Von der Nacht verzaubert
Zeigefinger bewegte sich auf den Knopf zu, auf dem ein Schlüssel abgebildet war.
Gaspard rannte hinter mir die Treppe herunter. »Tu’s nicht!«, schrie er.
»Er bringt sonst meine Schwester um!«
»Ich gebe dir drei Sekunden, bevor ich ihr die Kehle durchschneide«, dröhnte Luciens Stimme durch den kleinen Lautsprecher unterhalb des Monitors. »Drei ...«
»Ich habe nur das Stockschwert bei mir. Warte, bis ich eine richtige Waffe habe«, rief Gaspard, der nun den Treppenansatz erreicht hatte und auf mich zuraste.
»Zwei ...«
Ich schaute Gaspard verzweifelt an, während ich den Knopf drückte. Das Tor öffnete sich.
»Schließ hinter mir ab, Gaspard. Lass ihn auf gar keinen Fall rein. Du musst Vincent beschützen!«, brüllte ich. Dann schlüpfte ich schnell hinaus, schlug die Tür hinter mir zu und machte mich bereit, dem Teufel die Stirn zu bieten.
L iucien stand mir im Innenhof gegenüber und hielt Georgia das Messer in den Rücken.
»Guten Abend, Kate«, sagte er mit kalter, glatter Stimme. Mordlüstern blickte er mich an, seine gigantische Statur wirkte jetzt doppelt so groß, als er bedrohlich über mir emporragte. Wie Georgia dieses Grauen erregende Monster je attraktiv gefunden haben konnte, war mir schleierhaft.
»Sei ein liebes Mädchen und bring mich ins Haus.«
»Das geht nicht«, sagte ich. »Die Tür ist verriegelt, ich kann nichts mehr für dich tun, du kannst Georgia also gehen lassen.« Ich hatte das Gefühl, dass diese Runde an mich ging. Aber ich wusste ja nicht, was als Nächstes kommen würde.
»Gaspard, ich weiß, dass du da drin bist«, rief Lucien. »Komm raus, sonst hast du das Blut von zwei Menschen an deinen Händen.«
Kaum dass er ausgesprochen hatte, öffnete sich die Tür und Gaspard trat heraus, das Stockschwert in beiden Händen.
»Nein, Gaspard!«, schrie ich. Was hat er vor?, dachte ich wütend. Er sollte sich doch im Haus verschanzen und Vincent beschützen. Für meine Schwester war ich ganz allein verantwortlich.
Gaspard ignorierte mich. Während er sich näherte, sagte er monoton: »Lucien, du niederträchtiger Blutsauger. Was führt deine faulige Leiche an diesem schönen Abend vor unser bescheidenes Haus?« Er wirkte wieder so erhaben wie damals, als ich ihn beim Training mit Vincent beobachtet hatte. Der unsichere, stotternde Dichter hatte sich wieder in einen Respekt einflößenden Krieger verwandelt.
Lucien trat auf ihn zu. Ich nutzte die Gelegenheit, griff Georgia am Arm und zog sie fort. »Los, verschwinden wir«, flüsterte ich, behielt aber die beiden Männer im Auge.
»Du bist außerordentlich schlecht bewaffnet, du bedauernswerte Kreatur, die sich unsterblich schimpft«, knurrte Lucien.
»Mit deinem Brotmesserchen kann es mein Schwert gerade noch so aufnehmen, du widerliche Made«, sagte Gaspard, schwang sein Schwert nach Lucien und traf ihn im Gesicht. Ein sauberer Schnitt klaffte auf der Wange des Riesen.
Obwohl sofort ein kleines Blutrinnsal seinen Hals entlanglief, hatte Lucien nicht einmal gezuckt. »Aufnehmen vielleicht, du lächerlicher Lazarusverschnitt, deshalb hab ich auch noch was anderes mitgebracht.« Schnell zog er eine Pistole unter seiner Jacke hervor und schoss Gaspard genau zwischen die Augen.
Gaspard stolperte ein paar Schritte rückwärts, während die Kugel in seine Stirn eindrang. Dann wurde sie in Zeitlupe jedoch sofort wieder auf gleichem Wege ausgespuckt und fiel mit einem Klirren zwischen Gaspards Füße auf den Boden. Lucien nutzte die paar Sekunden, die Gaspard außer Gefecht gesetzt war, stürzte sich auf ihn und riss ihn zu Boden.
Ich nahm Georgias Hand und zusammen rannten wir auf das Tor zu. »Stehen bleiben oder ich erschieße euch beide«, sagte Lucien, die Knarre auf uns gerichtet. Er saß rittlings auf Gaspard, der sich verzweifelt wehrte. Wir erstarrten. »Jetzt kommt schön wieder hierher, ihr beide bleibt bei mir.« Er beobachtete uns völlig reglos, während wir uns näherten. »Noch näher«, kommandierte er. Als wir nur noch eine Armlänge von ihm entfernt waren, steckte er seine Waffe wieder zurück ins Holster.
Dann holte er in einem großen Bogen mit seinem gewaltigen Messer aus, bevor er es wie eine Machete auf Gaspards Nacken zusausen ließ. Georgia und ich schrien gleichzeitig, unsere ohrenbetäubenden Schreie vereinten sich zu einem. Wir fielen einander panisch in die Arme und verbargen gegenseitig unsere Gesichter, um uns diesen Horror nicht ansehen zu müssen.
»Sind wir ein bisschen
Weitere Kostenlose Bücher