Von nix kommt nix: Voll auf Erfolgskurs mit den Geissens (German Edition)
war. Später tanzte ich dann unheimlich gerne und am Ende sogar richtig turniermäßig. Doch nichts erfüllte mich so sehr wie meine Fitness-Karriere, die ich Ende der siebziger Jahre begann und die ich eigentlich einer damaligen Freundin zu verdanken hatte. Sie trainierte schon seit einiger Zeit in einem Fitnessstudio und schleppte mich eines schönen Tages mehr aus Langeweile heraus einfach mit hinein.
Ich war skeptisch, ob diese Art der Leibesertüchtigung für mich zartes Persönchen überhaupt das Richtige war. Schließlich waren die Studios damals keine durchgestylten Gesundheitstempel wie heute, mit modernen Geräten, einem Wellnessbereich mit Sauna und vor allem einem ansprechenden Ambiente, sondern im Grunde genommen reine Muckibuden, in denen außer Streckbänken, Hantelstangen, Gewichten und Spiegeln nichts drin war. Sie duldete jedoch keinerlei Einwände meinerseits, zeigte mir ein paar Übungen und erklärte, wofür das irgendwann einmal gut sein sollte. Mein ganzer Körper schmerzte.
Am Morgen nach dem ersten Training kam das böse Erwachen und ich konnte mich nicht mehr rühren, so sehr hatte ich Muskelkater. Mir taten Stellen an Armen und Beinen weh, von denen ich nicht einmal wusste, dass sich dort überhaupt irgendwelche Muskeln befanden. Zudem war ich eher zierlich und meilenweit davon entfernt, mich für Kraftsport oder dergleichen zu interessieren.
Das Komische aber war: Ich war trotz meiner Schmerzen irgendwie auf den Geschmack gekommen! Ich rief meine Freundin an und fragte sie, wann wir wieder hingehen würden. Und schnell wurde aus einem eigentlich einmaligen Experiment ein regelmäßiges Hobby. Das war bei mir schon immer so gewesen – wenn ich für etwas Feuer gefangen hatte, dann ganz. Halbe Sachen gab und gibt es bei mir auch heute nicht! Also stürzte ich mich volle Kanne in den neuen Sport, und schon nach kurzer Zeit fiel mein Enthusiasmus auch dem Studio-Boss auf, der nicht nur der Besitzer war, sondern auch ein erfolgreicher Boxer und überdies noch der Ehemann einer erfolgreichen Bodybuilderin. Mit seinem geschulten Blick erkannte er wohl ein gewisses Talent bei mir und nahm mich unter seine Fittiche. Nach ein paar Wochen schaffte ich bereits hundert Sit-ups am Stück. Mein Körper nahm, im wahrsten Sinne des Wortes, langsam Formen an.
Es dauerte nicht lange, und mein großer Förderer überredete mich, bei der alljährlichen »Miss Studio«-Wahl in unserem Fitnesscenter anzutreten. Ich hielt das erst für einen schlechten Scherz, denn ich hatte so etwas ja noch nie gemacht. Aber er akzeptierte meine Ausreden nicht und schmiss mich ins kalte Wasser beziehungsweise auf die provisorische Bühne.
Dort stand ich nun und hatte tierisches Lampenfieber. Die »Jury« bestand aus dem Studio-Chef und seiner Gattin. Ich zeigte also ein paar Posen, die ich inzwischen gelernt hatte. Und was soll ich sagen: Zur Überraschung aller, vor allem meiner eigenen, gewann ich tatsächlich! Ich, die Newcomerin, die das Programm erst seit vier, fünf Wochen machte, setzte mich gegen gestandene Sportlerinnen durch, die schon seit Jahren eifrig trainierten. Ich freute mich wie Bolle – und bekam schnell mit, welchen Unmut die Entscheidung der Juroren bei den etablierten Mädels ausgelöst hatte, allen voran meiner Freundin. Die machte nämlich natürlich auch bei der Wahl mit und war nicht gerade begeistert, dass ich sie hinter mir ließ, obwohl sie schon viel länger trainierte. Mit der brauchte ich jedenfalls nicht auf meinen Sieg anstoßen.
»Du bist ein echtes Talent, Carmen«, sagte mein stolzer Trainer später auf der After-Show-Party in einer Kölner Disco zu mir, während ich immer noch ganz perplex an meiner Cola nuckelte.
»Da müssen wir was draus machen!«
»Ganz oder gar nicht –halbe Sachen gibt es bei mir nicht.«
Ich wusste in dem Moment nicht genau, was er meinte, aber wir machten tatsächlich etwas draus. Und das sah so aus, dass ich mich täglich zwei, drei Stunden unter seiner Anleitung abschinden musste. Dass das nicht immer Spaß gemacht hat, wäre ganz schön untertrieben. Aber ich hatte nun ein konkretes Ziel vor Augen, auf das ich hinarbeiten konnte: sportlichen Erfolg und die entsprechende Anerkennung dafür. Erst trat ich nur bei kleineren Wettbewerben an. Dann aber wurden die Shows immer größer - und mein Trainer wurde im Gegenzug leider immer strenger. Kurz vor der sogenannten »Miss Grenzland«-Wahl kam ich fröhlich mit einer Tüte Haribo imStudio an. Das
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