Vom Kriege
hoch für das ist, was er in seiner Lage mit dem Sieg anfangen kann.
Auf diese Weise zeigt es sich, wie dem Verteidiger der starke relative Widerstand, welchen eine in viele nebeneinanderliegende Posten ausgedehnte Aufstellung gewähren kann, in der Berechnung seines ganzen Feldzugs ein genügendes Resultat sein kann. Um den Blick auf die Kriegsgeschichte, den hierbei der Leser in Gedanken tun wird, gleich auf den rechten Punkt zu führen, wollen wir bemerken, daß diese ausgedehnten Stellungen am häufigsten in der letzten Hälfte der Feldzüge vorkommen, weil dann der Verteidiger den Angreifenden, sowie seine Absichten und Verhältnisse, für dieses Jahr erst recht kennengelernt, und bei dem Angreifenden sich das wenige von Unternehmungsgeist, was er mitgebracht hatte, verloren hat.
Bei dieser Verteidigung in einer ausgedehnten Aufstellung, wodurch das Land, die Vorräte, die Festungen gedeckt werden, müssen natürlich alle großen Hindernisse des Bodens, wie Ströme, Flüsse, Gebirge, Wälder, Moräste, eine große Rolle spielen, eine vorherrschende Wichtigkeit bekommen. Über ihren Gebrauch beziehen wir uns auf das früher Gesagte.
Durch diese vorherrschende Wichtigkeit des topographischen Elementes wird dasjenige Wissen und diejenige Tätigkeit des Generalstabes besonders in Anspruch genommen, welche als die eigentümlichsten desselben betrachtet zu werden pflegen. Weil nun der Generalstab derjenige Teil des Heeres zu sein pflegt, welcher am meisten schreibt und drucken läßt, so folgt, daß diese Teile der Feldzüge historisch mehr fixiert werden, und es entspringt zugleich die ziemlich natürliche Neigung, sie zu systematisieren und aus der historischen Auflösung des einen Falles allgemeine Auflösungen für die folgenden Fälle zu machen. Dies aber ist ein vergebliches und also falsches Bestreben. Auch bei dieser mehr passiven, mehr an die Örtlichkeit gebundenen Kriegsart ist jeder Fall ein anderer und muß anders behandelt werden. Die vortrefflichsten räsonierenden Memoiren über diese Gegenstände sind daher nur geeignet, mit ihnen vertraut zu machen, nicht aber als Vorschriften zu dienen, sie werden eigentlich wieder Kriegsgeschichte, nur eine diesen Kriegen eigentümliche Seite derselben.
So notwendig und achtungswert die Tätigkeit des Generalstabs ist, die wir hier nach der gewöhnlichen Ansicht als seine eigentümlichste bezeichnet haben, so müssen wir doch gegen die Usurpationen warnen, welche oft zum Nachteil des Ganzen daraus hervorgehen. Die Wichtigkeit, welche diejenigen Häupter desselben, die in diesem Zweige des Kriegsdienstes die stärksten sind, [505] dabei bekommen, gibt ihnen oft eine gewisse allgemeine Herrschaft über die Geister, und am ersten über den Feldherrn selbst, und daraus entspringt denn eine zur Einseitigkeit führende Ideengewohnheit; zuletzt sieht der Feldherr nichts mehr als Berge und Pässe, und was eine nach den Umständen bestimmte frei gewählte Maßregel sein sollte, wird Manier, wird zur zweiten Natur.
So hat im Jahr 1793 und 1794 bei dem preußischen Heere der Oberst Grawert, welcher die Seele des damaligen Generalstabes und bekanntlich ein rechter Mann der Berge und Pässe war, zwei Feldherren von der größten eigentümlichen Verschiedenheit, den Herzog von Braunschweig und den General Möllendorf, genau in denselben Wegen der Kriegführung erhalten.
Daß eine längs einem starken Bodenabschnitt gebildete Verteidigungslinie der Weg sei, welcher zum Kordon führen kann, ist einleuchtend. Sie würde in den meisten Fällen notwendig dahin führen müssen, wenn wirklich die ganze Ausdehnung des Kriegstheaters auf diese Weise unmittelbar gedeckt werden sollte, weil doch die meisten Kriegstheater eine Ausdehnung haben, gegen welche die natürliche taktische Ausdehnung der zur Verteidigung bestimmten Streitkräfte sehr gering ist. Allein da der Angreifende, durch die Umstände sowie durch seine eigenen Anstalten, an gewisse Hauptrichtungen und Straßen gebunden ist, und zu starke Ausweichungen davon selbst gegen den passivsten Verteidiger zu viel Unbequemlichkeiten und Nachteile herbeiführen würden, so kommt es für den Verteidiger meistens nur darauf an, von diesen Hauptrichtungen rechts und links, eine gewisse Anzahl Meilen oder Märsche weit die Gegend zu decken. Diese Deckung selbst aber geschieht wieder, indem man sich begnügt, die Hauptstraßen und Zugänge mit Verteidigungsposten zu versehen und die zwischenliegende Gegend bloß mit
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