Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)
Jedes Wort und jede Handlung werden dabei begleitet von vorausschauender Weisheit und tatkräftiger Liebe. Ohne die Trennung von einem »Ich« hier und einem »Du« woanders strahlt der Geist wie eine Sonne, die mühelos von sich aus strahlt. Buddha zeigte bis zu seinem Lebensende ununterbrochen diesen letztendlichen Zustand und verband Einsicht und Mitgefühl in Wort und Tat.
»Es gibt einen Weg zum Ende des Leids.« Mit dieser vierten Aussage machte er alles greifbar. In seinem Lehrstil zeigte sich, dass er langfristig lieber Kollegen als gläubige Anhänger wünschte. Statt dogmatisch vorzugeben, wie oder was zu denken oder zu glauben sei, lehrte er seine Schüler, alles kritisch zu hinterfragen und die wahren Zusammenhänge des Lebens selbst zu erkennen.
Als er starb, waren seine letzten Worte: »Ich kann froh von hier gehen. Alles, was euch nutzen kann, habe ich bereits gegeben.« Da eine solche Aussage leicht zur Unselbständigkeit hätte führen können, ergänzte er: »Jetzt glaubt mir kein Wort, bloß weil ein Buddha es sprach, sondern untersucht alles selbst. Seid euer eigenes Klares Licht!« Das war eine ausdrückliche Aufforderung an seine Schüler, nicht nach Glaubenssätzen zu greifen, sondern alles mit eigener Erfahrung zu überprüfen.
Verantwortung für sich zu übernehmen war also die Aufgabenstellung, und er lehrte seine unterschiedlich ausgerichteten Schüler dies auf verschiedenen Ebenen: Denjenigen, die vor allem eigenes Leid auflösen wollen, gab er die Belehrungen des südlichen Buddhismus, auch Theravada oder Grundlagenfahrzeug genannt; diejenigen, die vor allem aus Mitgefühl und mit Einsicht anderen nutzen wollen, bereicherte er mit den Mitteln des nördlichen Buddhismus, bekannt auch als Mahayana oder Großer Weg, und hielt schließlich den Schülern, die den großen Sprung wagen und sich wie Buddhas verhalten wollen, bis sie solche geworden sind, den leuchtenden Spiegel ihrer eigenen Buddhanatur vor, die Sichtweise und Übungen des Vajrayana oder Diamantweges.
Buddhas Schüler verbrachten nach seinem Tod Monate damit, seine Lehren zusammenzutragen, und mehrere von ihnen hatten ein kristallklares Gedächtnis. So entstanden die 108 (mitunter 103 oder 106) Bücher und 84000 Belehrungen des Kanjurs, der (tibetischen) Sammlung seiner Lehren. Später wurde er noch durch den Tenjur erweitert, Erläuterungen früher indischer Meister. Er umfasst 254 ähnlich dicke Bände.
Im Wesentlichen besteht Buddhas Weg aus drei Pfeilern: Wissen – das hinterfragt werden soll, Meditation – wodurch das als gültig und nützlich Anerkannte vom Kopf ins Herz rutscht und einen bereichert, und einer Verhaltensweise – die den Übenden ermöglicht, die Wirkung der Lehren zu erfahren und sie wirksam abzusichern.
Die Vier Grundgedanken
Aus buddhistischer Sicht hängen Glück und Freude nicht von äußeren Bedingungen ab, die sich ständig ändern, sondern von dem Erleber aller Erscheinungen – dem Geist selbst. Deshalb sucht man Erfüllung, indem man die Aufmerksamkeit nach innen kehrt. Der Geist ist seinem Wesen nach ein leuchtender Spiegel, dessen Strahlkraft jedoch durch Schleier von früheren Erlebnissen und den mehr oder weniger menschlichen Kulturhintergrund getrübt ist, in den man durch sein Karma hineingeboren wurde. Das, was in ihm erscheint – seine Bilder –, ist vergänglich und letztendlich nicht wirklich, nur der Spiegel selbst hat Bestand. Deshalb macht es Sinn, sich um den Erleber selbst zu kümmern und nicht um die darin herumtanzenden schnelllebigen Erscheinungen.
Buddhas entscheidendes Mittel hierfür ist Meditation (sanskr.: bhavana oder sadhana, tib.: gom). Erst durch die unmittelbare Arbeit mit dem Geist findet man eine Ebene der Zufriedenheit, auf der einem die äußere Welt und die Besitztümer dienen und den Raum für die Entwicklung wirklicher und dauerhafter Werte frei machen. Das Beobachten des Geistes sowie die Lebensgeschichten von verwirklichten Meistern und Buddha selbst sind dabei richtungweisend für den eigenen Entwicklungsweg. Sie zeigen durch ihre Zeitlosigkeit, wie man das Leben meistern kann, während man, getragen von Furchtlosigkeit, Freude und Liebe, jederzeit an andere denkt und ihnen hilft. Für manche Menschen reichen solche Beispiele aus, um sich den buddhistischen Mitteln gegenüber zu öffnen und die erlernten Meditationen zu nutzen. Andere werden durch Verluste aufgerüttelt, denn die meisten bemerken die glücklichen Augenblicke leider erst,
Weitere Kostenlose Bücher