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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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so kurz nach dem Knast, wo alles immer gleich blieb und man alle zumindest vom Sehen kannte. Er war direkt ins tiefe Becken gesprungen und konnte sich gerade einmal über Wasser halten. Er trottete mit der Menge mit, immer zwei Schritte hinter seinem Vordermann und zwei Schritte vor dem Hintermann, wie im Sträflingstrupp. Immer noch gefangen in jahrelanger Gewohnheit.
    Irgendwann stahl er sich aus der Menge heraus in ein kleines Café. Es war gerammelt voll mit Leuten, die sich schnell noch eine Dosis Koffein verabreichten, bevor sie ins Büro hetzten. Er bestellte einen Espresso, der in einem Pappbecher mit Papphenkel serviert wurde, darauf die Warnung, das Getränk sei SEHR HEISS. Er probierte. Es war lauwarm.
    Was hatte er hier in New York verloren? Das war nicht einmal seine Stadt. Und wie hatte er überhaupt daran denken können, um die Welt zu reisen, ohne vorher zu Hause gewesen zu sein? Ohne sich an das Leben in Freiheit gewöhnt zu haben? Sandra hätte gesagt, wie sinnlos es war, wegzulaufen, wenn man irgendwann doch zurückkommen musste. Und sie hätte recht gehabt. Wovor hatte er Angst? Dass sie nicht mehr da war? Damit würde er sich abfinden müssen.
    Scheiß drauf. Er würde das erste Flugzeug nach Miami nehmen.

    Zurück im Hotelzimmer, rief Max sämtliche Fluggesellschaften an und bekam einen Platz für Freitagnachmittag.
    Auch wenn er keine Ahnung hatte, was er in Miami tun würde, gab es ihm doch ein gutes Gefühl, ein vertrautes Ziel zu haben.
    Jetzt wollte er erst einmal duschen, etwas essen und sich die Haare schneiden lassen, wenn er einen Friseur fand.
    Das Telefon klingelte.
    »Mr. Mingus?«
    »Ja?«
    »Allain Carver.«
    Max schwieg. Wie hatte der ihn hier gefunden?
    Dave Torres. Er war der Einzige, der wusste, wo Max war. Wie lange arbeitete er schon für Carver? Wahrscheinlich seit Max ihn gebeten hatte, den Anrufen im Knast ein Ende zu setzen. Statt sich an die Behörden zu wenden, war Torres gleich zu Carver selbst gegangen. Der korrupte Drecksack ließ sich keine Gelegenheit entgehen, noch ein paar Dollar mehr zu machen.
    »Hallo? Sind Sie noch da?«
    »Was wollen Sie?«, fragte Max.
    »Ich habe einen Auftrag, der Sie vielleicht interessieren könnte.«
    Max verabredete sich für den nächsten Tag mit ihm. Seine Neugier war wieder da.
    Carver nannte ihm einen Treffpunkt in Manhattan.

    »Mr. Mingus? Ich bin Allain Carver.«
    Erster Eindruck: aufgeblasener Wichser.
    Carver war aus seinem Sessel aufgestanden, als Max den Club betreten hatte. Er hatte ein paar Schritte auf ihn zu gemacht, um sich zu erkennen zu geben, und war dann, die Hände hinter dem Rücken, stehen geblieben – ganz im Stile eines Kronprinzen, der den Botschafter einer verarmten, ehemaligen Kolonie empfängt.
    Groß und schlank, im maßgeschneiderten marineblauen Wollanzug mit himmelblauem Hemd und passender Seidenkrawatte hätte Carver gut und gern in einem Musical aus den 1920er Jahren einen Passanten in einer Wall-Street-Szene geben können. Das kurze blonde Haar trug er in der Mitte gescheitelt und nach hinten gegelt. Er hatte ein kräftiges Kinn, ein langes, spitzes Gesicht und sonnengebräunte Haut.
    Sie gaben einander die Hand. Fester Händedruck, glatte, weiche Haut, noch nie richtig gearbeitet.
    Carver führte ihn zu einem schwarzen Clubsessel aus Leder und Mahagoni, vor dem ein runder Tisch stand. Er wartete, bis Max saß, dann setzte er sich ihm gegenüber. Die gewölbte, zu beiden Seiten weit vorgezogene Rückenlehne ragte gut einen halben Meter über Max’ Kopf hinaus. Er konnte weder nach links noch nach rechts schauen, ohne sich sehr weit vorzulehnen und den Hals zu recken. Er saß wie in einer kleinen Kabine.
    Hinter ihm war die Theke, die sich über die ganze Breite des Raumes erstreckte. Jedes erdenkliche alkoholische Getränk schien dort aufgereiht – die grünen, blauen, gelben, pinkfarbenen, weißen, braunen, klaren und halbklaren Flaschen leuchteten so fröhlich wie die Plastikperlenvorhänge in einem Nobelpuff.
    »Was möchten Sie trinken?«
    »Kaffee bitte. Mit Sahne, ohne Zucker.«
    Carver schaute zum anderen Ende des Raumes hinüber und hob die Hand. Eine Kellnerin kam. Sie war gertenschlank, mit hohen Wangenknochen, vollen Lippen und einem Gang wie auf dem Laufsteg. Tatsächlich sahen alle Angestellten hier aus wie Models: Beide Barmänner hatten einen Dreitagebart und diesen schmelzenden Verführerblick, mit dem sich weiße Hemden und Aftershaves verkaufen ließen. Die Empfangsdame

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