Von Moerdern und anderen Menschen
ehrlich.»
«Ihr habt ja auch ‘ne Menge Ähnlichkeit», sagte Ines.
Christian wedelte ihre Rauchwolken aus dem Fenster. «Das is vielleicht ‘ne Scheiße alles!»
Wieder schrie seine Mutter nach oben. «Christian – Telefon! Geh mal eben ran!»
Christian stampfte mit dem Fuß auf. «Du, ich halt das nicht mehr aus, ich dreh gleich durch.»
«Trink mal ‘n Schluck, hier.» Sie reichte ihm eine halbleere Coca-Flasche rüber.
«Te-le-foon!»
Ines drückte ihn auf die Liege zurück. «Laß mal, ich geh schon.» Sie lief die Treppe hinunter und eilte zum Apparat, der in einer schmalen Nische hinter dem Tresen stand. Bei dem in der Gaststube herrschenden Lärm war der Anrufer nur schlecht zu verstehen. «Hier ist Ines Koschinski», rief sie, «Gasthaus am Bahndamm… Ja, bitte?»
Der Mann am anderen Ende der Leitung sprach etwas undeutlich, näselnd, in einem süddeutschen Dialekt. «Hier ist’ Pook. Kann ich bitte Frau Machnik sprechen?»
«Ja, Sekunde bitte.» Ines winkte zum Buffet hinüber, wo die Wirtin gerade die nächsten Klaren für den Stammtisch fertigmachte. «Frau Machnik – Herr Pook ist am Apparat!»
Christian war ihr hinterhergekommen. «Wer is ‘n dran – Pook…?»
Ines sah ihn an. «Ja. Willst du ihn selber sprechen?»
Jutta Machnik riß ihr den Hörer aus der Hand und scheuchte die beiden mit einer unwirschen Handbewegung vom Apparat weg. «Gib schon her! – Was denn – Herr Pook, Sie?»
Ein paar Sekunden vergingen. «Küß dich, Jutta. Du, ich…»
«Momentchen mal… Christian, mach doch mal die drei Klaren für Herrn Kujawa fertig, die warten da schon drauf.» Dann wurde sie ungeheuer sachlich: «Ja, Herr Pook, tut mir leid, Ihre Brieftasche hat sich leider noch nicht…»
Die Stimme klang gehetzt. «Ich hab’s eilig, ich bin gar nicht in Bad Harzburg, ich bin im Augenblick in Mailand…» .
«Was denn – in Mailand?»
«Du, da ist was schiefgegangen. Sie sind hinter mir her – erzähl ich dir später. Da kommt ja… Ja, sofort! – Du, ich meld mich morgen wieder. Also…» Es knackte in der Leitung. Aufgelegt.
Ines gab Christian einen leichten Stoß – und nach einem kurzen Zögern goß er tatsächlich den restlichen Schnaps in die Gläser und trug das Tablett zum Stammtisch hinüber.
«So, Herr Kujawa, die drei Klaren für Sie.»
Kujawa war schon etwas angetrunken. «Ach, da kommt ja unser edler Telemach, Telemachos, Telemachnik. Es lebe unser edler Telemachnik!»
Sendrowski lachte. «Ärger doch nicht wieder deinen Schwiegersohn in spe!»
Kujawa riß Christians Arm hoch. «Hallo, Telemachnik, grüß mir den Odysseus schön!»
«Ich warne Sie – lassen Sie das!» Christian machte sich wieder frei.
Kujawa sah ihn mit glasigen Augen an. «Du und mich warnen? Da wachs man erst noch ‘n paar Zentimeter. Vorher kannste aber noch mal zurückgehen und mein Glas vollmachen – bis zum Eichstrich, bitte. Ich bezahl meinen Schnaps schließlich…»
Da explodierte Christian. «Hier haben Sie ‘n – bis übern Eichstrich!» Mit einer schnellen Bewegung schüttete er Kujawa den Klaren mitten ins Gesicht. «Schluß jetzt, Feierabend – raus hier alle, los!» Ehe ihm jemand in den Arm fallen konnte, hatte er Kujawas Tisch umgestoßen.
Die Skatbrüder spritzten zur Seite.
«Chris!» Jutta Machnik versuchte ihren Sohn zurückzuhalten. «Christian, du bist wohl…»
«Nichts bin ich!» Christian tobte weiter. «Jetzt wird hier ausgemistet – ein für allemal ausgemistet!»
«Mir den…» Kujawa erhob sich taumelnd. «… den Schnaps ins Gesicht…»
Christian stieß ihn vor die Brust, daß er gegen die Musicbox flog. Nichts und niemand konnte ihn mehr aufhalten. «Halt die Schnauze, sonst kriegste noch was anderes rein, du alte fette Sau, du! Geh doch in ‘n Puff – geh dahin, wo de herkommst!» Er wollte wieder auf Kujawa losgehen.
«Auseinander!» Sendrowski warf sich dazwischen. «Halten Sie die beiden doch fest! Ruf doch mal einer die…»
Kujawa stieß Sendrowski beiseite und ließ Christian mit einer schnellen Drehung voll gegen seine Schulter laufen. «Halber Hahn du, ich schlag dir gleich…»
«Kujawa!» schrie Jutta Machnik und versuchte gleichzeitig, ihren Sohn zurückzureißen. «Christian, laß das Messer… Christian!»
Ein Aufschrei.
Das war am Mittwochabend; am Sonntag danach saß Machnik mit seiner Frau auf der Terrasse hinter dem Haus und frühstückte. Gestern nachmittag war er, von Teheran kommend, in Köln-Bonn gelandet. Sein
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