Vor meinen Augen
aber gemeine Seitenblicke in jede Richtung. Was bei Zara am meisten nervt, ist, dass jeder (außer mir) insgeheim mit ihr befreundet sein will, obwohl sie uns alle für unreif hält. Im Moment hat sie einen acht Jahre älteren Freund. Als mir das einfiel, wünschte ich mir, der Junge von der Party, Dan, hätte bei mir angerufen.
Das Nachsitzen dauerte und dauerte und dann, statt über Mrs Haynes und Zara nachzudenken, dachte ich plötzlich daran, wie ich mit Emily auf dem Dach gesessen hatte, und bevor ich mich versah, war das Nachsitzen vorbei. Ich musste hinaus in den Regen und auf den Bus warten. Obwohl es ewig dauerte, bis der Bus kam und es unglaublich kalt war, schien sich die Zeit irgendwie selbständig gemacht zu haben. Ich hatte das Gefühl, ich sei mit Emily auf dem Dach und wartete auf den Sonnenaufgang und es ging mir gut.
3 Das Silber des Winters
Donnerstag, 2. Februar
Heute kaufte ich mir in der Cafeteria Chicken Nuggets mit Pommes und setzte mich zu Abigail und Megan. Es war brechend voll, und mir schoss durch den Kopf, was passieren würde, wenn ein Feuer ausbräche. Der Feueralarm würde losgehen, und der Sprinkler würde überallhin Wasser sprühen: Die Mädchen würden voller Panik in alle Richtungen rennen und übereinander wegtrampeln, um hinauszukommen. Die Hitze und der Rauch würden sich über die Angst legen wie Fett über einen Braten und alles ersticken.
Zara kam und ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Mein Gott, der Tag hört einfach nie auf«, seufzte sie. Alles, was sie sagt, kommt wie ein Seufzer heraus. Ich stellte mir ihr kurzes schwarzes Haar in Flammen vor, Flammen, die teuflisch um ihr Gesicht tanzten.
Sie sagte: »Gott sei Dank habe ich Alec. Ist er nicht hinreißend?« Sie sagt dauernd Dinge wie »hinreißend«. Dann fing sie an, uns in allen Einzelheiten zu erzählen, wie sie mit Alec auf der Party rumgemacht hatte. Als ob wir nicht selbst genug gesehen hätten! Ich wünschte, ich hätte es nicht wissen wollen, aber ich konnte nicht anders als zuzuhören. Die anderen waren auch total gebannt. Abi und Megan hörten so gespannt zu, dass keine von beiden etwas aß. Als ich Abi fragte, ob sie eins von meinen Nuggets wollte, sah sie Megan mit diesem Blick an, als wüsste sie etwas, was ich nicht wusste.
Megan sagte: »Nicht jeder kann so viel essen wie du.«
Danach schmeckte mein Essen nicht mehr.
Montag, 6. Februar
Nach der Schule musste ich zu Lynda. Sie hatte angerufen, weil ich zu meinem letzten Termin nicht gekommen und beim vorletzten einfach gegangen war.
Niemand – außer Mum, die mich da hinzugehen zwingt – weiß, dass ich zu ihr gehe. Zumindest darüber kann ich froh sein.
Ich rang mir eine Entschuldigung ab. Lynda saß da, einen Finger auf die Lippen gelegt, ihr doofes Gesicht ach so mitfühlend, und sagte dann: »Nimm Platz und wir vergessen die Sache einfach.«
Ich hätte am liebsten auf der Stelle wieder kehrtgemacht, aber ich musste mich setzen. Wieder sagte ich die ganze Stunde lang nichts. Sie kann mich nicht zum Reden zwingen. Oder zum Erinnern.
Donnerstag, 9. Februar
Heute Abend warteten Rosa-Leigh und ich EWIG auf den Bus. Wir sagten nicht viel zueinander, es regnete und es wurde schon dunkel. Beide hatten wir die Schultern hochgezogen. Autos fuhren vorbei und spritzten das Pfützenwasser über das glatte Pflaster. Mir ging durch den Kopf was wäre, wenn sie plötzlich außer Kontrolle gerieten. In meiner Vorstellung sah ich Autos ineinanderrasen, sah die Angst ihrer Fahrer, die Qual dieser letzten Sekunden, während ihnen die Autos wegrutschten.
Der Bus kam. Als wir einstiegen, stießen Rosa-Leigh und ich versehentlich aneinander. Sie lächelte, irgendwie ganz nett, und folgte mir zur Bank ganz nach hinten; normalerweise geht sie immer nach oben.
Sie sagte: »Und? Haben sie dir Nachsitzen aufgebrummt, weil du abgehauen bist?«
Ich nickte. »Große Überraschung! Aber Mrs Haynes ist so blöde und gemein, dass es mir komplett egal ist. Ich bin okay. Und ich habe es auch schon hinter mir.« Ich machte eine kurze Pause. »Wie war Miss Sparrow?«
»Na ja, ich mag sie, auch wenn sie ein wenig … du weißt schon … Ich meine: Sie hat nicht einmal gemerkt, wie lange ich aus der Klasse verschwunden war.«
»Ja, sie ist irgendwie komisch«, sagte ich. »Aber ich mag Englisch. Ich wünschte, sie wäre immer noch meine Lehrerin. Ich hatte sie letztes Jahr. Dieses Jahr habe ich Ms Bloxam in Englisch.«
»Unsere Klassenlehrerin?«
Ich
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