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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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bedenkt, wie vieles Handeln auf bloße Voraussetzungen hin oder in völliger Ungewißheit geschieht, weil der Feind verhindert, alle Umstände kennenzulernen, die auf unsere Anordnungen Einfluß haben, oder weil nicht Zeit dazu ist, so daß, wenn man diese Umstände auch wirklich kennte, es wegen der Weitläuftigkeit und der zu großen Zusammensetzungen schon unmöglich sein würde, alle Anordnungen danach abzumessen, daß also unsere Einrichtungen immer auf eine gewisse Zahl von Möglichkeiten zugeschnitten sein müssen. Wenn man bedenkt, wie zahllos die kleinen Umstände sind, die einem individuellen Falle angehören, also mit berücksichtigt werden müßten, und daß es also kein anderes Mittel gibt, als sich die einen durch die anderen übertragen zu denken und nur auf das Allgemeine und Wahrscheinliche seine Anordnungen zu bauen; wenn man endlich bedenkt, daß bei der nach unten hin in beschleunigter Progression zunehmenden Zahl der Führer der wahren Einsicht und dem ausgebildeten Urteil eines jeden um so weniger überlassen werden darf, je weiter das Handeln hinuntersteigt, und daß da, wo man keine anderen Einsichten voraussetzen darf als die, welche die Dienstvorschrift und Erfahrung gibt: man ihnen mit dem daran grenzenden Methodismus entgegenkommen muß. Dieser wird ihrem Urteil ein Anhalt und zugleich ein Hindernis für ausschweifende, ganz verkehrte Ansichten, die man in einem Gebiet vorzüglich zu fürchten hat, wo die Erfahrung so kostbar ist.
    Außer dieser Unentbehrlichkeit des Methodismus müssen wir auch einen positiven Vorteil desselben anerkennen. Es wird nämlich durch die Übung seiner stets wiederkehrenden Formen Fertigkeit, Präzision und Sicherheit in der Führung der Truppen erreicht, welche die natürliche Friktion vermindert und die Maschine leichter gehen macht.
    Die Methode wird also um so vielfältiger gebraucht, um so unentbehrlicher werden, je weiter die Tätigkeit hinuntersteigt, nach oben hin aber abnehmen, bis sie sich in den höchsten Stellen ganz verliert. Darum wird sie auch mehr in der Taktik, als in der Strategie zu Hause sein.
    Der Krieg in seinen höchsten Bestimmungen besteht nicht aus einer unendlichen Menge kleiner Ereignisse, die in ihren Verschiedenheiten sich übertragen, und die also durch eine bessere oder schlechtere Methode besser oder schlechter beherrscht würden, sondern aus einzelnen großen, entscheidenden, die individuell behandelt sein wollen. Er ist nicht ein Feld voll Halme, die man ohne Rücksicht auf die Gestalt der einzelnen mit einer besseren oder schlechteren Sense besser oder schlechter mäht, sondern es sind große Bäume, an welche die Axt mit Überlegung, nach Beschaffenheit und Richtung eines jedes einzelnen Stammes angelegt sein will.
    Wie weit die Zulässigkeit des Methodismus in der kriegerischen Tätigkeit hinaufreicht, bestimmt sich natürlich nicht eigentlich nach den Stellen, [124] sondern nach den Sachen, und es ist nur, weil die höchsten Stellen die umfassendsten Gegenstände der Tätigkeit haben, daß sie davon weniger berührt werden. Eine bleibende Schlachtordnung, eine bleibende Einrichtung der Avantgarden oder Vorposten sind Methoden, wodurch der Feldherr nicht bloß seinen Untergebenen, sondern auch sich selbst für gewisse Fälle die Hände bindet. Freilich können sie seine Erfindungen und von ihm nach Umständen eingerichtet sein; sie können aber auch, insofern sie auf die allgemeinen Eigenschaften der Truppen und Waffen gegründet sind, ein Gegenstand der Theorie sein. Dagegen würde jede Methode, wodurch Kriegs- und Feldzugspläne bestimmt und wie von einer Maschine fertig geliefert würden, unbedingt verwerflich sein.
    Solange es keine erträgliche Theorie, d. h. keine verständige Betrachtung über die Kriegführung gibt, muß der Methodismus auch in den höheren Tätigkeiten über die Gebühr um sich greifen, denn die Männer, welche diese Wirkungskreise ausfüllen, sind zum Teil nicht imstande gewesen, sich durch Studien und höhere Lebensverhältnisse auszubilden; in die unpraktischen und widerspruchsvollen Räsonnements der Theorien und Kritiken wissen sie sich nicht zu finden, ihr gesunder Menschenverstand stößt sie von sich, und sie bringen also keine andere Einsicht mit als die der Erfahrung; daher sie denn bei denjenigen Fällen, die einer freien, individuellen Behandlung fähig und bedürftig sind, auch gern die Mittel anwenden, die ihnen die Erfahrung gibt, d. h. eine Nachahmung der dem obersten Feldherrn

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