Vorsatz und Begierde (German Edition)
versprochen hatte, sie zu besuchen, wenn er vom Kraftwerk nach Hause fuhr. Als er Adam Dalgliesh traf, war er auf dem Weg zu ihrem Haus. Und nun weißt du, glaube ich, alles bis auf die Bumble-Sportschuhe. Ich kam am späten Sonntag nachmittag durch den hinteren Garten des Alten Pfarrhofs. Ich wußte, daß die Hintertür offen sein würde und daß es die Zeit war, da ihr den High Tea einnehmen würdet. Für den Fall, daß ich gesehen wurde, hatte ich eine Tüte mit Trödelkram mitgenommen. Aber ich wurde nicht gesehen. Ich wählte weiche Schuhe, die bequem zu tragen waren, ein Paar, das mir ungefähr passen mußte. Und ich nahm mir einen Gürtel.«
Aber noch eine weitere Frage galt es zu stellen, wohl die wichtigste: »Warum, Alice? Ich muß es wissen. Warum?«
»Das ist eine gefährliche Frage, Meg. Bist du sicher, daß du die Antwort tatsächlich hören willst?«
»Ich brauche die Antwort; ich muß versuchen, es zu verstehen.«
»Genügt es nicht, daß sie entschlossen war, Alex zu heiraten, und daß ich entschlossen war, das zu verhindern?«
»Deswegen hast du sie nicht umgebracht. Unmöglich. Da war noch mehr, da muß noch mehr gewesen sein!«
»Jawohl, da war noch mehr. Und ich vermute, du hast ein Recht, es zu erfahren. Sie hat Alex erpreßt. Sie hätte verhindern können, daß er den Job bekam, oder, falls er ihn doch bekam, hätte sie es ihm unmöglich machen können, erfolgreich zu arbeiten. Es lag in ihrer Macht, seine ganze Karriere zu ruinieren. Toby Gledhill hatte ihr erzählt, daß Alex bewußt die Veröffentlichung ihrer beider Forschungsergebnisse verzögert hatte, weil das den Ausgang der Untersuchung hinsichtlich des zweiten Reaktors für Larksoken beeinflußt hätte. Sie hatten entdeckt, daß einige Bedingungen, die sie bei der Entwicklung der mathematischen Modelle vorausgesetzt hatten, kritischer waren, als sie gedacht hatten. Die Gegner des neuen Reaktors in Larksoken hätten sich das zunutze machen können. Sie hätten möglicherweise Verzögerungen bewirkt, neue Hysterie ausgelöst.«
»Du meinst, er hat die Ergebnisse bewußt gefälscht?«
»Dazu ist er nicht fähig, Meg. Er hat nur die Veröffentlichung des Experiments verzögert. In ein bis zwei Monaten wird er die Ergebnisse veröffentlichen. Aber das ist genau die Art Information, die, wenn sie an die Presse durchsickert, irreparablen Schaden anrichten kann. Toby wäre fast bereit gewesen, sie Neil Pascoe auszuhändigen, aber Hilary hat es ihm ausgeredet. Dafür waren sie viel zu wertvoll. Sie wollte sie benutzen, um Alex zur Heirat mit ihr zu zwingen. Sie konfrontierte ihn mit ihrem Wissen, als er sie nach der Dinnerparty zu Fuß nach Hause brachte, und später am Abend erzählte er es dann mir. Da wußte ich, was ich zu tun hatte. Die einzige Möglichkeit, sie zu bestechen und auf diese Weise zu erreichen, daß sie darauf verzichtete, wäre gewesen, sie von ihrem Posten als Leiterin der Verwaltungsabteilung zur Betriebsleiterin von Larksoken zu befördern, und das war ihm fast genauso unmöglich wie wissenschaftliche Forschungsergebnisse bewußt zu fälschen.«
»Du meinst, er hätte sie tatsächlich geheiratet?«
»Er hätte sich dazu gezwungen gesehen. Aber wäre er dann endgültig in Sicherheit gewesen? Sie hätte ihn bis an sein Lebensende mit diesem Wissen bedrohen können. Und was für ein Leben wäre das gewesen, an eine Frau gefesselt, die ihn zur Heirat erpreßt hatte, eine Frau, die er nicht wollte und die er weder achten noch lieben konnte?«
Und dann ergänzte sie so leise, daß Meg sie gerade noch verstehen konnte: »Ich war Alex einen Tod schuldig.«
»Aber wie konntest du sicher sein – sicher genug, um sie zu töten?« fragte Meg. »Hättest du nicht mit ihr sprechen können, sie überreden, mit ihr diskutieren?«
»Ich habe mit ihr gesprochen. An jenem Sonntag nachmittag habe ich sie aufgesucht. Ich war es, die bei ihr war, als Mrs. Jago mit dem Kirchenblättchen kam. Man könnte sagen, ich ging zu ihr, um ihr die Chance ihres Lebens zu bieten. Ich konnte sie nicht töten, ohne ganz sicher zu sein, daß es notwendig war. Das bedeutete, etwas zu tun, was ich noch nie zuvor getan hatte: mit ihr über Alex zu sprechen und zu versuchen, sie zu überzeugen, daß diese Heirat weder in ihrem noch in seinem Interesse liege, sie zu bitten, ihn gehenzulassen. Ich hätte mir diese Demütigung ersparen können. Es gab keine Diskussion, darüber war sie hinaus. Sie war ja nicht einmal mehr sachlich. Zeitweise wütete
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