Vom Kriege
schwierigen Boden über die anderen Waffen hat, und daß also in solchem seine Zahl das gewöhnliche Verhältnis merklich übersteigen darf.
Achtzehntes Kapitel: Überhöhen
Das Wort ‚dominieren’ hat in der Kriegskunst einen eigenen Zauber, und in der Tat gehört diesem Elemente ein sehr großer Teil, vielleicht die größere Hälfte der Einflüsse an, welche die Gegend auf den Gebrauch der Streitkräfte ausübt. Hier haben manche Heiligtümer der kriegerischen Gelehrsamkeit ihre Wurzel, z. B. beherrschende Stellungen, Schlüsselpositionen, strategisches Manövrieren usw. Wir wollen den Gegenstand so scharf ins Auge fassen, als es ohne die Weitläuftigkeit einer Abhandlung geschehen kann, und das Wahre mit dem Falschen, das Reale mit dem Übertriebenen vor unserm Blick vorübergehen lassen.
Jede physische Kraftäußerung von unten nach oben ist schwieriger als umgekehrt, folglich muß es auch wohl das Gefecht sein, und es liegen drei Ursachen davon am Tage. Erstens ist jede Höhe als ein Hindernis des Zugangs anzusehen; zweitens schießt man von oben nach unten zwar nicht merklich weiter, aber man trifft, alle geometrischen Verhältnisse wohl in Betrachtung gezogen, merklich besser, als im umgekehrten Fall; drittens hat man den Vorteil der besseren Übersicht. Wie sich das alles im Gefecht vereinigt, geht uns hier nichts an: wir fassen die Summe der Vorteile, welche die Taktik aus dem Hochstehen zieht, in einen zusammen und sehen ihn als den ersten strategischen an.
Aber der erste und letzte der aufgezählten Vorteile muß in der Strategie selbst noch einmal vorkommen, denn man marschiert und beobachtet in der Strategie so gut wie in der Taktik; wenn also das Höherstehen ein Hindernis des Zuganges für den ist, der niedriger steht, so ist dies der zweite, und die daraus entspringende bessere Übersicht der dritte Vorteil, den die Strategie daraus ziehen kann.
Aus diesen Elementen ist die Kraft des Dominierens, Überhöhens, Beherrschens zusammengesetzt; aus diesen Quellen fließt das Gefühl der Überlegenheit und Sicherheit für den, welcher sich auf einem Gebirgsrande befindet und seinen Feind unter sich erblickt, und das Gefühl der Schwäche und Besorgnis für den, der unten ist. Vielleicht ist sogar dieser Totaleindruck stärker, als er sein sollte, weil die Vorteile des Überhöhens mehr als die sie [335] modifizierenden Umstände mit der sinnlichen Anschauung zusammenfallen; vielleicht geht es also über die Wahrheit hinaus, und in diesem Fall muß diese Wirkung der Einbildungskraft als ein neues Element angesehen werden, wodurch die Wirkung des Überhöhens verstärkt wird.
Allerdings ist der Vorteil der erleichterten Bewegung nicht absolut und nicht immer für den Höherstehenden; er ist es nur, wenn der andere an ihn will; er ist es nicht, wenn ein großes Tal beide trennt, und er ist es sogar für den Niedrigstehenden, wenn sie sich in der Ebene treffen wollen (Schlacht von Hohenfriedberg). Ebenso hat auch das Übersehen seine großen Beschränkungen, eine waldreiche Gegend unten, und oft die Masse des Gebirges selbst, auf dem man sich befindet, verbieten es sehr leicht. Unzählig sind die Fälle, wo man in der Gegend selbst vergeblich nach den Vorteilen der überhöhenden Stellung suchen würde, die man nach der Karte gewählt hat, man würde oft glauben, sich nur in alle entgegengesetzten Nachteile verwickelt zu sehen. Allein diese Beschränkungen und Bedingungen heben die Überlegenheit nicht auf, welche der Höherstehende sowohl bei der Verteidigung als beim Angriff hat; nur mit ein paar Worten wollen wir sagen, auf welche Weise in beiden.
Von den drei strategischen Vorteilen des Überhöhens: Die größere taktische Stärke, der schwierige Zugang und die bessere Übersicht sind die beiden ersten von der Art, daß sie eigentlich nur dem Verteidiger zukommen, denn nur der, welcher feststeht, kann sie nutzen, weil der andere sie in seiner Bewegung nicht mitnehmen kann; der dritte Vorteil aber kann ebensogut vom Angreifer als vom Verteidiger gebraucht werden.
Hieraus folgt, wie wichtig das Überhöhen dem Verteidiger ist, und da dasselbe auf eine entschiedene Weise nur bei Gebirgsstellungen zu erhalten ist, so würde daraus ein wichtiger Vorzug der Gebirgsstellungen für den Verteidiger folgen. Wie sich das aber wegen anderer Umstände anders stellt, wird in dem Kapitel über die Gebirgsverteidigung gesagt werden.
Unterscheiden muß man überhaupt, ob bloß von der Überhöhung eines
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