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Vorsatz und Begierde (German Edition)

Vorsatz und Begierde (German Edition)

Titel: Vorsatz und Begierde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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kommen, sagte er sich. Dann wird das Baby in York geboren, und ihre Mutter wird es vor mir in den Armen wiegen. Sie wird ihre Klauen in alle beide schlagen und nicht mehr loslassen. Er wußte, wie stark das Band zwischen der Witwe und ihrem einzigen Kind war. Kein Tag verging, an dem Susie nicht mit ihrer Mutter telephonierte, zuweilen sogar mehr als einmal. Er wußte, mit wieviel Mühe und Geduld es ihm allmählich gelungen war, sie aus dieser besitzergreifenden mütterlichen Umklammerung zu lösen. Jetzt hatte er Mrs. Cartwright eine weitere Waffe in die Hand gegeben. Der Triumph in ihrem Ton entging ihm nicht.
    »Kommen Sie mir bloß nicht mit dem Platz einer Ehefrau, Terry. Jetzt fehlt nur noch, daß Sie von Susies Pflichten sprechen. Und was ist mit Ihren Pflichten ihr gegenüber? Sie haben ihr erklärt, Sie könnten sie nicht abholen, und ich werde auf gar keinen Fall dulden, daß mein Enkel in einem Zug der British Rail zur Welt kommt. Susie bleibt hier, bis dieser letzte Mord aufgeklärt ist und Sie die Zeit finden, sie abzuholen.«
    Plötzlich war die Leitung tot. Langsam legte er den Hörer auf und wartete. Vielleicht rief Susie ihn ja zurück. Er konnte sie natürlich noch einmal anrufen, wußte aber, mit einem Gefühl elender Hoffnungslosigkeit, daß es keinen Sinn hatte. Sie würde nicht kommen. Dann klingelte das Telephon. Er riß den Hörer ans Ohr und fragte eifrig:
    »Hallo? Hallo?«
    Aber es war nur Sergeant Oliphant, der aus dem Dienstzimmer in Hoveton anrief, um ihm mitzuteilen, daß er, Oliphant, entweder die ganze Nacht auf gewesen war oder noch weniger Schlaf gekriegt hatte als er. Seine eigenen vier Stunden schienen daneben ein Luxus zu sein.
    »Der Chief Constable versucht, Sie zu erreichen, Sir. Ich habe seinem Assistenten gesagt, es habe keinen Zweck, Sie zu Hause anzurufen. Sie seien bestimmt schon auf dem Weg.«
    »Das werde ich in fünf Minuten auch sein. Aber nicht nach Hoveton, sondern zum Alten Pfarrhof in Larksoken. Mr. Dalgliesh hat uns einen vielversprechenden Hinweis auf die Bumble-Sportschuhe gegeben. Ich erwarte Sie in einer Dreiviertelstunde vor dem Pfarrhaus. Und rufen Sie sofort Mrs. Dennison an. Sagen Sie ihr, sie soll die Hintertür verschlossen halten und niemanden ins Haus lassen, bis wir eintreffen. Aber beunruhigen Sie sie nicht; sagen Sie nur, daß wir ihr noch ein oder zwei Fragen stellen müssen und es uns lieb wäre, wenn sie heute früh mit uns spricht, bevor sie mit irgendeinem anderen redet.«
    Falls Oliphant diese Mitteilung mit Erregung oder Neugier aufgenommen hatte, gelang es ihm perfekt, es zu verbergen. »Haben Sie vergessen, daß die PR-Abteilung für 10 Uhr eine Pressekonferenz angesetzt hat, Sir?« erkundigte er sich. »Bill Starling vom Lokalfunk hat mich zu bearbeiten versucht, aber ich habe ihm gesagt, er müsse bis 10 Uhr warten. Außerdem glaube ich, der Chief Constable will wissen, ob wir den annähernden Zeitpunkt des Todes bekanntgeben werden.«
    Aber der Chief Constable war nicht der einzige, der das wissen wollte. Es war durchaus sinnvoll gewesen, den ungefähren Zeitpunkt des Mordes zu verschleiern und damit eine eindeutige Erklärung, dies könne nicht das Werk des Whistlers sein, zu umgehen. Früher oder später jedoch würden sie mit der Wahrheit herausrücken müssen, und sobald der Autopsiebericht zur Verfügung stand, würde es schwierig sein, den beharrlichen Fragen der Medien auszuweichen. Darum sagte er: »Wir werden keine forensischen Informationen herausgeben, bis wir den schriftlichen Autopsiebericht haben.«
    »Den haben wir aber schon, Sir. Doc Maitland-Brown hat ihn vor etwa zwanzig Minuten auf dem Weg ins Krankenhaus hier abgeliefert. Er bedauerte, nicht warten zu können, bis Sie eintreffen.«
    Kann ich mir vorstellen, dachte Rikkards. Gesagt worden war mit Sicherheit nichts; Dr. Maitland-Brown tratschte nicht mit jungen Polizeibeamten. Aber es mußte eine wunderbare Atmosphäre der Selbstzufriedenheit im Dienstzimmer geherrscht haben, bei diesem frühen gemeinsamen Start in den neuen Tag. »Ich sehe keinen Grund, warum er hätte warten sollen«, entgegnete er. »Alles, was er uns hätte sagen können, werden wir dem Bericht entnehmen. Am besten öffnen Sie ihn jetzt gleich und geben mir die wesentlichen Fakten durch.«
    Er vernahm, wie der Hörer auf den Schreibtisch gelegt wurde. Nachdem es weniger als eine Minute still geblieben war, sagte Oliphant: »Keine Hinweise auf kürzlichen Sexualkontakt. Sie wurde nicht

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