Von Flammen verzehrt
kampferfahrenen Hütern aufzunehmen. Aber die Leibgarde war in der Überzahl, und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie diesen Kampf für sich entscheiden würden.
Doch auch das war Marzia egal. Für sie gab es nur zwei Männer, mit denen sie abrechnen wollte. Und zwar persönlich. Mit großer Ruhe stützte sie die Arme auf den Brunnenrand und legte an. Der kurze Lauf ihrer Waffe machte einen Schuss auf diese Distanz schwierig, aber nicht unmöglich. Und die beiden kämpfenden Männer kamen ihr immer näher. Sie atmete tief ein – und ihr Finger zuckte am Abzug.
Mit einem Lächeln nahm sie den Verräter ins Visier.
„Mach es ab! Schnell!“, kreischte Chloé und riss den Stoff beiseite, aber noch ehe Fay auch nur erkennen konnte, wovon ihre Schwester sprach, fiel wieder ein Schuss.
Fay zuckte zusammen. Sie duckte sich über Chloé und suchte den Platz nach Julien ab.
Die Hüter lagen im Kampf mit den Gardisten. Schwerter trafen auf Hellebarden, und der Kreis der Angreifer zog sich immer weiter zu. Fay spürte Chloés Blut warm an ihrem Arm, aber es schien, als wäre dies etwas, das außerhalb ihres Sonnensystems geschah. All ihre Sinne waren auf eines ausgerichtet: Julien inmitten dieses Albtraumes zu finden. Als sie ihn endlich sah, entstieg ihrer Kehle ein Schmerzensschrei – um ein Vielfaches lauter als der ihrer Schwester.
Julien duckte sich unter der Klinge seines Gegners hindurch und teilte einen Hieb mit dem Schwert aus. Der Schweiß lief ihm den Rücken hinab, und er kam nicht umhin, Kraft und Geschick des Wanderers zu bewundern. Dieser war zäh wie das Leder, das seinen Körper umgab, und jeder seiner Schritte schien aus kalter Berechnung geboren. Seine Klinge war kürzer als Juliens, aber seine Stiche kamen schnell und äußerst präzise.
Gerade entkam Julien nur knapp seiner Attacke, darauf bedacht, seinen Feind von Fay und ihrer Schwester fortzulocken. Den Rubin zu verlieren, schien ihm im Moment das kleinste seiner Probleme, wenn er an die Männer in den gestreiften Uniformen dachte.
Wo zur Hölle blieb Cruz?
Als der grüne Lieferwagen endlich mit quietschenden Reifen eine Bresche in die Reihe der Gardisten schlug, die panisch zur Seite sprangen, um nicht überfahren zu werden, lachte der Wanderer, und nutzte den Moment der Ablenkung für seinen Rückzug.
„Colombier, mein Freund – es war mir ein Vergnügen“, rief er, als ein weiterer Schuss ertönte.
Julien spürte das Feuer in seiner Brust, das sich wie bei einer Explosion in seinem ganzen Körper ausbreitete. Kraftlos fiel er zu Boden. Der Atem blieb ihm im Hals stecken, während eisiges Grauen ihn erfasste. Er wandte den Kopf und sah zu Fay.
Ihre Blicke trafen sich. Er sah ihre Tränen … dann wurde es schwarz um ihn.
Überrascht vom unerwarteten Sturz seines Gegners, steckte der Wanderer die Rubinklinge zurück in die Scheide und zog seine zwei Berettas. Mit beinahe bedauerndem Schulterzucken folgte er dem Blick des am Boden liegenden Julien. Die beiden Frauen im Schatten des mächtigen Obelisken waren nur Randfiguren in ihrem jahrhundertealten Kampf.
Mit einem Lächeln nahm er das Bild von Chloé in sich auf, die schwach und zitternd in ihrem Blut lag. Er keuchte lustvoll, als er sich den Schmerz vorstellte, den sie zu ertragen hatte, und wünschte fast, sie nicht gehen lassen zu müssen. Ihre Qual berauschte ihn, und ihr Blut lockte ihn wie der Zucker die Fliegen.
Er wusste, sie sah ihn durch ihren Tränenschleier hindurch. Er wusste, sie fragte sich, warum er sie nicht einfach zerstörte – denn sich bewusst für ihn zu entscheiden, bedeutete ebenfalls ihr Ende … nur würde sie sich damit selbst zerstören.
Als Lamar unter dem Schutz seiner Brüder die beiden Frauen in den Lieferwagen schaffte, hob der Wanderer die Berettas und verneigte sich leicht vor Chloé.
Er streckte die Arme gerade vor sich und feuerte auf die Gardisten. Rückwärts näherte er sich dem Petersdom und schoss dabei auf jeden, der ihn nur ansah.
Eine Frau kauerte heulend auf den Stufen der Basilika, und er richtete seine Pistole auf ihren Kopf.
„Buongiorno“, grüßte er mit einem Augenzwinkern und genoss es, wie sie in Todesangst die Augen schloss.
Da entdeckte er Marzia. Für sie holte er noch einmal den Rubin hervor und hielt ihn ihr demonstrativ entgegen. Der Beweis, den sie gefordert hatte. Die Frau zu seinen Füßen weinte, aber viel befriedigender war das kalte Grauen im Blick seiner Sklavin. Sie hatte jetzt keine
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