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Von der Erde zum Mond

Von der Erde zum Mond

Titel: Von der Erde zum Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und beschuldigte ihn, das A.B.C. der Ballistik nicht zu verstehen. Unter anderen Irrthümern wies er ihm nach, daß richtiger Berechnung zufolge es durchaus nicht möglich sei, irgend einem Körper eine Geschwindigkeit von zwölftausend Yards in der Secunde zu geben; er behauptete, die Algebra an der Hand, daß selbst bei dieser Geschwindigkeit niemals ein Geschoß über die Grenze der Erdatmosphäre gelangen könne! Es würde selbst keine acht Lieues (zwanzig engl. Meilen) weit fliegen können. Mehr noch. Nähme man die Schnelligkeit als zu erzielen und für hinreichend an, so würde doch die Hohlkugel nicht dem Druck des durch Entzündung von einer Million sechshunderttausend Pfund Pulver entwickelten Gas widerstehen; und vermöchte sie auch dieses, so würde sie wenigstens eine solche Temperatur nicht aushalten, sondern beim Herausfahren aus der Columbiade schmelzen, und als siedender Regen auf die Köpfe der unbedachtsamen Zuschauer niederfallen.
    Barbicane verzog bei diesen Angriffen keine Miene, und fuhr ungestört fort an seinem Werk.
    Darauf faßte Nicholl die Frage von anderen Seiten an. Ohne von der Nutzlosigkeit des Experiments in jeder Hinsicht zu reden, sah er dasselbe als höchst gefährlich an, sowohl für die Bürger, welche ein so verwerfliches Schauspiel mit ihrer Gegenwart beehren würden, als auch für die Nachbarstädte; denn er bemerkte ebenso, daß, wenn das Projectil sein Ziel nicht erreichte – was durchaus unmöglich sei –, es augenscheinlich auf die Erde zurückfallen würde, da denn das Herabfallen einer solchen Masse, deren Wucht um das Quadrat ihrer Schnelligkeit vervielfacht würde, irgend einen Punkt der Erde ausnehmend beschädigen müsse. Unter solchen Umständen also, und ohne die Rechte freier Bürger zu beeinträchtigen, gehöre der Fall zu denjenigen, wo die Regierung einschreiten müsse, denn man dürfe nicht nach dem Belieben eines Einzelnen die Sicherheit Aller gefährden.
    Man sieht, zu welchen Uebertreibungen der Kapitän Nicholl sich fortreißen ließ. Er blieb mit seiner Meinung allein. Auch beachtete Niemand seine schlimmen Voraussagungen. Man ließ ihn daher nach Belieben schreien, wenn’s ihn auch seine Lunge kostete. Er machte sich zum Vertheidiger einer zum Voraus verlorenen Sache; man hörte ihn wohl, merkte aber nicht darauf, und er entzog dem Präsidenten des Gun-Clubs nicht einen einzigen Verehrer. Dieser hielt es übrigens nicht einmal für der Mühe werth, die Beweisführung seines Rivalen zu widerlegen.
     

    Karte von Florida. (S. 76.)
     
    Da Nicholl, in seine letzten Verschanzungen zurückgedrängt, nicht einmal persönlich seine Sache verfechten konnte, beschloß er sein Geld daran zu wenden. Er schlug daher öffentlich, in dem
Enquirer
von Richmond,
eine
Reihe von Wetten vor, die in einem steigenden Verhältniß folgendermaßen ausgedrückt waren.
     

    Die Abgeordneten von Texas unter Aufsicht. (S. 79.)
     
    Er wettete:
    1. Daß die zur Unternehmung des Gun-Clubs erforderlichen Geldmittel nicht würden aufgebracht werden, um
    1000 Dollars
    2. Daß das Gießen einer Kanone von neunhundert Fuß Länge unausführbar sei, und nicht gelingen werde, um
    2000 Dollars.
    3. Daß es unmöglich sein würde, die Columbiade zu laden, und daß die Schießbaumwolle unter dem Druck des Projectils von selbst sich entzünden würde, um
    3000 Dollars.
    4. Daß die Columbiade beim ersten Schuß zerspringen würde, um
    4000 Dollars.
    5. Daß die Kugel nicht sechs Meilen weit fliegen, und einige Secunden nach dem Abschießen niederfallen werde, um
    5000 Dollars.
    Man sieht, der Kapitän setzte in seinem unüberwindlichen Starrsinn eine bedeutende Summe daran, im Ganzen 15,000 Dollars.
    Trotz der so bedeutenden Wette erhielt er, am 19. Mai, ein versiegeltes, mit köstlichem Lakonismus folgendermaßen abgefaßtes Schreiben:
     
    »Baltimore, 18. October.
    Angenommen.
    Barbicane.«
Fußnoten
    1 Schiffe der amerikanischen Marine.
     
    2 Das verwendete Pulver betrug nur ein Zwölftel des Gewichts der Kugel.
     
    3 Uebungsplatz für Geschütze.
Elftes Capitel.
Florida und Texas.
    Indessen blieb eine Frage noch zu entscheiden: man mußte einen für das Experiment geeigneten Platz wählen. Der Empfehlung des Observatoriums nach mußte der Schuß senkrecht auf den Horizont, d.h. gegen den Zenith gerichtet werden, aber der Mond steigt nur in den Gegenden zwischen 0° und 28° Breite bis zum Zenith, mit anderen Worten: seine Abweichung beträgt nur 28°. Es handelte sich also darum,

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