Vor dem Urknall
automatisch.
Ein computergestütztes Universum, in dem nur Sie selbst detailliert auftreten, ist die minimale Version, aber es gibt keinen Grund – vorausgesetzt, es handelt sich um einen fortgeschrittenen Computer –, dieses Bild so zu erweitern, dass es so viel vom Universum enthält, wie es Ihren Wünschen entspricht. Hier haben wir dann tatsächlich das «It from bit»-Universum. Weder Sie selbst noch andere Menschen oder die Flasche Mineralwasser auf Ihrem Schreibtisch haben eine unabhängige Existenz. Jeder Aspekt des Universums, vom einfachsten Luftmolekül über die atomare Struktur Ihres Gehirns, das irgendwie Ihr Bewusstsein erzeugt, bis zum Quasar in der Ferne des Kosmos, ist lediglich eine Anordnung von Bits.
Die Illusion der Bewegung
In dieser Welt ist die körperliche Bewegung eine Illusion. Nichts bewegt sich so, wie es scheint. Genauso wie die Bits in einem herkömmlichen Computer ein bewegtes Bild auf dem Bildschirm erzeugen, gibt es in Wirklichkeit keine Objekte, die im Raum in Bewegung wären. Dies stimmt wunderbar mit einer Reihe von Paradoxa überein, die sich der griechische Philosoph Zenon vor mehr als 2500 Jahren ausdachte. Sein Paradoxon von Achilles und der Schildkröte haben wir bereits kennengelernt. Er schrieb diese Geschichte, weil er zur Schule des Parmenides gehörte, der glaubte, jede Bewegung sei eine Illusion.
Das beste Beispiel zur Veranschaulichung dieser Haltung ist sein Pfeil-Paradoxon. Darin beschreibt er den Flug eines Pfeils durch den Raum. Nach einer gewissen Zeit wird sich der Pfeil zu einer neuen Position fortbewegt haben. Jetzt wollen wir ihn uns aber in einem bestimmten Augenblick in der Zeit vorstellen. Irgendwo muss der Pfeil sein. Es ist denkbar, dass er im Raum hängt wie im Einzelbild eines Films. Und genau da befindet sich der Pfeil um, sagen wir, zehn nach zwei.
Hier erweist sich der Filmvergleich als nützlich. Inzwischen gibt es eine Videotechnik (erstmals zufällig ausgiebig in
Matrix
benutzt), die die Zeit anzuhalten scheint. Ein Objekt friert im Raum ein, während die Kamera es umrundet und aus unterschiedlichen Richtungen zeigt. (In Wirklichkeit fängt eine ganze Reihe von Kameras den Augenblick ein, und dann verknüpft ein Computer ihre Bilder, um die Illusion des Rundumschwenks der Kamera zu erzeugen.) Stellen wir uns vor, wir täten dies in Wirklichkeit. Wir halten die Zeit in diesem Moment an und sehen uns den Pfeil an.
Jetzt machen wir das Gleiche mit einem anderen Pfeil, der sich nicht bewegt, und machen uns keine großen Sorgen, wie dieser zweite Pfeil im Raum hängt. Sollten Sie wirklich ein Problem damit haben, könnten wir das Paradoxon auch mit zwei Lastwagen beackern, von denen einer fährt und der andere stillsteht, aber Zenon benutzte einen Pfeil, und deshalb möchte ich auch dabei bleiben. Die Frage, die sich Zenon stellte, lautet: Wie können wir den Unterschied feststellen? Wie kann uns der Pfeil den Unterschied klarmachen? Woher weiß der erste Pfeil, dass er im nächsten Augenblick die Position wechseln muss, während der andere, in unserem Schnappschuss scheinbar identisch mit dem ersten, unbewegt bleibt?
In unserem Quantencomputer-Universum ist der einzige Unterschied zwischen den beiden Pfeilen ein Parameter, zumindest auf grundlegender Ebene. Pfeile bestehen, wie wir wissen, aus Atomen, von denen jedes seine eigene Ansammlung einzigartiger Quantenparameter besitzt. Im Prinzip wären die beiden Pfeile in ihren Details sowohl auf der atomaren Ebene als auch in ihrer relativen Geschwindigkeit voneinander verschieden.
Unsere errechnete Welt jedoch könnte hier wieder schummeln und dieses Detailniveau erst erreichen, wenn es wirklich erforderlich ist. Interessanterweise behauptet ja die Quantentheorie, dass genau dieser Akt der Beobachtung von Quantenteilchen diese verändert. Vorausgesetzt, wir akzeptieren, dass das Beobachtetwerden einen Einfluss auf reale Objekte hat, ließe sich sagen, ein derart «faules», von einem Quantencomputer beherbergtes Universum, das sich erst um die Details kümmert, wenn man sie braucht, genau das sei, was man von unserem Verständnis der Quantenwelt erwarten könnte.
Die Geschichte neu schreiben
Falls das Universum wahrhaftig in eine solche Umgebung versetzt wird, läuft alles aus ferner Vergangenheit – wie etwa der Urknall – auf eine Fiktion hinaus. Es muss auf der «echten» Zeitschiene gar nicht geschehen sein, sondern könnte einfach zu Beginn der Simulation konstruiert worden
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