Vorsaison
ich
ihn so ganz bewusst ansah. Und dann huschte doch noch ein kurzes verschmitztes
Lächeln über sein Gesicht.
>>Viel Spaß<<, flüsterte
er.
Renée gehörte zur Elite-Propaganda
des „Revo“ und dennoch hatte ich ihn in der ganzen Woche noch kein einziges Mal
zuvor gesehen. Er trug einen roten Lederanzug bestehend aus enger Hose und
einem Blazer. Darunter ein weißes dünnes Hemd, das einen großzügigen Blick auf die
gebräunte Brust ermöglichte. Dazu die obligatorischen schwarzen Stiefel, die
ihm bis über die Knie reichten. (Jahre später war ich ein paarmal in Las
Vegas in der Show von Siegfried & Roy. Amüsiert stellte ich fest, dass die
beiden denselben Kleidungsstil pflegten, wie die Propaganda-Jungs der 1980ziger
Jahre in Spanien.) Zuerst gingen wir auf einen Sprung ins „St. Trop‘“ und
wir beide, so ganz in Rot, fielen selbst dort noch auf. Renée jedoch mochte es,
im Mittelpunkt zu stehen. Ich hingegen hatte damit keine Erfahrung, merkte
aber, wie schnell ich mich daran gewöhnen könnte. Und wie auch schon zuvor im
„Hollywood“ genoss ich einfach die Aufmerksamkeit!
Renée kam aus Brasilien, zusammen mit
einem Freund teilte er sich ein Appartement irgendwo in einer der kleinen Seitenstraßen
in der Nähe des Strandes. Aber Renée erklärte, dass sein Freund Xaví, der
ebenfalls fürs „Revo“ geproppt hatte, schon letzte Woche ausgezogen sei, weil
man ihm einen Job in Florida angeboten hatte. So waren wir also ganz ungestört
und unter uns. Doch einmal in Renées Schlafzimmer angekommen, schämte ich mich
plötzlich. Plötzlich wurde mir nämlich bewusst, wie unerfahren ich war. Renée war
allerdings sehr feinfühlig und spürte mein Unbehagen — und er war erfahren
genug um zu wissen, wie er mir meine Scham nehmen konnte. So zog er sich auch
zuerst aus und ließ mir die Zeit, die ich benötigte. Später jedoch fragte ich mich,
was zum Donnerwetter ich in all den Jahren denn mit meinem Freund getan hatte. Das
hier war etwas ganz anderes als die sporadische 08/15 Nummer, an die ich
gewöhnt war und der ich auch schon seit längerem versuchte, lieber aus dem Weg
zu gehen! Auch der Begriff Orgasmus wurde mit Renée zum ersten Mal zu
einer konkreten Erfahrung.
Irgendwann gegen Mittag wurde ich
wach. Siedend heiß fiel mir ein, dass ich eigentlich bis 10.00 Uhr mein Hotelzimmer
hätte räumen müssen. In Windeseile schlüpfte ich in mein rotes Wilma-Flintstone-Outfit
und erklärte dem schlaftrunkenen Renée auf Englisch, dass ich heute abreise. Er
fragte, ob ich nochmal zurückkäme und irgendwie nahm ich dies wortwörtlich.
Wohl eher hatte Renée damit jedoch fragen wollen, ob ich irgendwann nochmal zum
Urlaub machen nach Lloret zurückkäme. Aber mit Bestimmtheit kann ich nicht
sagen, was er damals wirklich meinte. Und naiv wie ich war, ging ich auch
tatsächlich zurück. Aber zuerst rannte ich zum Hotel, verfolgt von zahlreichen
Pfiffen spanischer Ladenbesitzer. Mein rotes Flintstone-Outfit muss damals
wirklich ziemlich spektakulär gewesen sein — selbst für Lloret de Mar!
Glücklicherweise begegnete ich keinem meiner Mitreisenden und fand auch mein
Zimmer so vor, wie ich es verlassen hatte. Ich duschte schnell, warf meine
Sachen in die Reisetasche und gab sie an der Rezeption zur Aufbewahrung ab. Nachdem
ich mich am schwarzen Brett über die genaue Abfahrtszeit unseres Busses
informiert hatte, rannte ich wieder zurück zu Renée.
Eine Stunde nachdem ich ihn verlassen
hatte, stand ich wieder vor seiner Tür und zwei Minuten später lag ich wieder
in seinen Armen. Diesmal ging das mit dem Ausziehen auch bei mir dann schon
ziemlich flott. Gegen 16.00 Uhr standen wir gemeinsam auf und Renée sagte, ich
müsste noch zum Essen bleiben. Während ich duschte, verließ er kurz die Wohnung,
um einzukaufen. Später grillte er Fleisch auf dem kleinen Grill, der auf dem
Balkon stand. Ich fragte Renée, ob er denn nicht arbeiten müsste, immerhin fing
die Propaganda in der Regel doch um 16.00 Uhr an. Doch Renée lachte bloß und schüttelte
den Kopf. Er erklärte, dass er schon lange keine Tagessschicht mehr
machen würde. Sein Dienst begann erst um 21.00 Uhr. Nach dem Essen verabschiedeten
wir uns und Renée fragte erneut, ob ich wiederkäme. Ich wiederholte, dass ich
noch an diesem Abend abreisen würde und Renée nickte. Dann sagte er, dass er
selbst in einigen Tagen nach Teneriffa fliegen würde, wo er den Winter über für
eine andere Discothek arbeitete. Er wollte wissen, ob
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