Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht
chaotisch gearbeitet. Aber Ihre Arbeit ist flüssig geschrieben, systematisch gegliedert und enthält eine schlüssige Argumentation. Von Ihrem Doktorvater haben Sie dafür sogar die Bestnote bekommen. Wie passt das zusammen?
Ich habe eben diese fatale Schwerpunktverlagerung vorgenommen, weg vom Detail, hin zum großen Ganzen, so dass die Arbeit in ihrer Gesamtheit einfach schlüssig dasteht. So bin ich auch mit all den Teilen der Arbeit umgegangen, die originär aus meiner Feder stammen. Auch an denen habe ich korrigiert. Wenn jemand |20| ein Buch schreibt, korrigiert er am Ende noch mal an seinen Fragmenten herum. Aber in diesem unglaublichen Wust von selbstgeschriebenen und fremden Fragmenten hätten die fremden Fragmente eben mit Quellenangaben sauber gekennzeichnet werden müssen.
Warum haben Sie das nicht gemacht?
Das habe ich bereits zu beantworten versucht. Und man muss auch da noch mal genau differenzieren. Es sind sehr viel mehr Quellen benannt, als letztlich behauptet worden ist. Es ist ein großer Unterschied, ob man wissenschaftlich unsauber arbeitet oder tatsächlich plagiiert. Es wird ja teilweise das Bild vermittelt, als gäbe es in dieser Arbeit Hunderte von Stellen ohne
jegliche
Quellenangabe.
»1218 Plagiatsfragmente aus 135 Quellen auf 371 von 393 Seiten« – das ist der letzte Stand der Internet-Plattform GuttenPlag Wiki.
Ich möchte jetzt nicht meine wissenschaftlichen Fehler kleinreden, es sind viel zu viele. Aber es ist auch ein gewisses Maß an Kritikfähigkeit im Umgang mit solchen Plattformen vonnöten. Es ist schon ein Unterschied, ob man eine Stelle aus einem fremden Werk komplett übernimmt und den Autor dann nirgends auftauchen lässt, oder ob man den Autor tatsächlich ins Literaturverzeichnis übernimmt und ihn, wenn auch fehlerhaft, in den Fußnoten benennt. In diesem Fall haben Sie keine Täuschungsabsicht, sonst würden Sie den Autor doch gar nicht aufführen.
|21| Warum haben Sie die Fußnoten denn fehlerhaft gesetzt, und warum tauchen manche Autoren nur im Literaturverzeichnis auf?
Das hängt eben mit der beschriebenen Patchworkarbeit zusammen, damit, dass ich Dinge zusammengefasst, hin- und hergeschoben, immer wieder zusammengedröselt habe. Nach fünf, sechs Jahren konnte ich den Fußnotenapparat nicht mehr richtig überprüfen: Stimmt das jetzt, ist das jetzt genau der Bezugspunkt, ist das der Text?
Die beiden Zwischenberichte, die bei GuttenPlag im Februar und im März 2011 veröffentlicht wurden, sind sehr differenziert; da werden zum Beispiel unterschiedliche Plagiats-Kategorien definiert und unverifizierte Fundstellen ausgewiesen. Vor allem sind Beispiele aus Ihrer Doktorarbeit für alle sichtbar dokumentiert. Wenn man sich eine Weile umgeschaut hat, dann fragt man sich, wie aus so vielen Puzzleteilen »aus Versehen« eine wissenschaftliche Arbeit entstehen konnte.
Noch einmal: Wenn ich geschickt hätte täuschen wollen, hätte ich es vermieden, Textstellen so plump und so töricht in diese Arbeit zu übernehmen, dass sie sich für jeden betroffenen Autor sofort erschließen, der dann zum Beispiel einen Vergleich mit seinem Werk vornimmt, das im Literaturverzeichnis sogar benannt ist. Wer die ersten Zeilen seiner Einleitung komplett aus einem Zeitungsartikel abschreibt, dann aber gleichzeitig so doof ist, die Autorin dieses Textes im Literaturverzeichnis zu benennen, der handelt nicht absichtlich, sondern aus Überforderung und weil er den Überblick verloren hat!
Sie sprechen jetzt von der Politikwissenschaftlerin Barbara Zehnpfennig. Sie hat 1997 einen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlicht, in dem es um die Frage ging, |22| ob der amerikanische Weg zur Union ein Vorbild für Europa sein könne. Sie lassen Ihre Dissertation mit dem leicht veränderten ersten Satz dieses Artikels beginnen, auch auf der zweiten Seite Ihrer Einleitung und später im Text tauchen Sätze von Frau Zehnpfennig auf.
Wenn ich hätte täuschen wollen, dann hätte ich den Teufel getan und diese Autorin im Literaturverzeichnis benannt oder ich hätte wenigstens den Text signifikant umgeschrieben. Das haben ja auch viele meiner Kritiker gesagt: Wenn der Mann einen Rest an Intelligenz hat, dann hätte er anders getäuscht.
Ist die Wahrscheinlichkeit denn so groß, dass so etwas auffliegt? In Ihrem Fall musste erst der Rechtswissenschaftler Andreas Fischer-Lescano kommen und sich Ihre Arbeit vornehmen.
Ja, die Wahrscheinlichkeit ist relativ groß, dass die
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