Vor dem Urknall
einem Ballett ähnelt als einer Ansammlung unorganisierter Menschen.»
Ein einfaches physikalisches Modell, das Bohm einmal im Fernsehen sah, veranlasste ihn, sich mit der Grundlage seiner Vorstellungen über das Quantenpotenzial und die Verknüpfungen im Universum zu beschäftigen. Für die Demonstration war keine Hochtechnologie erforderlich. Es war lediglich ein Glasgefäß mit einem großen drehbaren Zylinder mittendrin, sodass nur eine kleine Lücke zwischen Glas und Zylinder blieb. Diese Lücke wurde zum Teil mit dickem, zähflüssigem, transparentem Glyzerin gefüllt. Dann kam ein kleiner Tropfen Tinte zu der Flüssigkeit hinzu, und anschließend wurde die Lücke mit noch mehr Glyzerin aufgefüllt.
Drehte man nun den Zylinder um, breitete sich der Tintentropfen im Glyzerin aus und hinterließ eine immer blassere Spur, bis er verschwand. Aber hier ist der Punkt, der Bohms Aufmerksamkeit erregte. Wenn man den Zylinder zurückdrehte, fügte sich die Tinte wieder zu einem sichtbaren Fleck zusammen. Obwohl es für das bloße Auge nicht erkennbar war, hatte die Kombination von diffus ausgebreiteter Tinte und Gefäß die benötigte Information zur erneuten Zusammenfügung des Tintenflecks bewahrt.
Das Universum als Hologramm
Bald nachdem Bohm dies gesehen hatte, begegnete er auch seinem ersten Hologramm. Darin erkannte er ein sogar noch besseres Bild für das Geschehen im Universum. Betrachtet man die Glasplatte des Hologramms selbst, sieht man nichts weiter als ein willkürlich erscheinendes Muster aus Klecksen, Flecken und Fransen, ein Durcheinander ohne ersichtliche Ordnung. Aber sobald man es richtig beleuchtet, bricht die sichtbare Realität der Szene in ihrer ganzen dreidimensionalen Herrlichkeit hervor. Könnte also nicht, dachte Bohm, das Universum eher so sein? Ein Riesenhologramm, das eine Anordnung unzählbarer winziger Informationsteilchen umfasst, die erst dann zu einem Universum werden, wenn man sie als ein Ganzes betrachtet?
Hier ergab sich das Bild eines Kosmos, der keine Anordnung völlig unabhängiger Objekte, sondern ein unfassbar komplexes Ganzes war, dessen Struktur auf eine Art bestimmt war, die keine Ähnlichkeit mit dem aufwies, was wir sonst sehen, wenn wir das Universum betrachten. Fast könnte man sagen, es stellte das ganze Universum als eine einzige, riesige, sich ständig verändernde Zahl dar.
Selbstverständlich war Bohms Idee eines holographischen Universums viel mehr als ein traditionelles Hologramm. Ein Hologramm ist ja nur ein einziges unbewegtes Bild eines bestimmten Zeitpunkts in einem kleinen Teil des Universums. Bohms Vorstellung umspannte das ganze Universum, das sich ständig verwandelte, während die Teilchen miteinander reagierten. Er sah sie nicht als individuelle Kollisionen, sondern vielmehr als unterschiedliche Manipulationen in der Struktur, die er «Holobewegung» nannte, um zu betonen, dass es um mehr ging als nur um ein statisches Hologramm.
In Bohms Universum gibt es keine individuellen Teilchen. Alles ist ein Teil desselben Gegenstands. Das heißt nicht, alles, was wir sehen, sei bedeutungslos und eine Fälschung, sondern nur, dass seine Konsistenz eher flüssig ist, statt aus einer großen Zahl einzelner Teilchen zu bestehen. Bohm benutzte das Beispiel von Strukturen, die aus dem Wasser hervorgehen, etwa Wellen und Strudel. Gewiss existieren sie und können aufeinander und auf andere Dinge reagieren, dennoch sind sie keine Gebilde aus eigener Kraft und unabhängig vom Wasser. Sie alle sind ein Teil des «Wasserhologramms».
Ein unvollständiges Bild
Obwohl Bohms Theorie wesentlich detaillierter war, als man es hier darstellen könnte, ist sie nicht so vollständig wie die etablierten Vorstellungen über Teilchen und Felder. Dennoch gibt es experimentelle Hinweise, die nahelegen, dass seine Ideen eine Überlegung wert sind. Auch wenn Einstein die Quantenverschränkung nicht mochte, zeigen die Arbeiten über dieses Thema seit dem Artikel von 1935 sowohl auf dem Gebiet der Messungen als auch im Bereich der Anwendungen in Form von Quantencomputern und Quantenteleportation, dass es sie gibt. Tatsächlich scheint es eine Möglichkeit zu geben, dass weit voneinander entfernte Teilchen unverzüglich miteinander kommunizieren können oder sich so verhalten, als seien sie Teil desselben Gebildes. Bohms Vorstellungen passen bemerkenswert gut zu dieser Realität.
Sein Konzept des universellen Hologramms der Wechselwirkung ist allerdings nie zufriedenstellend
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