Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht
Dinge abgeschrieben und in den Computer eingegeben; ich habe Kopien gemacht, abgelegt und gesagt, das wird später |14| noch bearbeitet. Oder ich habe es sofort bearbeitet. Später habe ich gewisse Textstellen auch mal aus dem Internet herausgezogen, auch diese abgespeichert, wieder auf unterschiedlichen Datenträgern. Eigentlich war das eine Patchworkarbeit, die sich am Ende auf mindestens 80 Datenträger verteilt hat.
80 Datenträger?
Ich habe für jedes Kapitel eine Diskette angefertigt, ich habe unterschiedliche Ordner angefertigt, ich habe über die Jahre hinweg auf vier unterschiedlichen Computern gearbeitet, die an unterschiedlichen Orten waren. Übersetzungen habe ich manchmal auf langen Flügen vorgenommen. Ich habe auf Reisen an der Dissertation gearbeitet, manchmal in Universitätsbibliotheken oder wenn ich bei einem Think-Tank unterwegs war. Irgendwann hatte ich einen Wust an Informationen, der allerdings, abgesehen von den Gliederungspunkten, keinerlei innere Ordnung mehr hatte.
Und was genau war Ihrer Meinung nach der Fehler?
Ich habe insbesondere am Anfang, aber auch später den Fehler begangen, dass ich auf diesen Datenträgern sowohl an eigenen Texten gearbeitet als auch fremde Texte übernommen habe. Ich wollte diese Quellen später entsprechend aufarbeiten. Tatsächlich ist das nur sehr mangelhaft geschehen. Das ist etwas, was sich über die Jahre hinweg aufgebaut hat. Ich hatte einen großen Text- und Gedankensteinbruch, habe immer mal wieder von Datenträger zu Datenträger gewechselt, eigene und fremde Texte nach Themen aufgegliedert und an unterschiedlichen Stellen als Rohlinge geparkt. Ich habe nie chronologisch, sondern immer an einem |15| Kapitel gearbeitet. Dann war ein Jahr Pause, und ich habe im Grunde wieder von vorn begonnen. Der größte Fehler war, dass ich den Zitaten- und Fußnotenapparat nicht gleichzeitig oder wenigstens zeitnah abgeschlossen hatte. Ich wusste offensichtlich später auch nicht mehr, an welchem Text ich selbst bereits gearbeitet hatte, welcher Text mein eigener und welcher möglicherweise ein Fremdtext war, insbesondere beim Zusammenfügen dieser Bruchstücke. In juristischen Dissertationen ist es übrigens durchaus üblich, mit vielen Fremdtexten zu arbeiten, allerdings müssen die Quellen klar gekennzeichnet sein.
Haben Sie so von Anfang an gearbeitet, auch als Sie noch nicht in der Politik waren?
Ja, auch in den ersten eineinhalb bis zwei Jahren, als ich sehr viel Zeit und Kraft in die Doktorarbeit investiert habe und sie für mich Priorität hatte. Mit Blick auf diese Arbeitsweise kann man mir fraglos mehrere sehr berechtigte Vorwürfe machen, die ich mir selber auch mache.
Nämlich?
Der erste Vorwurf ist der, dass ich während meines vollen beruflichen Engagements komplett den Zeitpunkt verpasst habe zu sagen: Ich schaffe diese Arbeit nicht mehr. Ich hatte nicht die Kraft, mir das selbst und meinem Professor gegenüber einzugestehen.
Welches Verhältnis hatten Sie zu Ihrem Doktorvater?
Ich mochte und mag ihn sehr. Zwischen uns ist damals ein großes Vertrauensverhältnis gewachsen. Dass ich ihm Schmerzen zugefügt habe, ist etwas, das mich tief bewegt und erschüttert.
|16| Hatten Sie zwischendurch nie das Gefühl, dass Sie die Doktorarbeit nicht schaffen konnten?
Das Gefühl hatte ich zwischendurch durchaus, wenn ich merkte, dass ich jedes Mal von vorn beginnen musste. Aber ich habe den Hochmut besessen zu glauben, das schaffe ich. Ja, ich war so leichtsinnig zu glauben, dass ich das irgendwie hinbekomme, nachdem es mir ja auch gelungen war, einen einigermaßen erfolgreichen politischen Weg zu gehen. Und dann hatte ich vielleicht fälschlicherweise das Gefühl, das andere sei mit einem Federstrich auch machbar. Mir hat komplett die notwendige Selbstreflexion gefehlt. Ich hätte etwas aufgeben müssen, das bereits fehlerhaft angelegt war.
Was ist der zweite Vorwurf, den Sie sich machen?
Der zweite Vorwurf, der mit dem ersten zusammenhängt, ist, dass ich die Augen vor der Überforderung verschlossen habe. Das politische Leben hat mich nicht überfordert, wohl aber die parallele wissenschaftliche Arbeit. Das hätte ich sehen müssen. Nachdem ich in die Politik gegangen war, konnte ich, wenn überhaupt, nur noch in den Nachtstunden an der Dissertation arbeiten. Meine Arbeitsweise konnte man dann irgendwann nur noch chaotisch nennen. Insbesondere in der Endphase der Arbeit lag der Schwerpunkt nicht mehr auf der notwendigen wissenschaftlichen
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