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Von der Nacht verzaubert

Titel: Von der Nacht verzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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wohingegen die Frau aus purem Licht und Milde geschaffen schien. Der Engel war ein Revenant, aber war er ein guter oder ein böser? Und war die Frau in seinen Armen tot oder schlief sie nur? Ich ging einen Schritt näher heran, um auch die Feinheiten der Statue betrachten zu können.
    Das Gesicht des Engels spiegelte Verzweiflung wider. Doch da war noch etwas anderes. Besessenheit. Aber auch Zärtlichkeit. Als würde er von ihr erwarten, dass sie ihn rettet, nicht umgekehrt. Plötzlich kam mir in den Sinn, wie Vincent mich nannte: mon ange. Mein Engel. Ein Schauer überlief mich, aber nicht, weil es kalt war.
    Jeanne hatte gesagt, mich kennenzulernen hätte Vincent verwandelt. Ich hätte ihm »neues Leben« geschenkt. Aber erwartete er von mir auch, dass ich seine Seele rettete?
    Ich sah mir die Frau genauer an. Sie strahlte eine vornehme Stärke aus. Ihre Haut reflektierte das Mondlicht und warf einen hellen Schein auf das Gesicht des Engels. Er wirkte wie geblendet von diesem Licht. Ich kannte den Gesichtsausdruck des Engels: Er lag auch auf Vincents Zügen, wenn er mich ansah.
    Ich war überwältigt, so vieles strömte auf einmal auf mich ein. Die Verwunderung darüber, dass Vincent ausgerechnet in mir gefunden hatte, wonach er suchte. Die Sorge, ob ich stark genug war, diese Last zu tragen. Noch stärker spürte ich das Verlangen, ihm zu geben, was er sich wünschte. Für ihn da zu sein. Vielleicht war ich ja dazu auserkoren, Vincent zu zeigen, dass es für ihn noch etwas anderes gab als Rache. Dass Liebe auf ihn wartete.
    Fast rannte ich durch die gespenstisch erleuchteten Flure zurück in Vincents Zimmer, schwang mich auf sein Bett und rutschte näher, bis ich neben ihm lag. Auf seinem kalten Gesicht zeigte sich nichts, sein makelloser Körper war nichts als eine leere Hülle.
    Ich versuchte, ihn mir so vorzustellen, wie Jeanne ihn beschrieben hatte. Als brutalen, rachsüchtigen Soldaten. Und obwohl sich mir gleich dieses unwiderstehliche Lächeln aufdrängte, das er mir immer zuwarf, hatte ich ihn auch als wütenden Rächer vor Augen. Er hatte etwas Gefährliches an sich, so wie alle Revenants.
    Sterbliche wurden vorsichtiger, wenn sie spürten, dass etwas bedrohlich wurde. Diese Fähigkeit besaßen Vincent und die anderen Revenants nicht mehr. Dass sie weder Verletzungen noch den Tod fürchten mussten, gab ihnen ein unerschütterliches Selbstvertrauen, das gleichzeitig beeindruckend und Furcht einflößend war.
    Ich fuhr mit einem Finger über sein Gesicht und erinnerte mich an das erste Mal, als ich ihn so gesehen hatte. Sein toter Körper hatte mich damals abgestoßen, doch nun wuchs in mir die Gewissheit, dass ich mit allem klarkommen konnte, was sich mir auch in Zukunft noch bieten würde. Um mit Vincent zusammen sein zu können, würde ich stark sein müssen. Mutig.
    Mein Telefon piepste. Ich sprang schnell vom Bett, um nachzuschauen, von wem ich eine SMS bekommen hatte. Sie war von Georgia:
    Nicht mehr bei Party. Muss dich sofort sprechen.
    Ich: Alles in Ordnung?
    Georgia: Nein.
    Ich: Wo bist du?
    Georgia: Vor Vincents Haus.
    Ich: Was??? Woher wusstest du, dass ich hier bin?
    Georgia: Hast du mir erzählt.
    Ich: Nein, hab ich nicht.
    Georgia: Ich muss dich sprechen. Gibst du mir den Türcode?
    Was sollte das? Was wollte sie? Und was sollte ich jetzt tun? Sie brauchte mich ganz offensichtlich, aber ich konnte ihr doch nicht einfach den Code schicken.
    Ich: Kann ich dir nicht sagen. Ich komm raus.
    Es klingelte an der Haustür. Ich rannte durch den Korridor und drückte den Knopf, der die Überwachungskamera einschaltete. Das Licht über der Kamera ging an und meine Schwester blinzelte in die Linse.
    »Georgia!«, brüllte ich in das Mikrofon. »Was machst du denn hier?«
    Als sie meine Stimme hörte, rief sie: »Kate, mein Gott, Kate. Es tut mir so wahnsinnig leid!«
    »Was ist passiert?«, fragte ich, Panik stieg in mir auf. Es war nicht zu übersehen, dass sie große Angst hatte.
    »Es tut mir so leid, es tut mir so leid«, jammerte sie und riss ihre zitternden Hände vor den Mund.
    »Was tut dir leid, Georgia? Sag doch was!«, schrie ich.
    »Dass sie mich hierhergeführt hat«, sagte eine leise Stimme. Dann trat Lucien hinter Georgia ins Licht und hielt ihr ein Messer an die Kehle.
    »Mach das Tor auf oder ich töte sie.« Die Worte trafen mich, als würde er direkt vor mir stehen und nicht hinter einem geschlossenen Tor und einer hohen Mauer.
    »Es tut mir leid, Katie«, weinte Georgia leise.
    Mein

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