Vorhang auf fuer Allie
erleichtert, endlich reden zu können.
»Wahrscheinlich gehe ich dann auch nicht mehr auf diese Schule«, fuhr ich fort.
»Klasse!«, antwortete Scott. »Dann muss ich dein blödes Gesicht nicht mehr sehen.«
Ich war nicht beleidigt, denn so ist Scott eben. Außerdem weiß ich, dass man Jungen nur einen Gefallen tut, wenn man schockiert davonstolziert, wie Brittany Hauser es immer macht.
»Das wird ganz schön schlimm«, redete ich weiter auf ihn ein. »Ich muss mir lauter neue Freunde suchen.«
»Das wird wirklich schlimm für dich«, sagte Scott. »So hässlich, wie du bist.«
Hätte Scott das zu Mary Kay gesagt, wäre sie natürlich in Tränen ausgebrochen. Ich dagegen bin wegen meiner Brüder an dieses Jungengerede gewöhnt. Deshalb wechselte ich das Thema: »Ist das nicht ein toller blauer Fleck? Da bin ich vom Rad gefallen.«
Ich zeigte ihm den riesigen blaugrünen Fleck am Ellbogen, der nicht besonders wehtat, aber umso scheußlicher aussah. Und wie ich es mir gedacht hatte, beugte er sich vor und betrachtete den blauen Fleck aus der Nähe.
»Süß …«
In dem Moment sprang ich zur Seite und Scott bekam schätzungsweise dreißig Bälle ins Gesicht. Jaaaaaa! So weit, so süß!
Aber Scott fand meinen blauen Fleck anscheinend doch nicht so süß, weil Mary Kay später, als Carol die Muffins brachte, heulend auf mich zukam und sagte: »Vielen herzlichen Dank dafür, dass du mir meinen Geburtstag verdorben hast.«
»Was meinst du damit?«
»Wie wär’s, wenn du Scott fragst?« Sie stolzierte davon.
Ich warf Scott einen Blick zu, der eine Riesengeburtstagskarte für Mary Kay bastelte, auf der stand:
So ein Mist, dass Allie wegzieht,
dann hast du gar keine Freundinnen mehr.
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!
Sekunden später kamen Brittany Hauser und ihre beste Freundin Courtney Wilcox zu mir: »Du ziehst um? Wieso wissen wir nichts davon?«
In diesem Moment stimmten Carol und Mrs Myers »Happy Birthday« an. Aber das Geburtstagskind hatte schon den Kopf aufs Pult gelegt und weinte. Es scheint wirklich kein besonders schöner Geburtstag für sie gewesen zu sein.
Regel Nummer 4
Brüder - und Eltern - sind manchmal nicht besonders einfühlsam
Das Gute an dem Streit mit meiner besten Freundin war, dass es leichter wurde, von ihr wegzuziehen. Jetzt musste ich mir keine Gedanken mehr über die Organisation von »Spielverabredungen« nach dem Umzug machen. Ich musste mir auch nicht mehr überlegen, was ich ihr zum Abschied schenken könnte, etwa ein halbes Herz für sie und halbes Herz für mich, damit man sich immer an den anderen erinnert (habe ich mal in einem Film gesehen).
Das Schlechte an dem Streit mit meiner besten Freundin war, dass ich mit keinem darüber reden konnte, wie durcheinander ich wegen dieses Umzugs war. Auch wenn ich es nicht zeigte, weil ich meinen kleinen Brüdern keine Angst einjagen wollte, so war ich doch völlig fertig. Erst recht, seit Mom und Dad alle Verträge unterschrieben und die Schlüssel zu dem neuen Haus bekommen hatten. In dem Moment lag der Umzug nicht mehr im Bereich des Möglichen, sondern war beschlossene
Sache. Als sie uns zu einer ersten großen Besichtigung mitnahmen, traute ich meinen Augen kaum. Wenn mir schon die Fassade unseres neuen Hauses unheimlich war, dann setzte das Innere des Hauses noch einen drauf. Es war schlimmer als alles, was ich je in den Folgen von Einsatz in vier Wänden gesehen hatte. Meiner Meinung nach hätten meine Eltern kein düstereres, deprimierenderes Haus finden können. Höchstens das Gruselhaus, das ich letzten Sommer mit Onkel Jack auf der Kirmes besucht habe. Aber eigentlich war auch das noch freundlicher als jenes, in dem wir von nun an wohnen sollten. Immerhin gab es in dem Kirmes-Geisterhaus Augäpfel aus Weintrauben und Eingeweide aus Spagetti, in die man seine Hände tauchen konnte. In unserem neuen Haus gab es solche krassen und coolen Sachen nicht. Stattdessen gab es Wände, die so komisch dunkelgrau gestrichen waren (Mom wollte sie überstreichen - als ob das etwas besser machen würde), nur da nicht, wo die Vorbesitzer ihre Bilder aufgehängt hatten. An diesen Stellen waren braune rechteckige Flecken an der Wand.
Und die Decken in dem neuen Haus reichten fast bis in den Himmel, worüber Mom beinahe den Verstand verlor.
»Vier Meter hohe Räume!«, wiederholte sie ständig. Aber was sollte daran so toll sein? Dort oben gab es doch nur diese mit Spinnweben behangenen Kronleuchter, die im Gegensatz zu
Weitere Kostenlose Bücher