen und vom Schreiben

Titel: Vom Kämpfen und vom Schreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
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rauskriege und immer nur äh sagen werde«, behaupte ich.
    Jenny lacht: »Wer morgens um diese Zeit so fit ist wie du, der macht das ganz toll! Wirst sehn, es macht dir bestimmt Spaß.«
    Jenny ist wirklich ein Schatz, dennoch bleibe ich skeptisch. Es wird hektisch, als jemand kommt und mir ein Mikrofon am T-Shirt und einen Sender am Hosenbund befestigt. Jenny bringt mich zu dem Studio, aus dem das Frühstücksfernsehen gesendet wird.
    Die Moderatorin heißt Kiwi, trägt ein Kleid mit Tigermuster und strahlt mich an. Kurt, der Moderator, sitzt auf dem Sofa und schneidet fröhliche Grimassen zu mir herüber. Jetzt rast mein Puls. Kurt winkt mich heran, ich setze mich zu ihm: »Ihr müsst alle komplett wahnsinnig sein, dass ihr diese Aufregung täglich und freiwillig mitmacht!«
    Trocken lacht er: »Wir kriegen ja Geld dafür.«
    Als er sich zu einer Kamera dreht und zu sprechen beginnt, begreife ich, dass es losgeht – es gibt noch zwei weitere Kameras, in welche soll ich denn bloß gucken?
    Kurt fragt mich etwas, ich antworte ihm, er fragt wieder und, so scheint es mir, nach wenigen Sekunden sagt er, die Zeit sei um. Schon?
    Jemand schiebt mich aus dem Studio. War das alles? Daran, was ich während der Sendung gesagt habe, kann ich mich absolut nicht erinnern. Erst viel später werde ich eine Aufzeichnung sehen und hören.
    Als mir gerade das Mikrofon abgenommen wird, kommt der Aufnahmeleiter zu mir. Ob ich einen bestimmten Zug erreichen müsse? »Nein, wieso?« »Weil Leute anrufen und Faxe schicken. Können Sie noch bleiben und gleich auf Sendung die Reaktionen der Zuschauer live kommentieren?« »Klar«, sage ich und hoffe, dass er mich für routiniert hält.
    Zuschauer haben angerufen! Reaktionen auf mein Buch! Im Fernsehen! Wie klasse ist das denn!
    In zehn Minuten muss ich wieder auf Sendung, ich warte in der Garderobe. Schnell rufe ich zu Hause an, denn Hardy und die Kinder sitzen vor dem Fernseher, das weiß ich.
    »Mama, du bist megacool! Wie ein Profi«, sagt mein Großer. Danke, mein Schatz, das hilft gegen die feuchten Hände.
    Der zweite Auftritt vergeht ebenso schnell wie der erste, alle Leute sind supernett, loben mich, ich hätte das großartig gemacht.
    Die Kosten meiner Bahnfahrt bekomme ich in bar erstattet, eine Videokassette mit der aufgezeichneten Sendung geschenkt. Auf dem Weg zum Bahnhof rufe ich Hardy an und Kamilla Jansen, meine Mutter und meine Schwester, meine Freundin und meine Nachbarin. »Das war super!«, sagen sie alle – sogar meine Schwester. Erst als der Akku des Handys leer ist und ich nicht mehr telefonieren kann, beruhige ich mich.
    Im Zug nach Hause werde ich plötzlich richtig nervös, bekomme Schweißausbrüche und kribbelnde Bauchschmerzen. Kurt hat mein Buch eine gefühlte Ewigkeit in die Kamera gehalten und es empfohlen! Mein Buch! Wie praktisch, wenn man das Lampenfieber erst nachher bekommt.
    In den nächsten Tagen bestellen Leute aus dem ganzen Land mein Buch. Die Kollegen in der Redaktion sind aus dem Häuschen.
    »So was Aufregendes! Eine von uns im Fernsehen!«, ruft die Sekretärin. Alle gratulieren mir und freuen sich mit mir über den Erfolg.
    Wann immer ich nun meiner Arbeit bei der Zeitung nachgehe, sprechen mich Menschen auf mein Buch an. Manche geben mir Tipps für den zweiten Teil, erzählen eigene Erfahrungen aus ihren Pleitezeiten, bedanken sich für ein Stück Lebenshilfe und gratulieren mir zu dem Mut, der dazugehört hat, so ein Thema so konkret anzupacken. Ich habe es nicht bereut.
    Ein paar Wochen später schreibt die »Süddeutsche Zeitung« im Wirtschaftsteil eine positive Rezension über mein Buch. Kamilla Jansen liest sie zuerst, ruft mich an, ich fahre zum Bahnhof, kaufe alle Exemplare auf, lese zitternd die Zeilen. Die »Süddeutsche«! Welch ein Ritterschlag für eine Lokalreporterin! Ich bin so stolz, dass ich mir den Zeitungsausschnitt am liebsten auf die Stirn kleben möchte.
    Es folgen weitere Berichte: Unsere Tageszeitungen berichten über meinen Fernsehauftritt, über die Erwähnung in der Süddeutschen, über die zweite Auflage, die kurz danach in Druck geht, und sie schreiben über meine Pläne für das nächste Buch.
    Kamilla tütet weiterhin Tag und Nacht Bücher ein und fährt täglich zur Post.
    Ich bekomme die erste Abrechnung vom Verlag: Zweitausend verkaufte Bücher bringen mir etwa achthundert Mark Honorar. Brutto, vor Steuern. So wenig? Das sind doch keine zehn Prozent? Es hat alles seine Ordnung. Denn nur auf Bücher, die

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