Vom Kriege
müssen, und auch der oberste Feldherr wird eine größere Einsicht dabei zeigen können; aber wir müssen auch hier wieder darauf zurückkommen, was wir schon früher schon gesagt haben, daß im Kriege die Summe der einzelnen Erfolge mehr entscheidet als die Form, in welcher sie zusammenhängen, und daß also, wenn wir unsere jetzige Betrachtung bis an die äußerste Grenze fortsetzen und uns ein Heer in eine große Schützenlinie aufgelöst denken wollen, wo jeder Soldat seine eigene kleine Schlacht liefert, es mehr auf die Summe der einzelnen Siege als auf die Form ihres Zusammenhangs ankommt; denn die Wirksamkeit guter Kombinationen kann nur von positiven Erfolgen ausgehen, nicht von negativen. Es wird also der Mut, die Gewandtheit und der Geist des einzelnen in diesem Fall über alles entscheiden. Nur wo die Heere von gleichem Werte sind, oder die Eigentümlichkeiten in beiden sich die Waage halten, kann das Talent und die Einsicht der Feldherren wieder entscheidend werden. Die Folge ist, daß Nationalkriege, Volksbewaffnungen usw., wo wenigstens der Geist des einzelnen immer sehr gesteigert ist, [333] wenn auch die Tapferkeit und Gewandtheit nicht gerade überlegen sein sollte, bei einer großen Vereinzelung der Kräfte und also einem sehr durchschnittenen Boden, ihre Überlegenheit finden, daß sie aber auch nur auf einem solchen bestehen können, weil gewöhnlich einer solchen Streitkraft alle die Eigenschaften und Tugenden fehlen, die schon bei der Vereinigung mäßig starker Haufen unentbehrlich sind.
Auch die Natur der Streitkraft stuft sich von dem einen Äußersten bis zum andern nur nach und nach ab, denn schon das Verhältnis der eigenen Landesverteidigung gibt einem Heere, wenn es auch ganz stehendes Heer ist, etwas Nationales und eignet es in diesem Fall mehr zur Vereinzelung.
Je mehr nun einem Heere diese Eigenschaften und Verhältnisse abgehen, je stärker sie bei dem Gegner hervortreten, um so mehr wird es die Vereinzelung fürchten und durchschnittene Gegenden vermeiden; allein das Vermeiden einer durchschnittenen Gegend liegt selten in seiner Wahl, man kann sich sein Kriegstheater nicht unter vielen Proben wie eine Ware aussuchen, und so finden wir denn meistens, daß die Heere, welche ihrer Natur nach in der Vereinigung der Massen ihren Vorteil finden, ihre ganze Kunst aufbieten, dies System gegen die Natur der Gegend soviel als immer möglich durchzusetzen. Sie müssen sich dabei andern Nachteilen unterwerfen, z. B. einer dürftigen und schwierigen Verpflegung, schlechtem Unterkommen, im Gefecht häufigen Anfällen von allen Seiten; allein der Nachteil, sich seiner eigentümlichen Vorzüge ganz zu begeben, würde ein viel größerer sein.
Beide in entgegengesetzter Richtung liegende Tendenzen zur Sammlung und zur Zerstreuung der Streitkräfte finden in dem Maße statt, als die Naturen dieser Streitkräfte sich nach der einen oder andern Seite hinneigen; aber auch in den entschiedensten Fällen kann der eine nicht immer vereinigt bleiben, und der andere den Erfolg nicht allein von seiner zerstreuten Wirksamkeit erwarten. Auch die Franzosen in Spanien mußten ihre Kräfte teilen, und auch die Spanier in der Verteidigung ihres Bodens vermittelst eines Volksaufstandes mußten einen Teil ihrer Kräfte auf großen Schlachtfeldern versuchen.
Nächst der Beziehung, welche Gegend und Boden auf die allgemeine und besonders auf die politische Beschaffenheit der Streitkräfte haben, ist die auf das Waffenverhältnis die wichtigste.
In allen sehr unzulänglichen Gegenden, sei die Ursache Gebirge, Wald oder Kultur, ist eine zahlreiche Reiterei unnütz, das ist an sich klar; ebenso ist es in waldreichen Gegenden mit der Artillerie, es kann leicht an Raum fehlen, sie mit allem Nutzen zu brauchen, an Wegen, sie durchzubringen, an Futter für die Pferde. Weniger nachteilig sind für diese Waffe kulturreiche Gegenden, und am wenigsten Gebirge. Beide bieten zwar Deckung gegen das Feuer dar und sind mithin der Waffe, die vorzugsweise mit dem Feuer wirkt, ungünstig, beide geben auch dem alles durchdringenden Fußvolk die Mittel, das schwerfälligere Geschütz häufig in Verlegenheit zu bringen, allein in beiden fehlt es doch niemals geradezu an Raum zum Gebrauch einer [334] zahlreichen Artillerie, und im Gebirge hat sie den großen Vorteil, daß die langsameren Bewegungen des Gegners ihre Wirksamkeit wieder vermehren.
Unverkennbar aber ist die entschiedene Überlegenheit, welche das Fußvolk in jedem
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