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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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wenigstens so viele als möglich sind, mit anderen Worten: daß die Methode auf die wahrscheinlichsten Fälle berechnet ist. Der Methodismus ist also nicht auf bestimmte einzelne Prämissen, sondern auf die Durchschnittswahrscheinlichkeit der sich einander übertragenden Fälle gegründet und läuft darauf hinaus, eine Durchschnittswahrheit aufzustellen, deren beständige gleichförmige Anwendung bald etwas von der Natur einer mechanischen Fertigkeit bekommt, die zuletzt das Rechte fast ohne Bewußtsein tut.
    Der Begriff des Gesetzes in Beziehung auf das Erkennen kann für die Kriegführung füglich entbehrt werden, weil die zusammengesetzten Erscheinungen des Krieges nicht so regelmäßig, und die regelmäßigen nicht so zusammengesetzt sind, um mit diesem Begriff viel weiter zu reichen als mit der einfachen Wahrheit. Wo aber die einfache Vorstellung und Rede hinreicht, wird die zusammengesetzte, potenzierte preziös und pedantisch. Den Begriff des Gesetzes in Beziehung auf das Handeln aber kann die Theorie der Kriegführung nicht gebrauchen, weil es in ihr bei dem Wechsel und der Mannigfaltigkeit der Erscheinungen keine Bestimmung gibt, die allgemein genug wäre, um den Namen eines Gesetzes zu verdienen.
    Grundsätze, Regeln, Vorschriften und Methoden aber sind für die Theorie der Kriegführung unentbehrliche Begriffe, insoweit sie zu positiven Lehren [122] führt, weil in diesen die Wahrheit nur in solchen Kristallisationsformen anschießen kann.
    Da die Taktik derjenige Teil der Kriegführung ist, in welchem die Theorie am meisten zur positiven Lehre gelangen kann, so werden jene Begriffe auch in ihr am häufigsten vorkommen.
    Die Reiterei nicht ohne Not gegen Infanterie zu gebrauchen, die noch in Ordnung ist; die Schußwaffen nur zu brauchen, sobald sie anfangen, eine sichere Wirksamkeit zu haben; im Gefecht die Kräfte soviel als möglich für das Ende aufzusparen: sind taktische Grundsätze. Alle diese Bestimmungen lassen sich nicht absolut auf jeden Fall anwenden, aber sie müssen dem Handelnden gegenwärtig sein, um den Nutzen der in ihnen enthaltenen Wahrheit nicht zu verlieren, da wo sie gelten kann.
    Wenn man aus dem ungewöhnlichen Abkochen eines feindlichen Korps auf seinen Abmarsch schließt, wenn das absichtliche Freistellen der Truppen im Gefecht auf einen Scheinangriff deutet: so wird diese Art, die Wahrheit zu erkennen, eine Regel genannt, weil man aus einem einzelnen, sichtbaren Umstand auf die Absicht schließt, welcher derselbe angehört.
    Wenn es eine Regel ist, den Feind, sobald er anfängt, im Gefecht seine Batterien abzufahren, mit erneuter Energie anzufallen: so wird an diese einzelne Erscheinung eine Bestimmung des Handelns geknüpft, welche auf den ganzen, dadurch erratenen Zustand des Gegners gerichtet ist, nämlich: daß er das Gefecht aufgeben will, seinen Abzug anfängt und während dieses Abzuges weder zum vollen Widerstand noch, wie auf dem Rückzug selbst, zum hinlänglichen Ausweichen geeignet ist.
    Vorschriften und Methoden bringen die den Krieg vorbereitenden Theorien mit in die Kriegführung, insofern sie den ausgebildeten Streitkräften als tätige Prinzipe eingeimpft werden. Die sämtlichen Formations-, Übungs- und Felddienstreglements sind Vorschriften und Methoden, in den Übungsreglements herrscht die erstere, in den Felddienstreglements die letztere vor. An diese Dinge knüpft sich die eigentliche Kriegführung an, sie übernimmt sie also als gegebene Verfahrungsarten, und als solche müssen sie in der Theorie der Kriegführung vorkommen.
    Für die in dem Gebrauch dieser Kräfte frei gebliebenen Tätigkeiten aber können Vorschriften, d. h. bestimmte Anweisungen, nicht vorkommen, eben weil sie den freien Gebrauch ausschließen. Methoden hingegen als eine allgemeine Ausführungsart vorkommender Aufgaben, die, wie wir gesagt haben, auf die Durchschnittswahrscheinlichkeit berechnet ist, als eine bis zur Anwendung durchgeführte Herrschaft der Grundsätze und Regeln, können allerdings in der Theorie der Kriegführung vorkommen, insofern sie nur nicht für etwas anderes ausgegeben werden, als sie sind, nicht für absolute und notwendige Konstruktionen des Handelns (Systeme), sondern für die besten der allgemeinen Formen, welche an die Stelle der individuellen Entscheidung als kürzere Wege gesetzt und zur Zahl gestellt werden können.
    [123] Aber die häufige Anwendung der Methoden wird in der Kriegführung auch als höchst wesentlich und unvermeidlich erscheinen, wenn man

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