Vorkosigan 01 Die Quaddies von Cay Habitat
Passagierschiff von Orient IV war schon an der Nabe des Rades angedockt. Da es neu angekommen war, war es zweifellos noch in der Phase des Entladens, aber nichts erschien Leo für einen Piloten – oder Expiloten
– wie Ti wahrscheinlicher, als sich früh zu einem Besuch an Bord einzuladen, um heimlich zu kiebitzen.
Das Sprungschiff entzog sich wieder ihrer Sicht, als sie zu der ihnen zugewiesenen Shuttleluke eine Spirale um die Station flogen.
Die Quaddie, die das Schubschiff steuerte, ein dunkelhaariges, kupferhäutiges Mädchen namens Zara, deren T-Shirt und Shorts die purpurne Farbe der Schubschiffmannschaften trugen, dockte das Schiff geschickt an und ließ es sanft in die Klampen auf der Landespeiche einklicken. Leo war endlich bereit zu glauben, daß Zara zu den besten unter den Schubschiffpiloten gehörte, trotz seiner Bedenken wegen ihres Alters: sie war knapp fünfzehn.
Der sanfte Beschleunigungsvektor aus der Drehung der Station machte sich ruckartig bemerkbar, und Leos gepolsterter Sessel schwenkte in seiner kardanischen Aufhängung in die neu definierte ›aufrechte‹ Stellung. Zara grinste Leo über die Schulter zu; es war deutlich, daß sie die Empfindung genoß. Silver, die neben Zara auf einem den Formen der Quaddies angepaßten Beschleunigungssitz saß, sah etwas unsicherer drein.
Zara beendete die Litanei des formellen Prüfdialogs mit der Flugkontrolle der Transferstation und schaltete ihre Systeme ab.
Leo seufzte – unlogischerweise – erleichtert, daß die Flugkontrolle nicht bei dem vage formulierten Zweck ihres angemeldeten Fluges 178
nachgehakt hatte: ›Abholen von Material für das Cay-Habitat.‹ Es gab keinen Grund für eine eingehendere Nachfrage. Leo war noch weit davon entfernt, seine Befugnisse zu überschreiten. Noch.
»Paß mal auf, Silver«, sagte Zara und ließ einen Lichtgriffel fallen. Er fiel langsam auf den gepolsterten Streifen an der Wand, die jetzt den Boden darstellte, und prallte in einem eleganten Bogen zurück. Zaras untere Hand fing ihn in der Luft auf.
Leo wartete geduldig, während Silver es auch einmal versuchte, dann sagte er: »Los. Wir müssen Ti erwischen.«
»Stimmt.« Silver zog sich mit den oberen Händen an ihrer
Kopfstütze hoch, schwang ihre unteren Hände aus dem Sitz und zögerte. Leo schüttelte seine grauen Trainingshosen aus, die er zu diesem Zweck mitgebracht hatte, und half ihr behutsam, sie über ihre unteren Arme bis zu ihrer Taille hochzuziehen. Sie winkte mit ihren unteren Händen, und die Enden der Hosenbeine flatterten hin und her. Sie machte eine Grimasse, denn die Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit durch die Stoffröhren war ungewohnt.
»In Ordnung, Silver«, sagte Leo, »jetzt die Schuhe, die du dir von dem Mädchen ausgeborgt hast, das die Hydrokultur leitet.«
»Ich habe sie Zara gegeben, damit sie sie verstaut.«
»O je«, sagte Zara. Eine ihrer oberen Hände fuhr zu den Lippen.
»Was?«
»Ich habe sie in der Andockbucht gelassen.«
»Zara!«
»Es tut mir leid …«
Silver stieß den Atem aus. »Vielleicht Ihre Schuhe, Leo«, schlug sie vor.
»Ich weiß nicht …« Leo zog seine Schuhe aus, und mit Zaras Hilfe schlüpften Silvers untere Hände in die Schuhe.
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»Wie sehen sie aus?«, fragte Silver ängstlich.
Zara zog die Nase kraus. »Sie sehen ein bißchen groß aus.«
Leo drehte sich um und sah ihre Spiegelung in dem verdunkelten Fenster. Silvers Hände sahen in den Schuhen absurd aus. Leo schaute auf seine Füße, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen.
Sahen sie an ihm auch so absurd aus? Seine Socken erschienen ihm plötzlich wie riesige weiße Würmer. Füße waren verrückte Anhängsel. »Vergiß die Schuhe. Gib sie mir wieder. Es genügt, wenn die Hosenbeine deine Hände verdecken.«
»Was ist, wenn jemand fragt, was mit meinen Füßen passiert ist?«, fragte Silver besorgt.
»Sie sind amputiert worden«, schlug Leo vor, »nach schrecklichen Erfrierungen, die du dir bei deinem Urlaub in der Antarktis zugezogen hast.«
»Ist das nicht auf der Erde? Was ist, wenn man anfängt, mir über die Erde Fragen zu stellen?«
»Dann werde ich – werde ich den Betreffenden wegen seiner
Unhöflichkeit zur Schnecke machen. Aber die meisten Leute sind ziemlich gehemmt, solche Fragen zu stellen. Wir können immer noch die ursprüngliche Geschichte erzählen, daß dein Rollstuhl auf der Reise verlorengegangen sei und daß wir unterwegs sind, um ihn wiederzuholen. Das wird man glauben. Los!« Leo wandte
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