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Vom Kämpfen und vom Schreiben

Vom Kämpfen und vom Schreiben

Titel: Vom Kämpfen und vom Schreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
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Wir essen überteuerte, winzige Jägerschnitzel. Fahrt und Übernachtung zahlt der Verlag zur Hälfte, die andere Hälfte und meine Verpflegung sind meine Sache. Ich habe das Geld nicht – Kamilla streckt es vor. Wir schlafen noch eine Nacht zu viert in dem schäbigen Wohnwagen, der zweihundert Mark die Nacht kostet. Das Klo ist auf der anderen Seite des Campingplatzes, Und als ich nachts in Badeschlappen und Mantel überm Schlafanzug über den Schotterweg gehen muss, gruselt es mich. Wie gut haben es die Schriftsteller, die jetzt in ihren warmen Hotels schlafen. Aber so ist das: Ich bin nur eine Möchtegern-Autorin, eine Schriftstellerin bin ich nicht.
    Nach der Buchmesse habe ich wieder siebenhundert Mark Schulden beim Kajaki-Verlag.
    Ich lerne während der Messetage ein paar Kollegen kennen, die in den anderen kleinen Verlagen veröffentlichen, aber wir sind zu sehr Konkurrenten, um uns anfreunden zu können. Ich kann mit ihren Gedichtbänden und Auswanderungstagebüchern wohl ebenso wenig anfangen wie sie mit meinem Pleitezeit-Ratgeber.
    Der Ratgeber verkauft sich nichtsdestotrotz ganz gut, und der Kajaki-Verlag druckt bald die vierte Auflage.
    Im März 2001 muss ich nach Leipzig zur Buchmesse. Die ist nicht so groß wie die Frankfurter, aber Kamilla sagt, sie sei auch sehr wichtig. Mein Name und der Termin meiner Lesung stehen sogar im Programmheft, dafür hat Kamilla gesorgt! Sie scheint eine gute Verlegerin zu sein, sie kümmert sich um mich.
    Zu Hause melden die Zeitungen: »Unsere Bestsellerautorin tritt wieder auf der Buchmesse auf.« Klingt toll, ist aber schrecklich. Auch hier interessiert sich nämlich kein Mensch für mich und mein Buch.
    Im Publikum sitzen nur Kamilla und ein alter Schulfreund, der sie am Stand besucht hat und sonst nichts weiter vorhat, und zwei weitere Kleinverleger vom Gemeinschaftsstand. Die beiden und Kamilla lesen ebenfalls, aus ihren eigenen, in ihren eigenen Verlagen erschienenen Büchern. Wir lesen uns also reihum gegenseitig was vor. Kamillas Freund geht nach der zweiten Lesung, weil ihm plötzlich eingefallen ist, dass er doch noch einen ganz wichtigen Termin hat.
    Ich versuche mir vorzustellen, dass der Raum, in den gut fünfzig Leute passen, gerammelt voll wäre, blende die leeren Stuhlreihen und die gelangweilten Gesichter der drei Zuschauer aus und stelle mir ein begeistertes Publikum vor. Es gelingt nicht. Von diesem Reinfall erzähle ich zu Hause nur Hardy. Meine Schwester, mein Schwager und meine Freundinnen müssen das ebenso wenig wissen wie die Kollegen in der Redaktion.

Auf der Bühne, im Fernsehen und im Bett
    In den vergangenen Jahren hatte ich einige Geschichten für meine Kinder geschrieben. Es sind Geschichten, in denen ich den Tod meines Bruders und meines Vaters kindgerecht erklären wollte. Mein Vater starb im Juli 1995, wenige Monate danach erkrankte mein jüngerer Bruder an Krebs. Im August 1996 war auch er tot, mit nur dreiunddreißig Jahren. Meine Mutter, die innerhalb eines knappen Jahres ihren Mann und ihr Kind verloren hatte, brach fast zusammen.
    Nun schreibe ich Märchen, Erzählungen, Gleichnisse. Sie richten sich an Kinder ab zehn, und ich probiere sie an meinen Söhnen aus.
    An unzähligen Abenden sitzen wir an unserem großen Esstisch, Hardy, die Jungs und ich, und ich lese meine neuesten »Werke« vor. Manchmal sehe ich, dass Hardy sich eine Träne aus dem Augenwinkel wischt.
    Ich fühle mich stark und erfolgreich, überarbeite die Texte gewissenhaft und biete sie einem kleinen Verlag an. Nicht Kamilla, denn der Kajaki-Verlag macht keine Kinderbücher. Walter Dauer vom WD-Verlag aus Nürnberg hat schon von mir gehört: Mein Erfolg hat sich in der Kleinverlagsszene herumgesprochen.
    Ich bekomme bei ihm sofort einen Vertrag über eine Auflage von fünfhundert Stück, Honorar gibt es dafür leider nicht. Wenn die fünfhundert Bücher verkauft sind, habe ich aber die Möglichkeit, einen neuen Vertrag über eine weitere Auflage abzuschließen, dann gibt es zehn Prozent vom Nettoladenpreis. Fünfhundert Bücher? Das schaffe ich!
    Natürlich hätte ich lieber einen richtigen Vertrag bei einem großen Verlag, ich würde gerne Geld verdienen mit dieser Arbeit. Ich bin eben noch zu unbekannt. Ich muss jede Möglichkeit der Veröffentlichung nutzen, auch wenn der Verzicht auf Honorar ein versteckter Druckkostenzuschuss ist. Also lasse ich mich darauf ein.
    Ich überlege, wie man ganz schnell ganz viele Bücher verkaufen kann und hecke einen Plan aus:

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