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Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)

Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)

Titel: Von sündiger Anmut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Callen
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schwerfiel, wenn man sozusagen Tür an Tür mit dem Duke of Madingley lebte. Es war ein ständiger Stachel im Fleisch gewesen für den ehrgeizigen Derby. Dabei hatte der alte Duke nie seinen Vater beleidigt oder brüskiert – allein seine Gegenwart reichte aus. Und als der Nachbar aus dem Hochadel sich für Peters Ausbildung zu interessieren begann, die der Vater ihm nicht in angemessener Weise ermöglichen konnte, wurde alles noch schlimmer. Nur der Fürsprache seiner Mutter war es zu verdanken, dass der Sohn ebenfalls von den Hauslehrern der Cabots unterrichtet wurde.
    »Hast du Mary Anne gefragt, warum gerade dieses Spiel?«, wollte Peter wissen.
    »Sie weicht mir aus. Ich hätte es ja laufen lassen, Peter, aber als wir vor drei Tagen bei einer Dinnerparty waren, ging ich zufällig am Billardzimmer vorbei und hörte den Tumult. Ich sah sie inmitten einer Gruppe von Männern stehen – sie war nicht die einzige Dame«, fügte seine Mutter schnell hinzu. »Doch sie hatten ihr bloß deshalb erlaubt mitzuspielen, weil sie annahmen …« Sie verstummte mit einem tiefen Seufzer.
    »Dass sie nichts davon versteht«, brachte er ihren Satz zu Ende.
    »Später hörte ich, dass sie am Anfang ganz harmlos spielte und sie in Sicherheit wog, bis sie ihnen dann am Ende ihr Geld abnahm. Kannst du dir das vorstellen, Peter? Gott sei Dank sind diese Männer Freunde von uns, und das Gerede wird nicht die Runde machen. Aber was passiert, wenn sie es immer wieder tut? Soll ich sie vielleicht zu Hause einsperren? Darüber kann sie leicht zur alten Jungfer werden, die keiner mehr will. Wer weiß allerdings, ob sie nicht genau das plant. Sie zeigt nämlich überhaupt kein Interesse daran, die Aufmerksamkeit eines Mannes auf sich zu ziehen – außer er ist bereit, Billard mit ihr zu spielen.«
    Er nickte verständnisvoll. Jede Mutter wollte ihre Tochter gut verheiratet sehen, weil sie fürchtete, sie könnte sonst als arme Verwandte enden. Er würde zwar seiner Schwester nie das Gefühl geben, von seiner Gnade zu leben, doch das war es nicht, was seine Mutter hören wollte. Und er konnte sich außerdem nicht vorstellen, dass die stolze Mary Anne ihm zu Dank verpflichtet sein wollte.
    »Ich werde mit ihr reden«, versprach er und stand auf.
    Seine Mutter ließ sich nach hinten ins Polster sinken, und die Sorgenfalten auf ihrem Gesicht glätteten sich ein wenig. »Sie liebt dich, Peter. Vielleicht hört sie ja auf dich.«
    Obwohl er sich nicht einmal sicher war, dass sie ihn überhaupt anhören würde, musste er sein Glück probieren. »Weißt du, wo sie gerade ist?«
    »Was meinst du wohl?«, erwiderte Mrs Derby mit einem abgrundtiefen Seufzer.
    Wie erwartet befand sich seine Schwester tatsächlich im Billardzimmer, wo sie gerade über den Tisch gebeugt zu einem Stoß ansetzte. Er sprach sie nicht an, um sie nicht in ihrer Konzentration zu stören.
    An der Wand standen Lederbänke und kleine Tische. Über dem Billardtisch spendete eine Öllampe Licht, und ein darunterhängendes Auffangschälchen sorgte dafür, dass der grüne Belag des Tisches nicht ruiniert wurde.
    Peter versuchte, seine Schwester mit den Augen eines Fremden zu betrachten. Sie war ein hübsches Mädchen mit dem gleichen sandfarbenen Haar und den blauen Augen wie er und groß gewachsen für eine Frau, was sie, wie sie ihm einmal gestanden hatte, sehr störte.
    Zum ersten Mal bemerkte er, wie dunkel ihr Kleid war – von einem Grün, das fast grau wirkte. Wenn er es sich recht überlegte, trug sie eigentlich nie helle Farben, schmückte sich auch nicht mit Schleifen und Bändern wie Elizabeth. Sogar das Haar trug sie streng und schlicht zu einem Knoten im Nacken geschlungen.
    Nachdem mehrere Elfenbeinkugeln mit lautem Klacken gegeneinandergeprallt waren, richtete Mary Anne sich auf und grinste zufrieden. Peter applaudierte. Sie zuckte zusammen, drehte sich um und sah ihn an den Türrahmen gelehnt dastehen.
    Sie lächelte. »Ich bin gut, nicht wahr?«
    »Ja, das hat mir Mutter auch gesagt.«
    Mit einem lauten Seufzer lehnte sie sich an den Tisch, zog das Queue an die Brust und reckte die kecke Nase. »Also hat sie sich bei dir über mich beschwert.«
    »Nicht beschwert. Sie macht sich einfach nur Sorgen und sagt, dass Billard zu einer Manie bei dir geworden sei.«
    Sie verdrehte die Augen und stöhnte.
    »Ziemlich theatralisch«, meinte er sanft.
    »Früher war es normal, wenn Frauen Billard spielten«, erklärte sie. »Erst in letzter Zeit haben die Männer angefangen,

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