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Von der Erde zum Mond

Von der Erde zum Mond

Titel: Von der Erde zum Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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der Beschluß kaum bekannt war, Deputationen aus Texas und Florida eiligst nach Baltimore, und der Präsident Barbicane, sowie die einflußreichen Mitglieder des Gun-Clubs wurden Tag und Nacht mit fürchterlichen Reclamationen bestürmt. Stritten einst sieben Städte Griechenlands um die Ehre, die Geburtsstätte Homer’s zu sein, so drohten jetzt zwei ganze Staaten um einer Kanone willen in Streit zu gerathen.
    Man sah damals diese »wilden Brüder« gewaffnet in den Straßen der Stadt umherwandeln. Bei jedem Begegnen war ein Conflict zu befürchten, der schlimme Folgen haben konnte. Zum Glück verstand der Präsident mit Klugheit und Geschicklichkeit die Gefahr zu beschwören. Die Journale der verschiedenen Staaten wetteiferten mit persönlichen Demonstrationen;
New-York Herald
und die
Tribune
unterstützten Texas, während die
Times
und
American Review
für Florida plaidirten. Die Mitglieder des Gun-Clubs wußten nicht mehr, wem sie Gehör geben sollten.
    Texas zog stolz heran mit seinen sechsundzwanzig Provinzen, welche es wie eine Batterie aufstellte; aber Florida erwiderte, daß in einem sechsfach kleineren Lande zwölf Provinzen doch mehr vermöchten, als sechsundzwanzig.
    Texas prahlte stark mit seinen dreihundertunddreißigtausend Eingeborenen, aber Florida rühmte sich bescheidener, bei seinen sechsundfünfzigtausend Bewohnern doch besser bevölkert zu sein. Außerdem warf es Texas vor, es habe eine besondere Art von Sumpffieber, welchem Jahr aus Jahr ein, in guter wie schlechter Zeit, einige tausend als Opfer fielen. Und es hatte nicht Unrecht.
    Texas entgegnete, hinsichtlich des Fiebers habe Florida ihm nichts vorzuwerfen, und es sei mindestens unklug, andere Länder als ungesund zu bezeichnen, wenn man die Ehre habe, das »schwarze Erbrechen« (
Vomito negro
) chronisch bei sich zu haben. Und es hatte Recht.
    »Uebrigens«, fügte Texas durch den
New-York Herald
bei, »ist man einem Staate Rücksicht schuldig, wo die beste Baumwolle in Amerika wächst, einem Staat, der das beste Schiffbauholz liefert, so prachtvolle Kohlen enthält, und Eisenerz, das fünfzig Procent reines Metall ausgiebt.«
    Hierauf erwiderte der
American Review
, der Boden Florida’s sei zwar nicht so ergiebig, liefere aber die besten Erfordernisse für die Formen und den Guß der Columbiade, denn es sei reich an Sand und Thonboden.
    »Aber«, entgegneten die Texaner, »ehe man in einem Land etwas gießen will, muß man in dasselbe hineinkommen; allein die Verkehrswege mit Florida sind schwierig, während die Küste von Texas die Bai von Galveston darbietet, welche vierzehn Meilen Umfang hat und alle Flotten der Welt aufnehmen kann.«
    – Gut! erwiderten die Florida ergebenen Journale, Ihr möget hübsch prahlen mit der Bai Galveston, die über dem neunundzwanzigsten Breitegrad liegt. Haben wir nicht die Bai
Espiritu Santo
gerade unter dem achtundzwanzigsten, unmittelbar vor Tampa-Town?
    – Hübsche Bai! versetzte Texas, die halb versandet ist!
    – Selbst versandet! rief Florida. Sollte man nicht meinen, Ihr wäret ein Land von Wilden?
    – Wahrhaftig, die Seminolen durchstreifen auch Eure Wiesengründe!
    – Ei! und Eure Apachen und Comanchen, sind die civilisirt?
    So dauerte der Krieg seit einigen Tagen, als Florida seinen Gegner auf einen anderen Boden zu ziehen versuchte, und eines Morgens gab die
Times
zu verstehen, da die Unternehmung eine »wesentlich amerikanische« sei, so könne sie auch nur auf »wesentlich amerikanischem« Boden vorgenommen werden!
    Bei diesen Worten rief Texas empört: »Amerikaner! Sind wir’s nicht ebenso gut? Sind nicht Texas und Florida mit einander im Jahre 1845 der Union einverleibt worden?«
    – Allerdings, versetzte die
Times
, aber wir gehören seit 1820 zum Staat.
    – Ich glaub’s wohl, entgegnete die
Tribune
; nachdem Ihr zweihundert Jahre Spanier oder Engländer waret, hat man Euch um fünf Millionen Dollars an die Vereinigten Staaten verkauft.
    – Was liegt daran? erwiderten die Floridaner, haben wir uns dessen zu schämen? Hat man nicht 1803 Louisiana für sechzehn Millionen Dollars von Napoleon gekauft?
    – Eine Schande! riefen dann die Deputirten von Texas. Ein armseliger Fetzen Landes, wie Florida, wagt sich mit Texas zu vergleichen, das nicht verkauft wurde, sondern sich selbst unabhängig gemacht hat, das am 2. März 1836 die Mexicaner hinausjagte, und nach dem Sieg S. Huston’s über Santa-Anna’s Truppen am San-Jacinto sich zu einer Föderativrepublik erklärt hat! Ein

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